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Der blutige Baron - Lorenz - Der Buhmann

Der blutige Baron - Lorenz - Der Buhmann

Titel: Der blutige Baron - Lorenz - Der Buhmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
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der Treppe umarmt, so wie ich wegsehe, wenn meine Gäste es auf den Schachfeldern tun. Wie entscheidest du dich?“
    Katharina brach zusammen, und diesmal fing sie niemand auf. Weinkrämpfe schüttelten ihren Körper. Ihr Magen fühlte sich an, als hätte sie brennende Kohlen geschluckt. Ihre Muskeln zuckten. Sie streckte ihre Arme nach den Füßen des Mannes aus, zog sich heran, rieb ihr Gesicht an seinen Schuhen.
    „Was weinst du? Du brauchst ihm nur Lebwohl zu sagen, diesem … Freund von dir. Und alles wird vergessen sein. Ich werde dich lieben und schätzen. Dir vertrauen. Für immer. Ist es so schwierig, hinauszugehen und zu sagen: ‚Geh nach Hause und komm nie wieder hierher?’“
    Sie hob den Kopf. Ihr Gesicht war geschwollen und gerötet, ihre Augen schwammen in Tränen, aus ihrer Unterlippe tropfte Blut.
    „Hilf mir auf“, krächzte sie. „Ich schaffe es nicht alleine.“
    „Du wirst es alleine schaffen müssen, Katharina. Diesmal musst du es.“
    Wieder durchlief sie ein Weinkrampf, und sie presste ihr Gesicht gegen den Teppich. Minuten vergingen, bis sie sich schließlich aufraffte und auf die Beine kam. Er stand reglos da. Sie sah ihn nicht an.
    Mit zitternden Knien ging sie hinaus, um das Haus herum. Durch einen Schleier aus Tränen sah sie Eugen. Er stand vor seinem Bild, das noch ganz am Anfang war und nun niemals fertig werden würde. So vereinnahmt war er, dass er sie nicht kommen hörte, bis sie ganz nahe war und seinen Namen rief.
    Er drehte ihr das Gesicht zu, und dann sagte sie ihm, was sie zu sagen hatte. Er konnte nichts tun als ihr zuzuhören.
    „Wenn ich ohnmächtig werden sollte“, schloss sie, „dann fangen Sie mich nicht auf. Lassen Sie mich einfach liegen, nehmen Sie die Staffelei, Ihre Sachen, das Bild, den Block … Vergessen Sie den Block nicht! Und gehen Sie … Mein Mann … wird mich aufheben. Machen Sie sich keine Sorgen um mich. Mein Mann wird mich … aufheben …“

8
    Seine Frau zu seinen Füßen liegen zu sehen wie ein verendendes Stück Wild war für Lorenz von Adlerbrunn nicht einfach gewesen. Aber es hatte ihn glücklich gemacht. Nicht, weil sie litt – er spürte jeden ihrer Schmerzen in sich selbst –, sondern weil sie eine Entscheidung traf. Weil er ahnte, was für eine Entscheidung es sein würde, und weil er damit recht behielt.
    Sie wurde nicht ohnmächtig, brach nicht zusammen. Sie kehrte aus dem Garten zurück, eine aufrechte, starke Frau, und er nahm sie in den Arm, küsste sie und war stolz auf sie.
    Eugen von Degenhard war nach diesem Einschnitt kein Thema mehr auf Schloss Falkengrund. Er hatte keine Spuren hinterlassen außer einer Jagdszene, für die der Baron ihn angemessen entlohnt hatte. Das Bild hing an einer zentralen Stelle in der Halle, wo man es so oft sehen würde, dass es sich schon bald abgenutzt haben und keine Erinnerungen mehr wecken würde. Es war ohnehin mehr Lorenz’ Werk. Obwohl Eugen es gemalt hatte, steckte Lorenz’ Ästhetik, Lorenz’ Kraft darin. Es war reich an Blut und Energie.
    Er bedauerte nicht, dass der Vorfall im Garten sich ereignet hatte, und wie er es versprochen hatte, hegte er Katharina gegenüber deswegen keinen Groll. Das Schicksal hatte ihnen eine Gelegenheit geschickt, eine klare Entscheidung herbeizuführen, und er und Katharina hatten sie genutzt. Mehr war nicht geschehen.
    In Lorenz erwachte eine gewaltige Liebe. Sie kam nicht plötzlich oder aus dem Nichts – seit Jahren wuchs der Keim dazu in ihm heran, und nun, als sie aufblühte, war es etwas Wundervolles und Schönes, aber nichts Überraschendes. Ein Fluch war von ihm genommen worden. Was das große Fest der Heirat mit Katharina nicht vermocht hatte, hatte diese eine Minute vollbracht, in der Katharina Eugen Lebwohl gesagt hatte. Nun war sie seine Frau, nun war Sophia Vergangenheit – eine glückliche und traurige Erinnerung, nicht mehr Teil der Gegenwart.
    Ein neuer Besuch stand bevor, eine wilde Jagd und ein feudales Bankett. Sie würden sich auf die Vorbereitungen konzentrieren, und wenn alles vorüber war, die Gäste den Heimweg angetreten hatten, würden sie Zeit für sich haben. Sie würden ihre Ehe vollziehen, und Katharina würde Kinder haben. Eins, zwei oder zehn – so viele sie wollte.
    Die Medizin war bitter gewesen, aber sie hatte die Krankheit besiegt.
    Lorenz war glücklich. Und der einzige Inhalt seines Lebens würde fortan sein, Katharina ebenso glücklich zu machen.

9
    „Es ist widerlich“, sagte Roland. „Er sieht sie mit

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