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Der Blutkelch

Der Blutkelch

Titel: Der Blutkelch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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gefahren bist, kam mir das aber anders vor.«
    »Sei unbesorgt, Gormán. Wenn du gebraucht wirst, rufe ich dich. Außerdem bleibt Eadulf bei mir.«
    Ihr Partner hatte keine Ahnung, was in Fidelmas Kopf vorging. Er hielt es für besser, den Mund zu halten und abzuwarten. Jetzt zu fragen, was sie beabsichtigte, hätte nur gezeigt, wie wenig er sie durchschaute.
    Der Abt und sein Verwalter hatten das
refectorium
bereits verlassen, so machten sich auch Fidelma und Eadulf auf den Weg zu den Räumen des Herrn der Abtei. Vor dem Gebäude löste sich eine Gestalt aus dem Schatten. Sie trat in den Lichtkreis der Laterne, die über dem Eingang hing, und gabsich zu erkennen. Es war Bruder Máel Eoin. Er hielt einen Finger auf die Lippen, zog Fidelma und Eadulf zur Seite und flüsterte: »Ich habe auf euch gewartet. Ich möchte dich nur vor Bruder Lugna warnen, Lady.« Es fiel auf, dass er die respektvolle Anrede wählte. »Er ist kein … kein angenehmer Mensch. Du hast ihn dir heute Abend im
refectorium
zum Feind gemacht. Die Brüder mögen ihn nicht, und du hast ihn vor allen zum Schweigen gebracht.«
    Fidelma lächelte und legte ihm eine Hand auf den Arm.
    »Sei unbesorgt, Bruder Máel Eoin, wir wissen, was wir von Bruder Lugnas Ansichten zu halten haben.«
    »Bevor er in die Abtei kam, führte Abt Iarnla sein Amt selbstbewusst und souverän. Dann tauchte Bruder Lugna mit seinen sonderbaren Vorstellungen auf. Wagt es jemand, sie in Frage zu stellen, wird er mit dem Hinweis abgefertigt, so wird es in Rom gemacht, oder das ist die Regel in Rom. Wir können uns dagegen nicht wehren, denn stets heißt es, Rom ist der Mittelpunkt des Glaubens, und dort lebt der Heilige Vater. Bruder Lugna ist es gelungen, genügend Brüder für sich einzunehmen, sodass er zum Verwalter der Gemeinschaft gewählt wurde. Von da an änderte sich hier vieles.«
    »Und die Veränderungen werden nicht gutgeheißen?«
    »Die Veränderungen haben viele von uns aufgestört, und, um ehrlich zu sein, Lady, es ist ein Jammer, mit ansehen zu müssen, wie Bruder Lugna die Befugnisse des Abts an sich reißt. Abt Iarnla ist offensichtlich nicht in der Lage, sich dagegen zu behaupten. Wir haben das Gefühl, Bruder Lugna hat das Zepter in der Hand und nicht der Abt.«
    »Hast du eine Erklärung, wie es dazu kommen konnte?«, fragte Eadulf.
    »Bruder Lugna muss irgendwie Gewalt über ihn haben.Welcher Art die ist, weiß ich nicht. Ich wollte dich nur warnen, dass Bruder Lugna über so eine Macht verfügt. Nimm dich daher in Acht, Lady. Nimm dich in Acht vor ihm.«
    Der Herbergswart drehte sich um und verschwand.
    Wenig später klopften sie energisch an Abt Iarnlas Tür und traten ein.
    Der Abt saß wie üblich in seinem Armsessel. Bruder Lugna stand an seiner Seite, vielleicht einen halben Schritt hinter ihm.
    »Was hast du mit deinem Wortwechsel im
refectorium
bezweckt?«, fragte der Abt sofort. »Ich verstehe das nicht.«
    »Ich denke, dein
rechtaire
versteht es sehr wohl«, erwiderte Fidelma gelassen.
    Bruder Lugna trat von einem Fuß auf den anderen, schwieg aber.
    Der Abt sah zu ihm hoch und verlangte, wobei eine Spur seines früheren Selbstbewusstseins aufklang: »Erkläre mir das, Bruder Lugna.«
    Da der Verwalter stumm blieb, ergriff Fidelma das Wort. »Bruder Lugna war so freundlich, mir bei unserer Ankunft hier zu verstehen zu geben, dass er mich in der Abtei nur ungern sähe. Er war der Ansicht, diese Untersuchung sei eine innere Angelegenheit der Abtei.«
    »Ich habe mit meiner Meinung nicht hinter dem Berg gehalten«, bestätigte Bruder Lugna verdrossen.
    »Wahrlich nicht«, stimmte ihm Fidelma zu. »Als aber der Abt sich über deine Einwände hinwegsetzte und darauf bestand, dass ich gerufen wurde, hätte es damit sein Bewenden haben müssen, nicht wahr?«
    Abt Iarnla schien erneut verunsichert. »Natürlich hatte es damit sein Bewenden. Du bist voll und ganz befugt, deine Nachforschungen anzustellen«, erklärte er mit Nachdruck.
    »Dennoch glaube ich nicht, dass Bruder Lugna diese Ansicht teilt.« Fidelma schaute den
rechtaire
an.
    »Erkläre dich«, forderte der Abt.
    Bruder Lugna presste die Lippen zusammen.
    »Bruder Lugna wird sicher erklären wollen«, fuhr Fidelma fort, »warum er denjenigen, die ich befragen wollte, gebot, sich mir zu verweigern. Er legte ihnen nahe, meine Fragen so knapp wie möglich zu beantworten.«
    Der Verwalter reckte herausfordernd das Kinn. »Be stimmt war es Bruder Einfältig, der dir diese Geschichte aufgetischt

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