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Der Blutkelch

Der Blutkelch

Titel: Der Blutkelch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Bedacht. »Wir sollten die Angelegenheit nach dem Mahl in deinem Gemach weiter erörtern, natürlich in Anwesenheit des Verwalters.«
    Sie wandte sich um, bevor er antworten konnte, und setzte sich an den Gästetisch. Ihre Begleiter taten es ihr gleich. Die plötzlich eingetretene Stille entlud sich in lauten Gesprächen. Glassán, der Baumeister, der bereits bei seinem Mahl saß, starrte sie mit vor Verwunderung offenem Mund an. Sein Gehilfe Saor betrachtete sie eher beunruhigt.
    »Bist du wirklich die Schwester von König Colgú?«, stammelte Glassán nach einigem Atemholen. »Bist du Fidelma von Cashel, von der wir schon so oft gehört haben?«
    »Ja, sie ist Fidelma von Cashel«, verkündete Gormán stolz, ehe sie es bestätigen konnte. »Und gewiss habt ihr von ihrem Gefährten Eadulf gehört.«
    »Dass du dich hierher bemühst, habe ich nicht gewusst«, gestand der Baumeister. »Ich hatte nur gehört, dass ein Rechtsgelehrter kommt, um den Todesfall zu untersuchen.«
    Fidelma wollte schon antworten, ihr sei es gleich, wen man erwartet hätte, besann sich aber. Zugegeben, ihr Auftritt hatte sich reichlich dramatisch gestaltet, doch vielleicht würde sich das im Laufe der nächsten Tage auszahlen, denn eine Antwort auf ihren Verdacht, Bruder Lugna betreffend, hatte sie immerhin schon erhalten.
    Glassán schien plötzlich eine gewisse Unruhe zu packen. Er blickte auf seinen Teller, schob ihn von sich, ohne ihn geleert zu haben, erhob sich rasch und forderte seinen Gehilfen mit einem Kopfnicken auf, ihm zu folgen.
    »Entschuldigt«, murmelte er, »wir müssen noch etwas sichern auf der Baustelle, ehe es ganz dunkel ist.«
    Damit verließ er den Tisch. Saor war offensichtlich weniggeneigt, sich ihm anzuschließen. Rasch griff er sich noch ein Stück Brot und ein Stück Käse.
    Gormán sah ihnen nach und grinste fröhlich. »Schade, dass wir ihm nicht gleich am ersten Abend gesagt haben, wer du bist, Lady. Das hätte uns seinen Sermon über die Freuden eines Baumeisters erspart. Der hat vermutlich eine Abneigung gegen Verwandte von Königen. Wäre ja kein Wunder nach dem, was ich dir über den König von Laighin und seine Sippe erzählt habe.«
    Fidelma sah ihn nachdenklich an. »Möglicherweise hast du recht, Gormán. Doch eins solltest du nicht vergessen, auch im Gespräch mit den langweiligsten Leuten lässt sich so manches lernen.«
    Eadulf räusperte sich. »Stichwort Gespräch … Ich bin mir nicht sicher, was ich aus deinem Wortwechsel mit Bruder Lugna hätte lernen sollen. Eigentlich nur, dass unser Abt völlig unter dem Pantoffel seines Verwalters steht; das hatten wir aber schon vorher bemerkt.«
    »Dennoch findet der Abt gelegentlich zu seinem früheren Selbst zurück. Wir können nur hoffen, dass er sich Bruder Lugna nicht völlig untergeordnet hat.«
    »Aber was sollte der Auftritt im königlichen Gewand? Du kehrst doch sonst deinen Rang und deine Autorität nicht derart heraus. Das machst du nur, wenn du jemanden in die Schranken weisen musst. O ja, das war’s«, Eadulf unterbrach sich und lächelte. »Hast du Bruder Lugna zeigen wollen, wo sein Platz in der Rangordnung ist?«
    »Nicht nur das. Ich habe hinsichtlich Bruder Lugna einen Verdacht, und den wollte ich bestätigt sehen«, erklärte sie und schöpfte sich heiße Gemüsesuppe in eine Schale.
    »Und? Hat der Streit mit ihm diesen Verdacht bestätigt?
    »Ich denke schon. Es muss unter uns bleiben: Er gehörteiner ketzerischen Sekte an, der Wortwechsel hat das erhärtet. Doch darüber will ich noch eine Weile schweigen. Fest steht, Bruder Lugna ist ein Fanatiker und duldet keinerlei Meinung, die von seiner abweicht.«
    »Mir widerstrebt der Mann ohnehin. Für mich bleibt er ein Tatverdächtiger.«
    »Ob er dir nun widerstrebt oder nicht, er ist immerhin der Verwalter der Abtei. So, wie die Dinge liegen, könnte er unsere Nachforschungen ziemlich behindern. Deswegen musste ihm klargemacht werden, wen er vor sich hat.«
    Als das Mahl beendet war und der Abt seinen Segen erteilt hatte, fragte Gormán leise: »Soll ich dich zur Unterredung mit dem Abt begleiten? Könnte ja sein, du brauchst …« Er beendete den Satz nicht, sondern klopfte mit dem Finger auf den Ledergürtel, an dem sonst sein Schwert hing.
    Fidelma tat entrüstet. »Um Himmels willen, nein! Ich habe nicht vor, mich auf den Kriegspfad zu begeben. Nur eine einfache Übung in Diplomatie, das ist alles.«
    »Diplomatie?«, spöttelte Gormán. »So, wie du dem Verwalter in die Parade

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