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Der Blutkönig: Roman (German Edition)

Der Blutkönig: Roman (German Edition)

Titel: Der Blutkönig: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gail Martin
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Lage, ihn so zu bedrängen, dass er keine weitere Macht an sich reißen konnte.« Hant machte eine Pause. »Sahila kann Euch beraten, mit den Flüchtlingen bekannt machen und Euch durch die Lager führen.«
    »Wenn Ihr eine Armee gegen Jared und seinen Zauberer aufstellen wollt, dann werdet Ihr sehen, dass Euch bereits eine Legion unter den Flüchtlingen erwartet«, versprach Sahila. »Ich werde Euch zu den Lagern und den Verstecken bringen und sie werden Euch zeigen, wohin die anderen geflohen sind. Ich werde Euch zeigen, wie wir in der Ostmark gekämpft haben, in den Wäldern und den Sümpfen, in den Bergpässen und den Höhlen. Wir waren Schatten und konnten von Armeen, die hundertfach so groß waren wie wir, nicht besiegt werden.« Er wandte sich wieder an Soterius und Mikhail.
    »Ihr seid beide Soldaten?«, fragte er und sie nickten. »Seid Ihr willens, die Regeln zu vergessen, wie ein Raubtier zu denken, das seine Beute schlägt, oder ein Falke, der wie der Blitz niederfährt? Es gibt keine Regeln in dieser Art von Kampf, nur die Ehre. Könnt Ihr wie ein Raubtier denken, ohne wie ein Tier zu werden, ohne Euren Feind zu verletzen, wie er Euch verletzt hat und damit so zu werden wie er?«
    Soterius tauschte einen Blick mit Vahanian und zum ersten Mal glaubte Vahanian echtes Verstehen in den Augen des Soldaten zu sehen. »Ja, ich denke schon«, antwortete Soterius.
    Sahila lächelte wölfisch. »Gut. Dann bringt mir Eure Karten.«
    S PÄT AN DIESEM Abend, nach der elften Stunde, schlüpfte Vahanian auf einen der kleinen Balkone hinaus, die einen Blick über den Hof ermöglichten. Selbst zu dieser Stunde waren noch Bäcker und Stallmeister unterwegs, ihre Fackeln und Laternen schaukelten in der Dunkelheit über den Hof. Auch wenn Vahanian dankbar war für seinen Mantel, er empfand die kalte Nachtluft doch als erfrischend. Er wischte den Schnee von einem Steinsims, lehnte sich an die Mauer und zog einen Weinschlauch unter seinem Mantel hervor. Der Wein wärmte ihn, half allerdings nicht, seine erschöpften Muskeln zu entspannen oder seine Stimmung zu heben.
    Sahila wiederzusehen und seine Version der Ereignisse in Chauvrenne mit anzuhören, ließen in Vahanian alte Erinnerungen aufsteigen, die er lieber vergessen hätte. Sahilas Geschichte schien Stadens Wertschätzung erhöht und ihm Soterius’ widerwillige Anerkennung verschafft zu haben, aber Vahanian wusste, dass es genauso wahrscheinlich war, dass er diese Ereignisse in der nächsten Zeit wieder und wieder in seinen Träumen aufs Neue erleben musste. Obwohl zehn Jahre vergangen waren, bezweifelte Vahanian, dass er sich je von diesen Erinnerungen würde befreien können. Das dumpfe Geräusch einer Falltür unter den Galgen – gemeinhin bekannt, da Hinrichtungen auch als öffentliche Unterhaltung dienten – oder der Geruch von brennendem Heu konnte Erinnerungen in voller Stärke zurückbringen und seinen Magen sich umdrehen lassen. Erinnerungen, das wusste Vahanian, waren nur eine andere Form von sichtbaren Narben.
    Das Geräusch von Schritten ließ ihn nach seinem Schwert greifen. Zu seiner Überraschung trat Kiara auf den Balkon und schlug die Kapuze ihres Mantels hoch, sobald er sie erkannt hatte. »Kann ich dir Gesellschaft leisten?«
    Vahanian bot ihr seinen Platz an und ging zum Geländer hinüber, um auf die Lichter der nächtlichen Stadt hinunter zu sehen. »Gerne. Aber wenn du wieder auf das Thema kommen willst, das wir im Ratszimmer besprochen haben, dann hast du Pech. Für heute habe ich genug.«
    Kiara kicherte, aber es klang gezwungen. »Nein, danke. Ich bin nur hierhergekommen, um ein bisschen frische Luft zu schnappen. Ich hoffe, ich bekomme durch die Kälte einen klareren Kopf.«
    »Bedrückt dich etwas?«
    Kiara zog die Knie hoch und wickelte ihren Mantel enger um sich. »Zum größten Teil ist es Heimweh. Ich bin noch nie zur Wintersonnenwende fort gewesen. Ich vermisse Vater.«
    Vahanian hielt ihr den Weinschlauch hin. Sie nahm einen großen Schluck vom warmen Wein und gab ihm den Behälter wieder. »Ich muss zugeben, bevor ich dich und Tris und Berry getroffen habe, habe ich nie darüber nachgedacht, dass ein König auch eine Familie hat«, meinte er. »Könige waren – naja, Könige eben. Man diente ihnen und zahlte Steuern an sie und starb für sie, aber ich glaube, ich habe nie verstanden, dass man sie auch liebt. Mir ist nie in den Sinn gekommen, dass sie ja auch jemandes Vater oder Bruder sind.« Er hob den Weinschlauch, um noch einen

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