Der Blutkönig: Roman (German Edition)
Knauf seines Schwerts. »Als Flüchtlinge hatten sie keine Hoffnung. Als Soldaten haben sie die Chance, etwas zu bewirken.«
Soterius unterdrückte einen Seufzer der Hoffnungslosigkeit, als er die »Waffen« inspizierte, die die Flüchtlinge zur Verfügung hatten. Sie bestanden zum großen Teil aus Sensen und Grabstöcken, Hacken und Rechen. Die meisten der Freiwilligen trugen ein oder zwei Messer, stumpfe Dinger, die kaum zum Kartoffelschälen zu gebrauchen waren – schwerlich die Waffen einer Armee. Sie waren völlig unvorbereitet auf die Schwerter und Nahkampfwaffen, die er und Mikhail mitgebracht hatten.
Es kostete allerdings weniger Überzeugungskraft, als Soterius gedacht hatte, die Flüchtlinge davon zu überzeugen, dass Mikhail auf ihrer Seite war. Er erkannte, dass bei den Bauern auch große Familien beieinanderblieben – ob nun lebend oder Vayash Moru.
Mit verzweifelter Entschlossenheit teilten Mikhail und Soterius die Bürger in zwei Gruppen ein und brachten ihnen bei, wie man ein Schwert schwang, einen Schlag parierte und kämpfte. Kinder, die zu klein waren, um an den Übungen teilzunehmen, jubelten ihnen zu und spielten, während sie zusahen und duellierten sich dabei mit Stöcken. In den entschlossenen Gesichtern der Flüchtlinge konnte Soterius sehen, dass sie genau wussten, wieviel Arbeit noch vor ihnen lag.
Am Ende des ersten Übungstages sah Soterius, wie sich drei junge Männer durch die Menge drängten. Sie sahen so zerlumpt aus wie die anderen Flüchtlinge, aber sie hielten sich aufrecht wie Soldaten.
»Hauptmann!«, rief einer von ihnen, als sie näherkamen und Soterius Gesicht leuchtete auf, als er sie als Männer aus der Kaserne von Shekerishet identifizierte.
Nach etlichem Händeschütteln und herzhaften Schulterklopfen stellte Soterius die Männer – Andras, Tabb und Pell – Mikhail vor. Als sich die Menge für die Nacht auflöste, lud Andras Soterius und Mikhail in ihre Hütte ein und die fünf Männer bahnten sich einen Weg durch das überfüllte Lager zu dem kleinen Flecken nackter Erde, den die drei Soldaten zu ihrem Heim gemacht hatten. Sie hatten ein Zelt aus Armeebeständen, eine bessere Unterkunft als so manche Flüchtlinge. Ein ordentlich aufgeschichtetes Feuer wärmte sie, als sie auf Holzscheiten rund um die Feuerstelle saßen.
»Also ist es wahr, was erzählt wird?«, fragte Andras aufgeregt. »Dass Ihr Prinz Martris geholfen habt zu entkommen?«
Soterius nickte und nahm dankend einen Becher warmes, verdünntes Bier entgegen. »Harrtuck war bei uns und der Barde Carroway.«
»Gelobt sei die Lady!«, rief Tabb aus. »Wir hatten befürchtet, dass es nur ein Gerücht sei, das unter den Flüchtlingen herumging.«
Soterius lehnte sich nach vorn. »Sagt uns, was in der Kaserne in dieser Nacht passiert ist und wie ihr hierher kamt.«
Pell atmete tief durch und fuhr sich mit der Hand durch sein schmutzigblondes Haar. »Das ist eine traurige Geschichte, Hauptmann.« Er warf einen Blick auf die anderen. »Wir hatten in dieser Nacht Patrouillendienst und wir wussten, dass etwas ganz und gar nicht in Ordnung war, als wir die Stadttore erreicht hatten. Überall Wachen, die alles kontrolliert haben. Es war ein einziges Chaos, die Paraden überall und die Pilger, und all die Betrunkenen, die Spuken feierten. Und als wir die Soldatenunterkünfte erreichten, sagten sie, der König sei tot.«
Andras sprang ein. »Zuerst hörten wir, dass Prinz Martris den König getötet hätte – und die ganze Familie – und dass Jared ihn nur mühsam davon abgehalten hätte, auch ihn umzubringen. Sie sagten, Ihr und die anderen seien Verräter und dass Jared ein hohes Kopfgeld auf Euch ausgesetzt habe.«
Soterius fluchte. »Jared hat Sklavenhändler bezahlt, um uns aufzuspüren. Und sie hätten uns fast erwischt.«
»Aber trotzdem haben wir das alles nicht für einen Moment geglaubt«, meinte Andras bitter. »Oh, Jared hatte seine Freunde in der Kaserne, das ist mal sicher. Ihr wisst, wie er immer heruntergekommen ist und mit den Männern geredet und ihnen ganze Königreiche versprochen hat. Deshalb haben einige nicht zu genau darüber nachgedacht, als er die Morde Prinz Martris angehängt hat.«
»Wir wussten es besser«, meinte Pell, und Ärger färbte sein Gesicht. »Als der nächste Tag vorüber war, sahen wir unsere Befürchtungen bestätigt. Jared schickte einige Schwadronen zu den Burgen der Adligen aus. Er nahm sie unter Hausarrest oder noch Schlimmeres. Die Dienerschaft des
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