Der Blutkönig: Roman (German Edition)
Weise gut aus und wirkte wie ein Mann, der zu viel Zeit beim Kartenspiel verbrachte. Sein weinrotes Wams betonte seine breiten Schultern und den stämmigen Körperbau, mit einem extravagant geschnittenen weißen Seidenhemd, aus dessen aufgeschlitzten Ärmeln bunter Stoff hervorquoll. Gold glitzerte im Kerzenlicht, an seinen Fingern, seinem Hals und in einem Ohrläppchen. Seine dunklen Augen betrachteten Tris mit unverhohlener Verachtung. Uri, dachte Tris und erwiderte den Blick des Vayash Moru mutig, ohne wegzuschauen.
Hinter Uri stand ein junger Mann, dessen Schönheit sogar die Carroways übertroffen hätte, wäre da nicht ein grausamer Zug um seine vollen Lippen gewesen. Kraftvoll und in einen eng anliegenden schwarzen Samtumhang und Brokathosen gekleidet, mit einem weißen, gerüschten Spitzenkragen und geckenhaften Spitzenmanschetten erinnerte Uris Assistent Tris an eine giftige Eidechse, die nur darauf wartete, zuzuschlagen.
»Welchem Umstand verdanke ich die Ehre, vor den Rat geladen zu werden?«, fragte Tris und entschied sich, die Höflichkeiten wegzulassen.
Rafe legte den Kopf schief, so als erkenne und schätze er eine solche Direktheit. »Wir haben viel von Euch gehört, Prinz Drayke, sowohl von Lord Gabriel als auch von … anderen. Bereits jetzt ist Eure Macht als Seelenrufer legendär. Man sagt, Ihr habt die Wiedergänger vom Ruune Videya gebannt.«
»Meine Gefährten und ich wurden von Sklavenhändlern gefangen. Es war notwendig, um zu überleben.«
»Das Leben wird ungemein überschätzt«, kommentierte Uri mit affektierter Langeweile und entlockte damit dem jungen Mann hinter ihm ein kaltes, schmales Lächeln und keine Antwort vom Rest des Rates.
»Wir haben auch vom Hof der Geister gehört«, fuhr Rafe fort. »Und obwohl dieser Rat deine Autorität, Dinge unter den Vayash Moru zu regeln, in Frage stellen würde, liegt auf der Hand, dass Eure Macht so beachtlich ist, wie gesagt wird.«
»Ich bin ein Seelenrufer, Erbe der Magie meiner Großmutter, Bava K’aa.«
»Einige Ratsmitglieder kannten Bava K’aa«, sagte Gabriel. »Wir erinnern uns an ihre Schlacht gegen den Obsidiankönig und die Bannung des Orbs, des Seelenfängers, in den Grundfesten von Dark Haven.«
»Das hat ja auch richtig gut funktioniert, nicht wahr?«, ließ sich Uri vernehmen.
»Wir sind den Bitten Lord Gabriels gefolgt«, erwiderte Rafe und ignorierte Uris Sticheleien. »Der Blutrat legt fest, was unter den Vayash Moru der Winterkönigreiche Gesetz ist. Und wir sind es, die Missetäter, auch die von hoher Geburt, bestrafen«, meinte er mit einem Seitenblick zu Gabriel, dessen Gesichtsausdruck nicht auf seine Gedanken schließen ließen.
»Wir sind uns im Klaren darüber, dass Jared der Tyrann den margolanischen Thron an sich gerissen hat«, fuhr Rafe fort. »Wir wissen, dass er und sein Magier Arontala das Abkommen gebrochen haben und die Vayash Moru jagen.«
»Wenn Ihr das wisst«, meinte Tris, »dann versteht Ihr auch, warum Jared gestürzt und Arontala aufgehalten werden muss.«
»Seit vierhundert Jahren halten wir vom Blutrat uns aus den Angelegenheiten der Könige und ihrer Macher heraus«, erwiderte Rafe. »Das wurde von den Sterblichen so gewünscht, denn sie fürchteten sich davor, von uns regiert zu werden. Aber auch die Ältesten und Weisesten der Unseren, die um die Gefahr und die Wahrheit in dieser Furcht wussten, wollten es so.«
»Wenn das der Fall ist«, meinte Tris herausfordernd. »Dann seht nur Arontala. Vor acht Jahren versuchte er, die Macht in der Ostmark zu übernehmen – und scheiterte. Arontala lähmte meinen Vater Bricen so lange mit seiner Magie, bis Jared ihn erstochen hatte. Es war auf Jareds Befehl, dass meine Familie getötet wurde. Jetzt terrorisieren margolanische Truppen auf Geheiß Arontalas sowohl Vayash Moru als auch Sterbliche und vernichten alle, die wagen, sich ihnen in den Weg zu stellen.«
»Und dennoch kommt Ihr heute Abend hierher, um uns zu bitten, einen von Euch zu disziplinieren, nicht wahr, Prinz Drayke?« Es war Uri, dessen schmeichelnde Stimme gleich unter der Oberfläche schneidend wie eine Messerklinge war. »Ihr kommt, um Hilfe für Eure Revolution zu erbitten und hofft, dass dieses Unternehmen am Ende den Sterblichen von Margolan den größten Nutzen bringt.«
»Es gibt ein Beispiel für so ein Vorgehen«, erwiderte Gabriel gereizt. »Vor zweihundert Jahren, als Eure Nargi die Unseren vollständig aus der Deckung treiben und töten wollten, gab dieser Rat den
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