Der Blutkönig: Roman (German Edition)
Carina.
Linton nickte. »Sicher. Ich habe mir nicht viel dabei gedacht, eine alte Kräuterhexe will eben zu irgendeinem Hexenfest. Warum?«
Tris fasste kurz zusammen, was sie von Arontalas Plänen und von Alyzzas Vergangenheit mit der Schwesternschaft wussten. »Meine Seele sei verdammt«, fluchte Linton, als Tris seine Geschichte beendet hatte. »So etwas habe ich ja noch nie erlebt.« Er sah Vahanian an. »Da hast du dir ja mal einen netten Pfadfinderjob angelacht, was?«
»Du kennst mich, Maynard. Ich mag es nicht langweilig.«
»Pass auf, Tris«, warnte Linton. »Es sind mehr als nur ein paar königliche Wachen hier unterwegs, die einen so schönen margolanischen Akzent haben, wie man sich nur wünschen kann. Sie könnten etwas mehr an deinen Reiseplänen interessiert sein, als dir lieb ist.«
S IE SPRACHEN BIS in den späten Abend hinein, vieles davon waren Neuigkeiten über den Fluss, die Linton und Vahanian austauschten. Tris umfasste die dampfende Suppenschüssel eine Weile mit beiden Händen, bevor er aß und freute sich an der Wärme. Die anderen taten das zu Mamas Belustigung ebenfalls. Sie sagte etwas zu Vahanian, unterbrochen von einem lauten Lachen und er sah sie mit einem Grinsen an.
»Ich soll euch sagen, sie hofft, dass ihr nicht versucht, euch als Flussvolk auszugeben«, übersetzte er. »Flussmenschen haben Eis anstelle von Blut.«
»Das müssen sie wohl«, sagte Carroway und aß ernsthaft seine Suppe. »Denn mir wird nie wieder warm werden.«
Als sie ihren Gästen keine Suppe und kein Brot mehr aufzwingen konnte, versorgte Mama sie mit heißem Tee und kleinen, karamellisierten Nüssen. Dann zog sie wieder die Flasche hervor und bot mehr vom Inhalt an, aber diesmal weigerte sich sogar Vahanian, noch mehr davon zu trinken. Sie sah ihn verächtlich an und murmelte eine bissige Bemerkung, die aber nur ein Achselzucken erntete.
»Ich glaube, sie hat dich gerade beleidigt«, stichelte Kiara.
»Das hat sie«, meinte Vahanian und winkte ihrer Gastgeberin zu. »Aber aus Respekt vor der Heilerin in unserer Runde kann ich es nicht wiederholen.«
Mama schob sich an ihnen vorbei, um in einer Kiste mit zusammengewürfelten Habseligkeiten herumzuwühlen. Schließlich zog sie einen halbmondförmigen Anhänger aus geschnitztem Knochen an einem Lederband heraus, den sie auf der flachen Hand Carina hinstreckte. »Bitte, M’Lady, wenn Ihr so freundlich wärt«, sagte Mama in der Hochsprache. »Ein Segen für eine alte Frau.«
Carina nahm die fleckigen Hände Mamas in ihre. »Ich glaube nicht, dass ich einen Segen erteilen kann.« Mama sah niedergeschlagen aus. »Aber vielleicht kann ich das Hinken da heilen, wenn du willst«, sagte sie schnell.
Mamas Gesicht hellte sich auf und sie steckte den Anhänger in ihre Schürzentasche. »Eine Heilung ist doppelt so gut wie ein Segen. Was glaubst du, warum ich gesegnet werden wollte?« Sie lachte rau. Die anderen machten Carina Platz für die Untersuchung Mamas und versuchten, nicht hinzusehen, während Carina ihre Hände langsam über Mamas Hüften und Beine gleiten ließ. Endlich stand Carina auf und lächelte das erste Mal, seit sie Fahnlehen verlassen hatten.
»Das kann ich heilen«, sagte sie zuversichtlich. »Setzt euch nur, während ich arbeite.« Für den nächsten halben Kerzenabschnitt arbeitete Carina, und Carroway unterhielt sie derweil mit Geschichten. Es schien die schlechte Laune des Barden zu heben und Mama klatschte vor Freude in die Hände. Sakwi sah mit interessierter Zustimmung zu.
»Versuch zu stehen«, drängte Carina schließlich ihre Gastgeberin.
Die Flussfrau kämpfte sich auf die Füße und machte vorsichtig einen Schritt nach vorn. Langsam verlagerte sie ihre Körpermassen auf ihren vorderen Fuß. Sie entspannte sich mit einem verwunderten Blick, machte noch einen Schritt und noch einen und einen dritten, bis sie schließlich einen Freudenhüpfer machte, der das Hausboot wackeln ließ.
»Ach, Liebchen!«, rief sie aus und rannte zurück zu Carina, um sie in einer bärenartigen Umarmung beinahe zu erdrücken. »Dieses Bein hat mir für mehr Jahre wehgetan, als ich zählen kann. Die Lady war heute gut zu mir«, sagte Mama. »Ihr seid hier immer willkommen.«
»Nyall kommt zurück«, stellte Vahanian von der Tür her fest. Mama hastete zu ihm hin. »Nyall«, kreischte sie. »Nyall, komm und sieh, was die Heilerin gemacht hat. Sie hat mein Bein repariert, so gut wie das eines kleinen Babys!«, rief sie freudig aus. Sie drehte eine
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