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Der Blutkristall

Titel: Der Blutkristall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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aufgetaucht.
    «Komm!», zischte er ihr zu und erschrocken, wie sie war, folgte sie ihm widerstandslos. Draußen entstieg gerade ein bekannter Musiker seiner Limousine und Morgan stieß sie in den Fond des Wagens, bevor der Chauffeur noch die Gelegenheit hatte, zu protestieren. Vivianne hatte keine Ahnung, was Morgan ihm sagte, aber Sekunden, nachdem er die Tür hinter sich zugeschlagen hatte, fuhr der Wagen los.
    «Bist du verrückt geworden?»
    Der Vampir ließ sich zurücksinken. Mit einer anrührend menschlichen Geste wischte er sich über die Stirn. «Hätte ich diese Musik noch eine Sekunde länger ertragen müssen, ich wäre über den DJ hergefallen und hätte ihn bis zum letzten Tropfen ausgesaugt.»
    «So sehr liebst du französischen Pop?» Vivianne hatte sich nach ihrer Londoner Zeit nur schwer an den Musikgeschmack der Pariser gewöhnen können, aber heute hatte der Musikmix selbst an ihren Nerven gezerrt. Seine Unverschämtheiten vergab sie ihm nach diesem Geständnis erstaunlicherweise sofort. Wenn sie ehrlich mit sich selbst war, hatte sie Morgans mürrische Antworten selbst provoziert.
    Am liebsten hätte er seine Begleiterin irgendwo ausgesetzt. Dieses hirnlose Luxusweibchen tat nichts anderes, als sich aushalten zu lassen, und nun versuchte sie zu allem Überfluss auch noch, ihm den Kopf zu verdrehen. Seine unfreundliche Bemerkung von vorhin tat ihm dennoch leid. Morgan war niemand, der Frauen gern beleidigte. Ihre Beschützer mussten alle Hände voll zu tun haben, diese verwöhnte «Prinzessin auf der Erbse» zu bändigen. Vielleicht war aber gerade dies das Reizvolle daran, überlegte er. Jeder ältere Vampir kannte die Langeweile, die eine Aussicht auf ewiges Leben mit sich brachte, und fast alle suchten sich gelegentlich interessante Herausforderungen, um überhaupt wieder etwas zu fühlen. Warum die Vengador-Brüder sich ausgerechnet ein Gör wie Vivianne ausgesucht hatten, darüber hätte er nur rätseln können, wäre da nicht diese ungeheure erotische Anziehungskraft gewesen, die er spürte, sobald er sich in ihrer Nähe befand. Auch jetzt hätte er sie am liebsten an den Haaren gepackt, zu sich herübergezogen und ihren frechen Mund so lange geküsst, bis sie ihn für sinnvollere Dinge eingesetzt hätte, um damit einen Mann zu erfreuen. Leider keine Option. Morgan verzichtete darauf, seine Seele nach dem Grund für dieses «leider» zu erforschen. Die Causantín-Brüder würden ihn auf direktem Weg zum Teufel schicken, wenn er sich an ihrem Liebchen vergriff. Diese Vorstellung ernüchterte ihn. Kieran, von dem man sich erzählte, er habe Macbeth persönlich gekannt, war der Jüngere der beiden. Er hatte vor nicht allzu langer Zeit seine Seelenpartnerin gefunden und mit dieser Verbindung den Frieden zwischen der Welt der Vampire und den Feen gesichert. Weltfrieden – natürlich! Darunter machen solche Leute es nicht. Dennoch hielt er anscheinend weiterhin eine schützende Hand über seine ehemalige Geliebte. Beachtlich, handelte es sich bei ihm doch um einen der rücksichtslosesten und arrogantesten Dunkelelfen, den er jemals getroffen hatte. Und dabei konnte sich Morgan noch glücklich schätzen, denn es hieß, kaum jemand überlebte eine Begegnung mit diesem Vengador lange genug, um von diesem Ereignis berichten zu können.
    Vivianne verhielt sich, wie man es von einer Bluthure nicht anders erwarten durfte. Die meisten von ihnen waren reich, rücksichtslos und nutzten ihre vampirischen Fähigkeiten ausschließlich zu ihrem eigenen Vorteil. Letzteres konnte er einem Vampir eigentlich nicht einmal guten Gewissens vorwerfen. Es lag ihnen allen gewissermaßen im Blut. Dass ihn Viviannes kleiner Auftritt vor dem Club dennoch nicht unbeeindruckt gelassen hatte, war nicht weiter verwunderlich. Wenn sie es darauf anlegte, hätte diese augenscheinlich äußerst erfahrene Kurtisane jeden in ihren Bann gezogen. Und Morgan war bestimmt kein Heiliger.
    Seine Nachforschungen hatten ergeben, dass man während der sechziger Jahre zum ersten Mal in London von ihr gehört hatte. Allerdings hatte sie sich damals kaum durch irgendwelche spektakulären Auftritte hervorgetan. Wahrscheinlich war die Kleine zu sehr damit beschäftigt gewesen, ihre Herren zu befriedigen, um Unheil anzurichten. Das sah inzwischen ganz anders aus, wie er aus erster Hand hatte erfahren müssen. Eine Novizin, ein frisch geschlüpftes Küken, und er hatte leichtfertig seine Hilfe angeboten. Doch ein Wort war ein Wort, und jetzt gab es

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