Der Blutkristall
Situation nirgends hinginge, ohne ihren halben Hausstand eingepackt zu haben. Das würde er zu vereiteln wissen. Gibt es einen Hintereingang zu deinem Apartment? Ich denke, wenn dein Nabrah den Typen ablenkt, könnte ich es wagen.
«Du?» Vivianne vergaß vor Überraschung, dass sie beobachtet wurden.
Still! Morgan hätte sie am liebsten erwürgt. Willst du etwa allein gehen und womöglich einem Profikiller direkt in die Arme laufen? Nur zu!
Warum hilfst du mir wirklich? Sie musste es wissen.
Er sah sie an, als überlegte er, welche Antwort sie am ehesten befriedigen würde. Doch dann zuckte er mit den Schultern und sagte: Warum nicht, ich habe im Moment nichts Besseres zu tun , und mit einem Blick auf ihren wertvollen Schmuck fügte er hinzu: Und glaube mir, ich tue nichts umsonst.
Dieser Nachsatz war es, der Vivianne nicht weiter an seinen Absichten zweifeln ließ. Er war eben Pöbel, geldgierig und berechnend. Was hatte sie anderes erwartet? Weil sie aber keine Lust hatte, sich mit dem Vampir-Söldner dort draußen anzulegen, senkte sie nur unmerklich ihren Kopf. Sobald der Schmuck wieder sicher in seiner Schatulle liegt, wirst du deinen Lohn erhalten.
Kurz flackerte etwas wie Ärger über sein Gesicht, doch wahrscheinlich waren dies nur die Lichter eines vorbeifahrenden Autos, denn er entgegnete mit ausdrucksloser Stimme: Dann sind wir also im Geschäft!
Einverstanden. Ihre Entscheidung bereute sie allerdings wenig später, als sie einen Blick in ihre Reisetasche warf, die Morgan von seinem Abstecher in ihre Wohnung mitgebracht hatte und die er nun zu ihr hinüberschob. Bei den Dessous hatte er ausgezeichneten Geschmack bewiesen, aber der Rest – furchtbar. Wieso hatte sie diese Klamotten nicht längst weggeschmissen? Moment mal. Ein fremder Kerl hatte in ihrer Wäscheschublade herumgewühlt. Sie sah zu Morgan hinüber. Das Glitzern in seinen Augen verriet, dass ihm nicht entgangen war, wie hastig sie das zarte Spitzenhöschen wieder in die Tasche zurücksteckte. Lässig lehnte er sich zurück und sprach weiter leise in einer fremdartig klingenden Sprache in sein Handy. Männer! Vehement zog sie den Reißverschluss zu.
Kapitel 4
«Ein Privatflugzeug?» Vivianne blickte fassungslos durch die Scheiben des Flughafengebäudes. Diese Form kostspieliger Freiheit hätte sie Morgan nicht zugetraut.
«Mach dir keine falschen Hoffnungen, es gehört mir nicht.»
Morgans Antwort bewies: Er hielt sie für ein geldgieriges Luder. Vielen Dank, liebe Familie, manchmal wünsche ich mir, ich wäre als Junge zur Welt gekommen. Nicht nur, weil sie dann ihr eigenes Leben hätte leben können, sondern weil sie in einer solchen Situation einen Kerl einfach verprügelt hätte. Während der gesamten Fahrt zum Flughafen hatte er kaum gesprochen. Und wenn er doch einmal den Mund geöffnet hatte, waren ihm nur Beleidigungen über die Lippen gekommen. Aber während sie durch den stärker werdenden Regen zum Flugzeug liefen, erklärte er immerhin: «Ich arbeite für eine Firma, die unter anderem kostbare Kunstgegenstände versichert. Sobald eines dieser Schätzchen verschwindet, komme ich ins Spiel.»
«Und davon kann man leben?» Vivianne musste trotz seiner beleidigenden Worte schmunzeln, als sie sich vorstellte, wie er barfuß internationalen Verbrecherbanden hinterherjagte.
«Du würdest es nicht glauben, wenn ich dir erzählte, wie viele Sammler ihr Taschengeld mit einem fingierten Einbruch aufbessern wollen.» Morgan bot ihr mit einer Geste an, sie beim Erklimmen der kleinen Treppe zum Flugzeug hinauf zu stützen.
Vivianne nahm auch ohne seine Hilfe leichtfüßig die Stufen, duckte sich und sah zu, wie ihr der Vampir mit der schweren Reisetasche über der Schulter folgte.
Das könnte euch so passen, mich abzuhängen! Nabrah rauschte durch die Kabinentür, ließ sich auf einer Sitzlehne nieder und gab dabei einen heiseren Laut von sich. Er flatterte kurz, legte dann seine Flügel dicht an den feucht glänzenden Körper und sah beide herausfordernd an. Guten Abend, mein Herz. Es regnet. Morgan verdrehte die Augen und verschwand wortlos im Cockpit. Vivianne ließ sich auf einen breiten Ledersitz fallen. «Seit wann reisen Vögel wie du in Flugzeugen, anstatt sie zum Absturz zu bringen?»
Er ignorierte ihren Einwurf. Hast du deinen Lebensretter gefragt, wohin die Reise geht?
«Nein, ich ... Ach, verdammt! Er spricht kaum mit mir. Und wenn, dann sagt er nur Gemeinheiten», fügte sie kleinlaut hinzu.
Nabrah ließ ein
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