Der Blutkristall
bist, mich zu bestehlen.»
Salai berichtete, wie er über einen Mittelsmann den Auftrag erhalten hatte. Anfangs habe alles recht einfach geklungen. Als er dann aber erfuhr, was er stehlen sollte und bei wem, hätte er gern einen Rückzieher gemacht. Doch dafür war es zu spät. Wenn er nicht täte, was man von ihm verlange, würde er dies mit dem Leben bezahlen.
«Bezahlt hat dann aber deine Komplizin.»
«Was ist mit ihr?» Salai sah aus, als begriffe er nicht.
Das Gesicht der Sterbenden erschien in Viviannes Erinnerung. «Du hast sie umgebracht.»
«Das ist doch völliger Unsinn. Wir brauchten ein wenig Blut, um den Zauber aufzuheben, der deinen Rubin schützte. Sie sei erfahren in diesen Dingen, hatte man mir gesagt. Und das war sie auch.»
«Ein wenig Blut ist gut. Die Frau ist ausgelaufen wie ein geschächtetes Schaf und du willst mir erzählen, du weißt nichts davon?»
Er verbarg sein Gesicht in seinen Händen und sprach mit leiser Stimme weiter, als habe er sie nicht gehört. «Wir haben uns in Paris das erste Mal gesehen. Ich war überrascht, auf eine Sterbliche zu treffen, die so viel von Magie verstand. Aber sie war wirklich begabt. Nachdem ich die Alarmanlage ausgeschaltet hatte, hat sie die Siegel gelöst. Das hätte ich niemals geschafft, obwohl ich nicht schlecht darin bin. Aber diese magischen Knoten hatten es wirklich in sich. Wenn ich ihnen zu nahe kam, glühten sie auf und das kann alles Mögliche bedeuten, wie du weißt.» Er ließ seine Hände sinken und sah sie prüfend an. «Vielleicht aber auch nicht ... Du scheinst mir ein wenig jung ...»
Vivianne unterbrach ihn, bevor er weiter über ihr Alter spekulieren konnte. «Natürlich. Hältst du mich für blöd? Es sind meine Siegel, in meiner Wohnung.»
Salai hob beschwichtigend die Hände. «Schon gut!» Dann erzählte er weiter: «Sie schien jedenfalls dagegen immun zu sein. Das Siegel auf der Schatulle war besonders kompliziert. Wir konnten das Teil nicht mal anfassen und waren kurz davor aufzugeben, als ich mich erinnerte, was wir da eigentlich stehlen sollten. Also haben wir es mit Blut probiert. Danach ging alles ganz einfach. Ich habe den Blutkristall genommen und wollte nur noch weg. Ich möchte wetten, sie hatte anfangs keine Ahnung, dass es sich um mehr als nur ein kostbares Juwel handelte, was sie klauen sollte. Aber dann sah sie den Blutkristall und wusste Bescheid. Sie fing plötzlich an davon zu reden, dass wir den Stein doch auch behalten könnten und all den Wahnsinn. Sie könne seine Magie fühlen und er würde uns beschützen, hat sie behauptet. Ja, klar , habe ich gesagt. Wenn wir unseren Auftraggeber bescheißen, dann kann uns kein Zauber der Welt helfen. Ich wollte da nicht reingezogen werden. Aber die dumme Gans hat nicht locker gelassen, und ehe ich etwas machen konnte, drückte sie mir den Stein auf und dieses verdammte Ding brennt doch glatt ein Riesenloch in meinen Bauch und – weg war es.»
Vivianne sah ihn skeptisch an. «Woher wusste sie von der Magie des Rubins?»
Er hörte ihr gar nicht zu. «Ich bin so was von in Panik geraten und einfach nur abgehauen. Sie kam an dem Abend nicht ins Hotel, aber ich war sicher, sie würde in dieser Diskothek auftauchen. Wie hieß sie doch gleich, irgendetwas mit Badewannen ...»
«Bains Douches», half ihm Vivianne auf die Sprünge.
«Genau. Dort sollte die Übergabe stattfinden. Aber ich bin nicht reingegangen.»
«Ziemlich leichtsinnig, wenn dein Auftraggeber wirklich so ein gefährlicher Bursche ist, wie du sagst.» Vivianne war nicht überzeugt, dass der Elf ihr die ganze Wahrheit erzählt hatte und keine Schuld am Tod seiner Komplizin trug.
«Was hätte ich denn übergeben sollen, mich selbst etwa? Echt nicht. Diese Verrückte ist auch nicht dort gewesen und das hat mich ziemlich fertiggemacht. Aber nein, sie muss sich ja umbringen lassen. Hätte ich das nur alles vorher gewusst! Ich würde sagen, sie hat es nicht besser verdient, wenn sie nicht meine einzige Chance gewesen wäre, den verdammten Zauber wieder rückgängig zu machen, bevor mein Auftraggeber erfährt, was passiert ist.»
Vivianne ging nicht auf seine Anspielungen ein. Sie war nicht ohne Verbindungen. Doch bevor sie riskierte, dass ihre Verwandten von dem Diebstahl erfuhren, würde sie zuerst alles versuchen, um einen anderen Weg zu finden, den Blutkristall zurückzugewinnen. «Warum bist du nach Berlin gefahren, anstatt nach ihr zu suchen?»
«Deine Wohnung wurde beobachtet, und ich hatte keine
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