Der Blutmond
Entspannung finden zu können. In ihrem Inneren toste ein Sturm, der immer schlimmer wurde, je mehr Zeit verging, die sie ungenützt verstreichen ließ.
Bevor sie loszog, stärkte sie sich mit mehreren Blutkonserven, die im Kühlschrank lagen. Sie bekam die mikrowellenerwärmte rote Suppe kaum herunter. Nach jedem Schluck würgte sie und musste den starken Brechreiz unterdrücken. Doch es war wichtig, dass sie sich ausreichend nährte, um ihre Energiespeicher aufzufüllen. Denn je stärker sie war, desto größer war die Aussicht, dass sie bei ihrer Rettungsaktion Erfolg haben würde. Jedoch betrachtete sie die Situation relativ nüchtern. Ihre Chancen gegen zwei ausgewachsene Vampire anzukommen, waren schwindend gering. Doch sie wollte nichts unversucht lassen. Gemeinsam mit ihrem unbeugsamen Willen, und dem brennenden Wunsch zu siegen, war sie bereit sich ihren übermächtigen Feinden zu stellen.Schließlich versetzte der Glaube bekanntlich Berge.
Als die letzten Sonnenstrahlend endlich am Horizont verblassten, machte sich Mimma auf den Weg. Sie trug bequeme Kleidung, in der sie sich im Falle eines Kampfes gut bewegen konnten. Alles, was sie bei sich hatte, waren das Jagdmesser, das sie in den Schaft ihres Stiefels steckte, und die Karte, die sie zur Wolfs-Tomb Höhle führte.
Ehe sich die Türen des Fahrstuhls endgültig schlossen und somit den Auftakt ihres baldigen Ablebens einläuteten, warf sie einen letzten wehmütigen Blick in das Apartment, das einst ihr Zuhause gewesen war.
Für wenige Augenblicke schloss Mimma ihre Augen. Sie umschlang ihren Oberkörper und trauerte darüber, was noch alles hätte sein können. Um ein Leben, das eigentlich noch vor ihr lag und doch in wenigen Stunden ein jähes Ende finden würde. Ein Leben, worum sie nicht gebeten, das sie aber zu lieben gelernt hatte. Doch bevor der Kummer überhandnahm, schluckte sie den dicken Kloß Unmut hinunter und riss sich zusammen. Sie ballte ihre Hände zu Fäusten und kehrte all den Zorn und Ärger, den sie stets verdrängt und vergraben hatte, nach außen. All diese negativen Empfindungen sammelten sich nun zu einer schier unbegrenzten Quelle an Kraft, aus der sie zusätzlich schöpfen konnte, denn in ihr hatte sich eine Menge Wut angestaut.
Die dunkelhaarige Kriegerin zog los, um für das zu kämpfen, was sie liebte. Selbst wenn es das Letzte war, was sie tun würde.
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Die Erde war kalt und feucht. Im Inneren der Höhle war die Luft stickig. Sie roch muffig, nach nassem Fell und Essensresten, die teilweise aus verwesenden Kadavern bestanden. Die Knochen wurden auf einem Haufen gehortet, die in diesem feuchten Klima einen unbeschreiblich ekelhaften Gestank absonderten. Auf Ravens Haut hatte sich ein dünner Film aus salzigem Schweiß und dem Dunst der Umgebung gebildet. Seine Kleidung war klamm und klebte an ihm. Zudem war diese voller Schlamm, denn seine Entführer hatten ihn die letzten Meter über den Boden geschleift. Als ihm bewusst geworden war, dass es sich um einen Hinterhalt handelte, hatte er sich nämlich mit Händen und Füßen gewehrt.Man hielt ihn in einem Verschlag gefangen, der in die Auswölbung der Höhlenwand eingebettet war. Jeder Befreiungsversuch war zwecklos, denn die massiven Eisenstäbe seiner Zelle ließen sich keinen Millimeter verschieben. Sie waren fest in dem grauen Gestein der Höhle verankert. Wer auch immer dieses Gefängnis errichtet hatte, hatte gute Arbeit geleistet. Jemand hatte ihm den abgetrennten Hinterlauf eines Rehs in die Zelle geworfen, damit er bei Kräften blieb. Doch allein der Anblick des rohen Fleisches, der Sehnen und des herausstehenden Oberschenkelknochens, verdarb ihm jeglichen Appetit. So rottete auch dieses Stück Fleisch in seinen eigenen Säften dahin.
Lang hatte Raven darüber nachgedacht, wie er nur so dumm und gutgläubig hatte sein können, um in diese Falle zu tappen. Blindlings hatte er zwei Vampiren vertraut, die seine Unwissenheit zu ihren Gunsten ausgenutzt hatten. Er bemerkte erst, dass er in einen Hinterhalt geraten war, als er, von Werwölfen umzingelt, gegen seinen Willen in die Gefängniszelle verfrachtet wurde. Als er sah, wie sich Jinx und Elester unbehelligt unter ihren haarigen Feinden bewegen konnten, wusste er, dass sein Bruder dahinter stecken musste. Doch weder hatte man ihn aufgeklärt, weshalb man ihn gefangen genommen hatte, noch wie es um den Verbleib von Mimma stand.
Keiner redete mit ihm und niemand beantwortete seine Fragen, mit denen er anfangs
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