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Der böse Wulff?: Die Geschichte hinter der Geschichte und die Rolle der Medien

Der böse Wulff?: Die Geschichte hinter der Geschichte und die Rolle der Medien

Titel: Der böse Wulff?: Die Geschichte hinter der Geschichte und die Rolle der Medien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Götschenberg
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Fortbestehen der
Koalition wahr. Sie beide hatten sich seinerzeit auf Köhler verständigt,
bei einem Abendessen in Westerwelles Privatwohnung, als Vorboten
einer schwarz-gelben Koalition. Jetzt erscheint Köhler als Vorbote für
den Untergang.

    Im Sommer 2012 sitzt Guido Westerwelle in einem schwarzen Sessel in seinem Büro im Auswärtigen Amt. In den zurückliegenden zwei
Jahren hat sich eine Menge verändert: Westerwelle ist kein Vizekanzler und FDP-Chef mehr, seinen Platz in der ersten Reihe der schwarzgelben Koalition hat er geräumt, da sitzt jetzt Philipp Rösler. Als Christian Wulff im Februar 2012 zurücktritt, ist es an Rösler, sich mit
Angela Merkel auf einen Kandidaten für die Bundesversammlung zu
einigen. Rösler regelt die Präsidentenpersonalie anders als Westerwelle zwei Jahre zuvor. Er boxt Joachim Gauck gegen Merkels erklärten
Willen durch. In einem dramatischen Showdown setzt er der Kanzlerin die Pistole auf die Brust, bis Merkel Gauck akzeptiert, und riskiert
damit zwischenzeitlich den Bruch der Koalition. Das Manöver dient
vor allem dem Zweck, in der eigenen Partei an Profil zu gewinnen, in
der Röslers Eignung als Parteichef zu diesem Zeitpunkt infrage gestellt
wird. Westerwelle widersteht dieser Versuchung im Juni 2010: Er vermeidet den Konflikt mit der Kanzlerin bei der Suche nach einem
neuen Staatsoberhaupt und überlässt Angela Merkel die Suche nach
einem geeigneten Kandidaten in den Reihen der Union.
    Er hätte es auch anders machen können. In der FDP gibt es durchaus
Stimmen, die dafür plädieren, mit einem eigenen Kandidaten in die
Bundesversammlung zu gehen. Es wäre nicht das erste Mal: 1994 treten die Liberalen mit Hildegard Hamm-Brücher gegen den CDUKandidaten Roman Herzog an, obwohl die FDP gemeinsam mit CDU/
CSU regiert. „Der Druck auf mich war groß, einen eigenen Kandidaten
für die Bundesversammlung aufzustellen. Das hätte sicherlich ein
emanzipatorisches Gefühl ausgelöst, für die Koalition hätte es aber
große Probleme bedeutet", erinnert sich Westerwelle. Aber der FDP Chef entscheidet sich dagegen, die Personalie Bundespräsident zu nut
zen, um Stärke zu zeigen, und überlässt Angela Merkel das Vorschlagsrecht für einen gemeinsamen schwarz-gelben Kandidaten. Für Westerwelle steht fest, dass Merkel nach Köhlers Rücktritt gar nicht anders
kann, als jemanden aus der Union auszuwählen: Köhler war ihr Kandidat, und Köhler war gescheitert. „Sie musste einen Unions-Kandidaten aufstellen." Die Suche beginnt unmittelbar nach Köhlers Rücktritt.

    Nicht nur Merkel und Westerwelle werden sich schnell einig über
das weitere Vorgehen. Fast zeitgleich setzen sich SPD-Chef Sigmar
Gabriel und Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin in Berlin zusammen, um über die bevorstehende Präsidentenwahl zu sprechen. Die
SPD hat noch keinen Favoriten, sondern nur eine Liste, auf der mehrere Namen stehen. Trittin hingegen weiß bereits, dass er Gabriel auf
Joachim Gauck festlegen will. Die Idee stammt von Andreas Schulze.
Er macht seit Jahren für die Grünen Pressearbeit, in der Bundestagsfraktion und davor als Sprecher von Renate Künast, als sie Verbraucherschutzministerin war. Als Köhler zurücktritt, schickt Schulze eine
SMS an Künast, in der er Joachim Gauck als Kandidaten vorschlägt.
Schon 2009, als die Wiederwahl von Köhler anstand, hatte Schulze
Gauck ins Gespräch gebracht. Doch Renate Künast ist gerade in
Schanghai und antwortet nicht. Daraufhin wendet sich Schulze an
Jürgen Trittin und die Bundesgeschäftsführerin der Grünen, Steffi
Lemke. Beide nehmen den Ball auf. In seinem Gespräch mit Gabriel
gelingt es Trittin, den SPD-Chef davon zu überzeugen, dass Gauck
der ideale gemeinsame Kandidat ist. Die SPD weist später darauf hin,
dass sie Gauck auch auf dem Zettel gehabt habe. Das stimmt zwar,
doch die Grünen sind 2010 die treibende Kraft für die Nominierung
von Gauck. Für SPD und Grüne geht es um die Frage, mit welchem
Kandidaten sie das schwarz-gelbe Regierungslager am besten unter
Druck setzen können, denjenigen ins Rennen zu schicken, der das
größte Spaltpotenzial hat. Trittin überzeugt Gabriel, dass dies nur mit jemandem gelingen kann, der sich glaubwürdig als überparteilicher
Kandidat präsentieren lässt. So jemand ist Joachim Gauck zweifellos.

    Im Kanzleramt findet die Suche nach einem Präsidentschaftskandidaten für Schwarz-Gelb vor allem im Kopf der Kanzlerin statt. Eine
Kandidatur von

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