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Der Botschafter

Der Botschafter

Titel: Der Botschafter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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Adrian Carter sei der neue Exekutivdirektor. Cynthia Martin werde als Carters Nachfolgerin die Leitung der Terrorismusbekämpfung übernehmen. Und Michael Osbourne sei der neue stellvertretende Direktor der Operationsabteilung.
    Im Herbst tauchte Monica Tyler unter. Ihre alte Firma wollte sie wiederhaben, aber sie sagte, sie brauche etwas Zeit für sich selbst, bevor sie in ihre Tretmühle in der Wall Street zurückkehre. Sie begann zu reisen; regelmäßige Meldungen über ihren jeweiligen Aufenthaltsort erreichten Carter und Michael in der Führungsetage in Langley. Monica sei immer allein, hieß es in den Überwachungsberichten. Keine Freunde, keine Angehörigen, keine Liebhaber, keine Hunde ... keine verdächtigen Kontakte. Sie war in Buenos Aires gesichtet worden. Sie war in Paris beobachtet worden. Sie hatte in Südafrika an einer Safari teilgenommen. Sie tauchte im Roten Meer - zur großen Überraschung der gesamten Zentrale, weil in Langley niemand auch nur geahnt hatte, daß Monica eine erfahrene Taucherin war. Ende November fotografierte ein Überwachungskünstler der CIA-Station Wien sie allein an einem Tisch in einem kleinen Café am Stephansplatz.
    Am selben Abend ging Monica Tyler nach dem Abendessen durch eine schmale Gasse im Schatten des Stephansdoms in ihr Hotel zurück, als vor ihr ein Mann auftauchte. Er war mittelgroß, sportlich schlank und leichtfüßig. Irgend etwas an der Art, wie er sich bewegte - vielleicht der entschlossene Rhythmus seiner Schritte - ließ in ihrem Kopf sämtliche Alarmglocken schrillen.
    Monica sah sich um und stellte fest, daß niemand in der Nähe war. Sie blieb stehen, kehrte um und ging zum Stephansplatz zurück. Der Mann, jetzt hinter ihr, schritt nur noch rascher aus.
    Monica rannte nicht - sie wußte, daß das zwecklos gewesen wäre -, sondern schloß einfach die Augen und ging weiter.
    Der Mann kam näher, aber zunächst geschah nichts. Sie machte abrupt halt und fuhr herum, um ihn zu fragen, was er wolle. In diesem Augenblick zog der Mann eine Waffe aus dem Mantel: eine Pistole mit aufgesetztem Schalldämpfer.
    »Lieber Gott, nein«, flüsterte sie, aber der Mann riß seinen Arm hoch und drückte rasch dreimal ab.
    Monica Tyler brach zusammen, blieb auf dem Rücken liegen und starrte zum Turm von Sankt Stephan auf. Sie horchte auf die sich entfernenden Schritte ihres Mörders, fühlte das Blut aus ihrem Körper aufs kalte Pflaster rinnen.
    Dann verschwamm der Turm des Stephansdoms, und sie starb.
    In Georgetown hörte Elizabeth Osbourne das Telefon klingeln. Seit Michael stellvertretender Direktor war, waren Anrufe um vier Uhr morgens nichts Ungewöhnliches. Elizabeth hatte vormittags eine wichtige Besprechung mit einem Mandanten - sie hatte sich nach Michaels Beförderung ins Washingtoner Büro ihrer Anwaltskanzlei versetzen lassen - und mußte dazu ausgeschlafen sein. Sie schloß die Augen und versuchte nicht zu hören, was Michael in der Dunkelheit murmelte.
    »Was Wichtiges?« fragte Elizabeth, als sie hörte, daß er auflegte.
    »Monica Tyler ist heute nacht in Wien ermordet worden.«

    »Ermordet? Was ist passiert?«
    »Sie ist erschossen worden.«
    »Wer hätte Monica Tyler ermorden wollen?«
    »Monica hat viele Feinde gehabt.«
    »Fährst du ins Büro?«
    »Nein«, sagte er. »Ich kümmere mich morgen darum.«
    Sie schloß die Augen und versuchte wieder zu schlafen, aber das gelang ihr nicht. Irgend etwas an Michaels Tonfall war beunruhigend gewesen. Monica hat viele Feinde gehabt. Und du hast dazugehört, dachte sie.
    Irgendwann vor Tagesanbruch verließ er ihr Bett. Als er lange nicht zurückkam, stand Elizabeth ebenfalls auf und ging nach unten. Sie fand ihn im Wohnzimmer, wo er an der Terrassentür stand und in den im Dämmerlicht liegenden Garten hinausstarrte.
    »Alles in Ordnung mit dir?« fragte sie leise.
    »Mir geht's gut«, sagte er, ohne sich umzudrehen.
    »Gibt's irgendwas, über das du reden möchtest?«
    »Nein, Elizabeth«, antwortete er. »Ich wollte nur in Ruhe nachdenken.«
    »Michael, wenn du ...«
    »Ich habe bereits gesagt, daß ich nicht darüber reden kann, Elizabeth. Hör also bitte damit auf.«
    Er wandte sich von der Terrassentür ab und ging wortlos an ihr vorbei.
    Elizabeth sah, daß sein Gesicht aschfahl war.
    Die Sommerkonferenz der Gesellschaft für internationale Entwicklung und Zusammenarbeit fand dieses Jahr auf einem schloßartigen Landsitz an einem See hoch in den Bergen der neuseeländischen Südinsel statt. Der

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