Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Botschafter

Der Botschafter

Titel: Der Botschafter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
Vom Netzwerk:
im Mittelmeerraum. Beim dritten Treffen sind wir uns einig geworden, und ich bin der Gesellschaft für internationale Entwicklung und Zusammenarbeit beigetreten.
    Die Tentakeln der Gesellschaft reichen sehr weit. Sie ist in globalem Maßstab in Geheimunternehmen verwickelt. Ich habe sofort begonnen, Informationen über ihre Mitglieder und Unternehmen zu sammeln. Dieses Material ist zum Teil von der Agency ›gewaschen‹ worden, und wir haben entsprechende Abwehrmaßnahmen ergriffen. In anderen Fällen haben wir es für unumgänglich gehalten, Unternehmen der Gesellschaft weiterlaufen zu lassen, weil prompte Gegenmaßna hmen meine Stellung innerhalb der Gesellschaft hätten gefährden können.«

    Michael beobachtete Monica, während sie sprach. Sie wirkte ruhig, gefaßt und völlig rational, als verlese sie auf einer Aktionärsversammlung eine vorbereitete Erklärung. Er empfand Hochachtung vor ihr; sie war eine begnadete Lügnerin.
    »Wer ist der Direktor?« fragte Michael.
    »Das weiß ich nicht, und ich vermute, daß Delaroche es auch nicht weiß.«
    »Haben Sie gewußt, daß er im Auftrag der Gesellschaft meinen Schwiegervater ermorden sollte?«
    »Aber natürlich, Michael«, sagte sie und kniff verächtlich die Augen zusammen.
    »Was sollte dann der ganze Zauber neulich beim Mittagessen? Warum haben Sie mir die Zuständigkeit für den Fall Oktober entzogen?«
    »Weil der Direktor mich dazu aufgefordert hat«, antwortete sie ausdruckslos, um dann hinzuzufügen: »Ich will's Ihnen erklären, Michael. Er hat geglaubt, Delaroche könne seinen Auftrag leichter ausführen, wenn Sie nicht mehr mit seinem Fall befaßt seien. Also habe ich Sie abgelöst und zugleich unauffällig Maßnahmen ergriffen, um die Sicherheit Ihres Schwiegervaters zu garantieren. Leider sind diese Maßnahmen nicht erfolgreich gewesen.«
    »Warum ist er in Washington nicht unter verstärkten Schutz gestellt worden?«
    »Weil der Direktor mir versichert hat, Delaroche werde nicht auf amerikanischem Boden operieren.«
    »Warum haben Sie mich nicht eingeweiht?«
    »Weil wir nicht wollten, daß Sie durch unüberlegtes Handeln den Erfolg unseres Unternehmens gefährden. Unser Ziel war, Delaroche aus seinem Versteck zu locken, um ihn endgültig beseitigen zu können - ihn gewissermaßen vom Markt zu nehmen. Wir wollten verhindern, daß Sie ihn abschrecken, indem Sie Ihren Schwiegervater in einen Tresor sperren und den Schlüssel wegwerfen.«
    Michael sah zu Delaroche hinüber, der energisch den Kopf schüttelte.
    »Sie lügt«, stellte er fest. »Der Direktor hat mir in den USA alles zur Verfügung gestellt: Fahrzeug, Waffen, alles. Er hat entschieden, dieses Attentat in Washington ausführen zu lassen, weil er wußte, daß Botschafter Cannon dort verwundbarer sein würde als in London. Um die Wirkung auf den Friedensprozeß zu verstärken, sollte es mit der Nordirlandkonferenz zusammenfallen.« Er machte eine kurze Pause, sah zu Monica hinüber und wandte sich dann wieder an Michael. »Sie lügt sehr gut, aber sie lügt.«
    Monica ignorierte ihn geflissentlich.
    »Deswegen wollten wir Delaroche nicht einfach nur verhaften, Michael. Weil er lügen würde. Weil er Geschichten erfinden würde. Weil er alles mögliche behaupten würde, nur um seine Haut zu retten.« Sie sah rasch zu Delaroche hinüber, bevor sie sich wieder auf Michael konzentrierte. »Und das Problem ist, daß Sie ihm glauben. Wir wollten ihn eliminieren, weil wir befürchtet haben, im Fall einer Verhaftung werde er zu solchen Tricks greifen.«
    »Das sind keine Tricks«, widersprach Delaroche. »Das ist die Wahrheit.«
    »Sie hätten Ihre Rolle besser spielen sollen, Michael. Sie hätten sich einfach für den Mord an Sarah Randolph rächen und ihn umlegen sollen. Aber jetzt haben Sie alle reingeritten - die Agency und sich selbst.«
    Monica stand auf, um zu signalisieren, daß das Gespräch beendet war.
    »Wenn die Sache für Sie damit erledigt ist, bleibt mir nichts anderes übrig, als mit meinem Verdacht zur Spionageabwehr und zum Bureau zu gehen«, erklärte Michael. »Dann verbringen Sie die beiden nächsten Jahre unter dem CIA-Äquivalent der chinesischen Wasserfolter. Und dann befaßt der Senat sich mit Ihnen. Allein die Anwaltshonorare werden Sie ruinieren. Sie erhalten niemals wieder ein staatliches Amt, und die gesamte Wall Street meidet Sie wie die Pest. Dann sind Sie erledigt, Monica.«
    »Sie haben keine Beweise, und niemand wird Ihnen glauben.«
    »Botschafter Cannons

Weitere Kostenlose Bücher