Der Bourne Befehl
den Kopf des Mannes in seine Armbeuge und brach ihm mit einem kräftigen Ruck das Genick.
Der Mann sank zu Boden, und Bourne wandte sich den beiden anderen Toten zu, um sie – einer Ahnung folgend – zu durchsuchen. In ihren Taschen fand er kolumbianische Pässe. Es war Roberto Corellos, der ihm das Todeskommando geschickt hatte. Er fragte sich, wie sie ihn hier in Damaskus aufgespürt hatten. Doch darum würde er sich später kümmern.
Er wollte schon durch das zertrümmerte Fenster klettern, machte aber noch einmal kehrt, um sich den Pickel zu holen. Über Glasscherben und die drei Toten eilte er zum Fenster, stieg die Feuerleiter hinunter und verschwand in der beginnenden Abenddämmerung.
Im jüdischen Viertel von Damaskus, einem Labyrinth von Gassen, die nicht nur von ihrem Alter, sondern auch von der Grausamkeit vergangener Zeiten gezeichnet waren, standen viele verlassene Häuser, die mit dicken Ketten und Vorhängeschlössern gesichert waren. Das ganze Viertel kündete vom Kummer und Leid der Menschen, die hier gelebt hatten – etwas, das Boris gut kannte.
Das Treffen mit Semid Abdul-Qahaar war erst für zehn Uhr abends angesetzt, doch Boris wollte sich schon einmal einen Überblick über die Gegend verschaffen, bevor er das versuchte, was der inzwischen tote Viktor Tscherkesow als unmöglich bezeichnet hatte. Während er durch die Straßen rund um die alte Synagoge wanderte, dachte er an das verlassene Grundstück, auf dem er die letzte Nacht verbracht hatte. Er hätte Tscherkesow leben lassen können, nachdem sein ehemaliger Chef all seine Geheimnisse ausgespuckt hatte, doch das wäre ziemlich dumm gewesen, eine Sentimentalität, die man sich in diesem Geschäft nicht erlauben konnte, wenn man überleben wollte. Wenn man sentimental wurde, war es besser, sich zur Ruhe zu setzen, was jedoch nicht viele taten. Iwan Wolkin war der beste Beweis dafür. Boris staunte immer noch darüber, wie der Alte alle getäuscht hatte. Auch er selbst hatte nicht daran gezweifelt, dass Iwan wirklich im Ruhestand war. Vielleicht lag es daran, dass Iwan stets offen und ehrlich gewesen war – eine Eigenschaft, die ihm das Vertrauen aller Mafiaclans gesichert hatte. Nie hatte er irgendjemandes Vertrauen missbraucht. Doch nun schien klar zu sein, dass er sie alle verraten hatte, indem er zur Domna gewechselt war.
Boris schüttelte den Kopf. Er würde nie verstehen, was Iwan und auch Tscherkesow bewogen hatte, sich gegen ihr Vaterland zu stellen.
Er hatte die alte Synagoge, in der sich Semid Abdul-Qahaar einquartiert hatte, dreimal umrundet und sich die Straßen des jüdischen Viertels gut eingeprägt. Sein Magen knurrte, doch er war so schmutzig und verschwitzt, dass er zuerst in ein Badehaus ging.
Er zahlte, hängte seine Kleider in ein Schließfach und warf einen Blick auf den Schlüssel, den Tscherkesow in der Münchner Moschee abgeholt hatte und den er in drei Stunden in Semid Abdul-Qahaars schmutzige Hand legen sollte. Er war aus Gold, ziemlich klein und von eigenartiger Form. Er sah sehr alt aus, und als Boris daran kratzte, löste sich die oberste Schicht, die Goldfarbe.
Er betrachtete den Schlüssel nun mit anderen Augen. Gold war weich, deshalb war es eigentlich nicht überraschend, dass der Schlüssel aus einem härteren Metall angefertigt war. Boris hatte vermutet, dass der Schlüssel aus Eisen sein könnte, mit einer äußeren Schicht aus Gold. Er drehte den Schlüssel zwischen den Fingern hin und her. Seine Form kam ihm irgendwie bekannt vor. Es war eher unwahrscheinlich, dass er ihn schon einmal gesehen hatte, und doch hätte er schwören können, dass es so war.
Während er nackt dastand, ein Handtuch um die Taille geschlungen, dachte er nach, wo er den Schlüssel schon einmal gesehen haben könnte. Vielleicht in einem Buch oder einer Zeitschrift, oder in einem Bericht des FSB-2. Doch es wollte ihm nicht einfallen.
Er verschloss das Schließfach mit einem altmodischen Schlüssel an einem roten Stoffband und tappte zur ersten der vielen Duschen, Dampfbäder und Massageräume. Wofür war dieser geheimnisvolle Schlüssel? Und was machte ihn so wertvoll, dass ihn Tscherkesow persönlich abliefern musste? Und warum ausgerechnet Tscherkesow? Die Domna und Semid Abdul-Qahaar verfügten doch bestimmt über eine große Zahl von zuverlässigen Agenten, die die Aufgabe hätten übernehmen können.
All diese Fragen schwirrten ihm im Kopf herum, während er duschte und anschließend ins Dampfbad weiterging. Er
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