Der Bourne Befehl
auch ein menschliches Element. Es waren Freunde wie Jason – auch wenn Jason nun der einzige war –, die dieses Leben erträglich machten. Einen Moment lang fragte er sich, wo Jason jetzt sein mochte. Doch für ihn spielte es keine Rolle; er war nicht in der Verfassung, ihm zu helfen. Außerdem arbeitete Jason am besten allein.
Boris seufzte und nahm einen Bissen von dem süßen Gebäck, ließ die dünnen Teigschichten und den Honig im Mund zergehen. Er wollte nicht wie Kapitän Ahab enden und nur noch an seine Rache denken. Er hatte sich zwar geschworen, Berija zu Fall zu bringen, doch das konnte er auch später noch einlösen, nicht hier und jetzt.
Ja , dachte er, Rache ist ein Gericht, das man am besten kalt serviert .
Bourne holte das Kabel und den Pickel hervor und befestigte das lange Seil am Griff. Er stand auf und entfernte sich einige Schritte von Rebekka. Sie befanden sich beide im Halbschatten eines kleinen Palmenhains. Vor ihnen lag die Westseite des Firmengebäudes von El-Gabal. An den Ecken des Firmengebäudes leuchteten helle Lichter, doch in der Mitte gab es einen schmalen Streifen, der unbeleuchtet blieb.
Als Bourne das Seil mit dem Pickel schwang, erkannte Rebekka, was er vorhatte. »Da sind vielleicht Sicherheitsleute auf dem Dach«, gab sie zu bedenken.
»Davon gehe ich aus«, antwortete Bourne, und sie sah ihn verblüfft an.
Bourne wartete, bis das Dröhnen der Trucks laut genug war, dann schleuderte er den Pickel hoch in die Luft und beobachtete, wie er im Dunkeln nach oben sauste und auf dem Dach landete. Falls der Pickel ein Geräusch verursachte, so wurde es von den Lastwagen übertönt. Er zog am Seil, bis der Pickel an der niedrigen Brüstung hängen blieb, schnallte sich den Matchbeutel auf den Rücken und begann an der dunklen Wand hochzuklettern.
Als er die Hälfte zurückgelegt hatte, griff Rebekka nach dem Seil und kletterte ebenfalls hinauf. Der Lärm der Lastwagen hatte nachgelassen, und sie lauschten umso angestrengter nach irgendwelchen Geräuschen. Bourne erreichte die Brüstung, hielt sich mit einer Hand fest und warf einen kurzen Blick auf das Dach. Zwei Wächter waren zu sehen. Der eine stand in der Mitte eines Kreises, der wie eine riesige Zielscheibe auf dem Flachdach aufgemalt war. Die Umrisse waren durch kleine blaue LED-Leuchten gekennzeichnet. Der zweite Wächter stand am anderen Ende des Dachs und blickte auf die wachsende Aktivität im Ladebereich hinunter.
Bourne schwang sich über die niedrige Mauer und kauerte sich auf den Boden. Wenige Augenblicke später war Rebekka bei ihm.
»Sie haben einen Hubschrauberlandeplatz hier oben«, flüsterte sie ihm ins Ohr. »Die Lichter sind an, das heißt, sie erwarten einen Hubschrauber.«
Er nickte. »Vermutlich will Abdul-Qahaar auf diesem Weg verschwinden.«
Auf einer Seite des Landeplatzes befand sich eine Luke mit einer Klapptür aus Glas. Der ideale Weg für einen raschen Aufbruch. Bourne gab Rebekka ein Zeichen, den Wächter am hinteren Ende zu übernehmen, während er selbst sich um den Mann auf dem Landeplatz kümmern würde.
Bourne nutzte die Deckung, die ihm Aufzuggehäuse, Wassertanks und Lüftungsanlagen boten, um sich Stück für Stück vorzuarbeiten. Hier war er noch relativ sicher; weitaus schwieriger war es, in den Lichtkreis der LEDs zu gelangen. Während er hinter dem Aufzuggehäuse hockte, nahm er einen Kieselstein und warf ihn gegen einen Wassertank etwa sechs Meter rechts von ihm.
Der Sicherheitsmann wandte sich augenblicklich der Geräuschquelle zu, nahm seine AK-47 von der Schulter und näherte sich vorsichtig der Stelle, an der der Stein gegen den Tank geprallt war. Er ging um den Behälter herum. Als der Mann ihm den Rücken zuwandte, sprintete Bourne auf ihn zu, packte ihn am Hals und brach ihm das Genick. Er legte den Toten auf den Boden und nahm ihm die automatische Waffe aus den Händen.
Als er zum anderen Ende des Dachs lief, sah er den zweiten Sicherheitsmann am Boden liegen, und Rebekka über ihm. Doch sie war nicht allein. Ein dritter Wächter schlich sich von hinten an. Bourne wollte keinen Schuss abgeben und lief zu ihr, doch als der Angreifer nur noch eine Armlänge von ihr entfernt war, wirbelte sie herum, schlug den Lauf seines Gewehrs zur Seite, rammte ihm die Faust in die Magengrube und packte ihn an der Kehle. Der Mann beugte sich zurück, um seine Waffe abzufeuern und die Wachposten im Ladebereich zu alarmieren. Rebekka musste ihn loslassen, um ihm die Waffe aus der Hand
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