Der Bourne Befehl
ich irgendwas für Sie tun?«
»Sie können sich wieder in den Wagen setzen.«
»Ja, Sir«, sagte Richards zögernd.
Hendricks blickte über die Schulter zurück und sah, wie Richards mit den Achseln zuckte, um seinen Kollegen zu signalisieren, dass er keine Ahnung hatte, was mit dem Chef los war. Hendricks wandte sich wieder seiner Arbeit zu und versuchte sich zu beruhigen, musste jedoch bestürzt feststellen, dass seine Hände zitterten. In dem Moment, als er Skaras Businesskarte genommen und die aufgedruckte Rose betrachtet hatte, war ihm klar gewesen, dass sie die Karte für ihn hinterlassen hatte. Nur er würde die Bedeutung der Rose verstehen.
»Meine letzte Reise.«
Er hatte schreckliche Angst, Skara könnte etwas Unüberlegtes tun. Er konnte sich zwar nicht vorstellen, dass sie sich das Leben nahm – aber wie viel wusste er denn schon von ihr? Andererseits hatte er das Gefühl, sie schon sein ganzes Leben zu kennen. Es war ihm ein Rätsel, wie jemand so schnell zu einem unverzichtbaren Bestandteil seines Lebens werden konnte. Sie hatte sein Innerstes berührt, und jetzt trug er sie in seinem Herzen, ob er wollte oder nicht. Ihr plötzliches Verschwinden machte ihm nur noch deutlicher bewusst, wie viel sie ihm bedeutete.
»Meine letzte Reise.«
Wollte sie irgendetwas Schreckliches tun, einen letzten, verzweifelten Schritt am Ende des Weges? Der Gedanke war für ihn unerträglich.
»Meine letzte Reise.«
Er war fest überzeugt, dass sie ihm einen Hinweis auf ihre Absichten hinterlassen hatte, weil sie wollte, dass er sie zurückhielt. Er wünschte sich so sehr, dass sie das Gleiche für ihn empfand wie er für sie. Hatte sie das nicht auch auf der DVD gesagt? Doch er argwöhnte, dass das nur Show war und sie nicht wirklich verriet, wie es in ihrem Herzen aussah. Und jetzt würde er es vielleicht nie erfahren, weil ihr Leben in wenigen Tagen oder auch nur Stunden erlöschen würde wie die Flamme einer Kerze.
Seine zitternden Hände waren voller Erde, während er sich systematisch von der linken Seite des Rosengartens nach rechts arbeitete. Bei jeder Rose grub er die Finger in die Erde, in der Hoffnung, etwas zu finden, das sie für ihn vergraben hatte. Er kam zur letzten Rose und wühlte in der Erde, wieder vergeblich.
Er setzte sich auf den Boden, die Handgelenke auf den Knien, und starrte die Blumen an. Er liebte seine Rosen, ihre Farben und Düfte, doch jetzt sah er nur noch die Dornen. Vielleicht war die Rose doch nur eine Rose und hatte nichts zu bedeuten. Er wollte es nicht glauben, doch er hatte keine Wahl, weil es nichts anderes mehr zu glauben gab.
Bittere Tränen stiegen ihm in die Augen, und er barg sein Gesicht in Scham und Verzweiflung in seinen schmutzigen Händen.
Boris war nirgends zu finden. Bourne sah nach den Toten, doch es war weder Boris unter ihnen, wofür er zutiefst dankbar war, noch der Chef des SWR, Konstantin Berija. Er fragte sich kurz, ob sie die Synagoge verlassen hatten, doch er musste sich um seine eigenen Angelegenheiten kümmern.
»Ich bin seit drei Jahren hinter Semid Abdul-Qahaar her«, sagte Rebekka, während sie das Gebäude auf demselben Weg verließen, auf dem sie es betreten hatten. »Er hat ein halbes Dutzend Doppelgänger, die wie er aussehen und sprechen. Oft treten sie an seiner Stelle in der Öffentlichkeit auf. Semid Abdul-Qahaar selbst zeigt sich vor allem in den Botschaften, die seine Leute regelmäßig von ihm aufnehmen und an Al-Dschasira schicken. Ich habe diese Botschaften eingehend studiert und weiß, wie der echte Abdul-Qahaar aussieht. Außer seinen engsten Mitarbeitern weiß das sonst keiner so genau.«
Dass der Mann über eigene Doppelgänger verfügte, änderte Bournes Pläne radikal. Er glaubte immer noch, dass sich Abdul-Qahaar in Damaskus aufhielt – aber nicht in der Synagoge, sondern wahrscheinlich in der Zentrale von El-Gabal. Deshalb musste man davon ausgehen, dass die Planungen für einen Terroranschlag abgeschlossen waren und die Operationsphase begonnen hatte. Ihm blieb also nur noch wenig Zeit, um die SIM-Karten an den Kisten anzubringen und die zwölf Sprengsätze zu zünden, die Don Fernando in der Waffenlieferung versteckt hatte.
Er wollte eigentlich allein in die Firmenzentrale eindringen, doch jetzt erkannte er, dass es wichtig war, Rebekka an seiner Seite zu haben, weil nur sie Semid Abdul-Qahaar erkennen würde. Wenn er sich wirklich dort aufhielt, würde sich Bourne die Gelegenheit, ihn zu töten, nicht entgehen
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