Der Brand der Cheopspyramide
Zerstreuungen und Unterhaltungen aller Art über die Trennung hinwegzuhelfen.
Prinz Ahmed Fuad, der Regent, kam öfters in das Haus des Gouverneurs. Hier sah er Modeste das erstemal. Tief war der Eindruck, den Modestes taufrische Jugend, in blonder Schönheit blühend, auf den maurischen Fürsten machte. Tief die Leidenschaft, die das Blut des reifen Mannes entflammte. Immer häufiger wurden die Besuche des Prinzen, so häufig bald, daß ihre Ursache dem Fürstenpaar nicht länger verborgen bleiben konnte. Auch in der Gesellschaft huldigte der Prinz der jungen Baronin in solcher Weise, daß es vielen auffiel.
Modeste, betäubt und berauscht von dem glänzenden Leben dieser Hofkreise, in das sie so plötzlich getreten war, ließ sich seine Huldigungen ahnungslos gefallen. Die vornehme, unaufdringliche Art, in der Prinz Ahmed sie mit den Beweisen seiner Ergebenheit umgab, schmeichelte ihr.
Erst allmählich gelang es ihr, den klaren Blick wiederzugewinnen. Mit Erschrecken hatte sie wahrgenommen, daß die Worte und Blicke des Prinzen mehr bedeuteten als die üblichen Huldigungen des galanten Kavaliers. Was sollte sie tun? Sich der Fürstin Iraklis anvertrauen, diese um Rat fragen? Sie ließ den Gedanken bald wieder fallen.
So ganz anders stand sie ja der Familie des Gouverneurs gegenüber als Jolanthe, die durch enge Blutsverwandtschaft mit dem Fürsten Iraklis verbunden war. Ihr wollte es nicht gelingen, ein wärmeres Gefühl für die Fürstin zu fassen. Zu vieles schied sie innerlich von der Frau, die auf Seiten der Gegner des europäischen Vaterlandes stand.
Gegner des Vaterlandes? Modeste begann in diesen Wochen, da Jolanthe in London weilte, über die Verhältnisse nachzudenken. Fürst Murad, der rechte Oheim Jolanthes, der Eroberer Spaniens, das Schwert des Kalifen. Jolanthe, die Schwester? Fühlte die noch für das europäische Vaterland, oder stand ihr Herz auf der Seite der maurischen Eroberer?
Modeste erschrak bei dem Gedanken. Sie fühlte, daß sie hier allein stand, ihre Sache allein auskämpfen mußte. Bis die Schwester wiederkam, bis sie dies Land verlassen, nach Europa zurückkehren konnte. Zurück, wenn es sein mußte, selbst in die enge Stille des Tirsenhofes.
Sie nahm sich vor, sich dem Prinzen gegenüber so reserviert wie möglich zu verhalten, seine Nähe, so gut es ging, überhaupt zu meiden. Und erreichte damit doch nur das Gegenteil. Mehr denn je bemühte er sich jetzt um sie und zeichnete sie vor aller Welt in einer Weise aus, daß kein Zweifel an seinen Gefühlen bestehen konnte. Jetzt wieder, als der Prinz so auffällig lange bei ihr verweilte, glaubte sie zu spüren, wie die Blicke der Gesellschaft auf ihr brannten, glaubte das Geflüster zu hören, das von Mund zu Mund durch den Saal ging.
Da brandeten die Wellen der Musik durch den weiten Raum. Eine tiefe Verbeugung des Prinzen. Er reichte Modeste den Arm und eröffnete mit ihr den Ball. Röte und Blässe wechselten in ihren Zügen. Schwankend ging sie an seiner Seite. Fast körperlich glaubte sie jetzt die Blicke der Gäste zu fühlen. Diese Auszeichnung vor den Augen der Hofgesellschaft. Kaum, daß sie Kräfte fand, die freundlichen Worte, die der Prinz zu ihr sprach, zu erwidern.
Erlöst atmete sie auf, als der Rundgang beendet war und der Prinz sie zu dem Fürstenpaar zurückführte. Wie hilfesuchend wollte sie sich an den Arm des Fürsten hängen, doch die erhobene Hand fiel zurück, als sie das strahlende, vielsagende Lächeln in deren Mienen sah. Hier war es vergeblich, Beistand zu suchen. Alleinsein der einzige Wunsch.
Mit unsicheren, zitternden Gliedern gelang es ihr, sich aus dem Gedränge der Gäste zu entfernen. In einer Ecke des großen Wintergartens sank sie erschöpft auf eine Bank nieder. Die Stille, die kühle Luft hier beruhigten sie. Allmählich gelang es ihr, ihre Selbstbeherrschung wiederzugewinnen. Sie wollte sich erheben, in den Saal zurückkehren, da stand der Prinz vor ihr.
»Verzeihung, Baronin… Ihr Entfernen… Sie fühlen sich nicht wohl?… Ich bin besorgt.« Er blickte in ein farbloses Antlitz, das sich abzuwenden versuchte. Wie abwehrend hob Modeste die Hand. Der Prinz ergriff sie, hielt sie fest.
»Baronin… Modeste, ich glaubte Ihr Vertrauen zu besitzen… ich fühle, daß Ihre Freundlichkeit gegen mich geringer… habe ich Sie gekränkt?«
»Nein, ich fühle mich nicht gekränkt… ich wüßte auch nicht, daß ich mich irgendwie geändert hätte.«
»O doch! Sie sind ganz anders in der
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