Der Brander
regelmäßigen Einzelfeuer zugewandt, das jetzt aus der Bordwand des Fremden schoß und mit gelbroten Feuerzungen nach ihnen leckte, gefolgt von dick heranrollenden Rauchbänken. In der nächsten Sekunde krachte ein Eisenhagel mit infernalischer Gewalt in Rumpf und Rigg der Fregatte, mähte Männer um, zerfetzte Spieren und Taue, riß Löcher in die schlagenden Segel und – was am schlimmsten war – fuhr wie ein Sensenhieb vom Heck aus durch die ganze Länge des Batteriedecks, alles in blutiges Chaos verwandelnd.
Duncan krallte die Fäuste in die Webeleinen und schrie wie ein verwundeter Stier, als eine Kugel auf dem Achterdeck eine Kanone umriß und über die splitternden Planken weiterpflügte, eine Spur aus Blut und Leichen hinter sich herziehend.
Er spürte einen Schlag gegen seine Hüfte wie von einer Axt, und als er hinblickte, pulsierte Blut in breitem Strom an seinem Bein hinunter; dann kam der Schmerz, und er hörte sich aufstöhnen in Todesnot.
Ein gewaltiger Schatten glitt über ihn hinweg: der Besanmast, der mit Donnergetöse umstürzte und seine ganze Takelage mit allen Männern darin über Bord ins Verderben riß.
Wieder bockte der Rumpf und bäumte sich auf unter den Einschlägen einer feindlichen Breitseite. Duncan mußte sich an die Finknetze klammern, um nicht zu stürzen. Der Feind war ihrer Drehbewegung gefolgt, seine oberen Segel blähten sich über dem Rauch wie die Schwingen des Todesengels. Er feuerte pausenlos weiter, und immer noch war auf
Sparrowhawk
nicht eine einzige Kanone geladen. Das Deck war übersät mit Toten und Sterbenden, und als Duncans Blick auf das Ruder fiel, sah er, daß das große Rad gesplittert war; zu seinen Füßen lagen zerschmettert der Master und seine beiden Rudergänger.
»Mr. Palmer!«
Aber Duncans Schrei war nur ein Krächzen. Sein Erster Offizier kniete neben der Reling; den Mund in lautlosem Brüllen weit aufgerissen, starrte er auf seine beiden Hände nieder, die wie abgestreifte Handschuhe vor ihm lagen.
Bei den Einschlägen der nächsten Salve sank auch Duncan auf die Planken. Er hörte die Kugeln unten durch die Schottwände krachen und sah aus einer offenen Luke Rauch emporkräuseln. Die
Sparrowhawk
brannte.
Er versuchte wieder aufzustehen, Wut und Verzweiflung weckten seine letzten Kräfte. Über und über blutbedeckt, war er ein schrecklicher Anblick. Doch er fühlte, wie das Blut alle Kraft aus seinem Körper schwemmte; es gerann auf den Planken zu den gräßlichen Mustern, die schon das ganze Deck überzogen.
»Ich helfe Ihnen, Sir!«
Duncan legte dem Jungen einen Arm um die Schultern. Es war nur der kleine Evans, aber sein Anblick richtete den Kommandanten etwas auf.
Er keuchte: »Bin fertig, Junge. Sieh nach den anderen.« Er spürte den Kadetten unter seinem Griff zusammenfahren und sah die nackte Angst in seinen Augen. Da packte er ihn noch fester mit seiner blutigen Faust. »Halte durch mein Sohn, jetzt bist du ein Offizier. Zeig’s ihnen…« Und damit stürzte Duncan abermals, aber diesmal stand er nicht mehr auf.
Eine Handvoll Seeleute und Soldaten kam nach achtern gerannt und hätte sich über Bord gestürzt, wäre der dreizehnjährige Seekadett ihnen nicht entgegengetreten.
Er schrie: »Setzt das Boot aus! Bootsmann, übernehmen Sie das!« Als ihn einer der Fliehenden beiseitestieß, griff er sich eine Pistole und feuerte in die Luft. Noch einen Augenblick starrten sie einander an wie Irre, und dann gewann die Disziplin die Oberhand. Sie warfen ihre Waffen weg und rannten zu dem Boot, um es zu Wasser zu lassen.
Immer noch schlugen vereinzelt Kugeln in den Rumpf, doch
Sparrowhawk
hatte keine Widerstandskraft mehr. Sie lag schon tief im Wasser, die See schwappte bereits im Orlopdeck und stieg schnell höher; blank glitzerte Wasser am Fuß der Niedergangstreppe.
Evans rannte zu seinem Freund, dem Signalfähnrich, aber der war schon tot. In seiner Brust klaffte eine Wunde, so groß wie eine Männerfaust. Vorsichtig richtete Evans sich auf. Seine Füße glitten in den Blutlachen aus, als das Heck sich aus der See hob.
Er glaubte, eines der anderen Boote in der Nähe zu hören und die Stimme des Dritten Offiziers, der Überlebende zusammenrief und Ordnung herzustellen versuchte.
Noch einmal blickte Evans auf seinen toten Kommandanten nieder, den Mann, den er gefürchtet und bewundert hatte. Jetzt war er ein Nichts, und das verstörte Evans; er fühlte sich betrogen.
Ein vierschrötiger Marinesoldat hastete vorbei, einen
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