Der Brandstifter
für den nächsten Mord bereits lief.
Ich deutete auf den Stadtplan. » Finden Sie, dass wir vorankommen?«
» Nicht direkt. Heute hab ich mir von einer Kriminalpsychologin erzählen lassen müssen, dass unser Mörder Frauen hasst. Nicht unbedingt ein Riesenschritt vorwärts, finde ich. Hätte ich mir zur Not auch selber denken können.«
» Ich habe gehört, dass für das Wochenende eine verdeckte Operation geplant ist. Ist das hier das Gebiet, in dem die VE s unterwegs sein werden?« Auf der Karte war eine rote Linie eingezeichnet, die quer durch Lambeth ging, die Walworth Road entlang bis hinunter zum Camberwell Green, dann über die Stockwell Road bis Nine Elms verlief und schließlich dem Albert Embankment am Fluss wieder nach oben folgte.
» Ja richtig, das ist das Gebiet. Gemäß seinem Geoprofiling befindet sich dort das Territorium, das der Täter vermutlich für sich beansprucht. Die Psychologin glaubt, dass er zu Fuß unterwegs ist, weil die Leichen jeweils nicht weit von der Gegend abgelegt waren, die sie nach unserer Information durchquert hatten. Das grenzt den Bereich etwas ein. Und offensichtlich fühlt er sich in dieser Ecke sicher. Vermutlich wohnt er dort. Wir haben Kolleginnen von der Sitte als Lockvögel angefordert.«
Die waren dafür ausgebildet, wobei ich ziemlich froh war, das nicht zu sein. Dieser Bereich der Polizeiarbeit hatte mich noch nie gereizt– vor allem dann nicht, wenn man dafür in gewagten Klamotten an Straßenecken rumstehen und versuchen musste, verlockend auszusehen.
Godley wirkte finster. » Wir müssen es versuchen, obwohl ich es ehrlich gesagt für unwahrscheinlich halte, ihn damit zu finden. Das ist nur so ziemlich das Einzige, was uns noch übrig bleibt.«
» Er ist verdammt clever«, sagte ich leise und zuckte zusammen, als der Chief Superintendent mir einen strafenden Blick zuwarf.
» Er hat verdammt viel Glück, das ist alles. Ich dachte, ich hätte deutlich genug gesagt, dass bloß keiner denken soll, dieser Serienmörder sei irgendwas anderes als ein egoistischer, perverser Typ, der impulsiv und gewalttätig handelt und nur außerordentlich großes Glück hatte, dass ihn keiner bei seinen Verbrechen beobachtet hat. Wenn wir wüssten, wie er es schafft, dass sie ihm vertrauen, hätten wir ihn längst verhaftet. Das ist aber auch schon das Einzige, was bemerkenswert an ihm ist. Wir jagen hier bestimmt keinen Meisterverbrecher.«
Ich murmelte kleinlaut etwas vor mich hin und kam mir ziemlich blöd vor. Godley hasste es, dass die Medien unserem Mörder einen Spitznamen verpasst hatten. Das machte ihn quasi zu einem Prominenten, verhalf ihm zu fragwürdiger Bekanntheit und verschaffte ihm die Aufnahme in den exklusiven Klub der Mörder, deren Verbrechen einen zweifelhaften Ruhm erlangt hatten. Genau das war es, was der Mörder wollte. Und das war nach Ansicht des Chief Superintendent höchst gefährlich.
Godley war schon wieder in die Betrachtung des Stadtplans vertieft. Mehr zu sich selbst murmelte er: » Wir müssen dahinterkommen, wie er das anstellt. Was immer es ist– er hat es ziemlich gut im Griff.« Er grinste mich von der Seite an, was mein Herz ein kleines bisschen flattern ließ. Ich konnte nicht verleugnen, dass ich ziemlich viel übrig hatte für meinen Chef, auch wenn ich das nie zugeben würde. » Vielleicht ist er ja cleverer als wir.«
» Das bezweifle ich. Wir werden ihn kriegen«, sagte ich aus tiefster Überzeugung, so als wäre das allein schon genug.
» Wollten Sie mir nicht erzählen, was Sie über Rebecca Haworth in Erfahrung gebracht haben?«
Ich zauderte. » Da gibt es jede Menge zu berichten– das kann eine Weile dauern. Wenn Sie lieber erst mal Feierabend machen wollen, kann das auch noch bis morgen warten.«
» Ich möchte es gleich hören.« Er setzte sich und wies auf einen Stuhl ihm gegenüber. » Also los. Helfen Sie mir auf die Sprünge. Inzwischen kennen Sie doch sicher die wahre Rebecca.«
Darüber dachte ich kurz nach, ehe ich ihm antwortete. Tagelang hatte ich jetzt Leuten zugehört, die von Rebecca Haworth berichteten, aber allmählich fand ich mich damit ab, dass ich sie wohl nie vollkommen verstehen würde. Was mir die, die sie gekannt und geliebt hatten, geschildert hatten, entsprach eigentlich nur der Vorstellung, die sich jeder Einzelne von ihr gemacht hatte. Jeder kannte ein anderes Bild von Rebecca und hielt dies für das wahre.
» Ich glaube, die Wahrheit über Rebecca ist, dass nicht einmal sie selbst
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