Der Brandstifter
Pilzrisotto. Ein bezauberndes Grapefruit-Sorbet im geeisten Schälchen. Zartestes roséfarbenes Rindfleisch in einer kräftigen dunklen Sauce an federleichtem Kartoffelpüree. Ein Wirbel von Vanille-Mousse in einem Meer von Bitterschokolade. Sonnengelbe Zitronentarte mit prallen Himbeeren.
Ich aß mit echtem Vergnügen und vergaß darüber meine Nervosität. Ich vergaß auch, dass ich ansonsten in Gils Gegenwart immer unsicher war– ebenso wie den Grund dafür. Er sagte nicht viel, und immer wenn ich aufsah, ruhte sein Blick auf mir. Es kam mir so vor, als versuchte er etwas– vermutlich über mich– herauszufinden, und ich hinderte ihn nicht daran.
Als wir beim Kaffee angelangt waren, der tiefschwarz mit rehbraunem Schaum in winzigen Tässchen serviert wurde, fragte ich ihn: » Bist du jemals mit Rebecca hier gewesen?«
» Was?«
» Offenbar warst du ja schon öfter hier. Ich hab mich nur gerade gefragt, ob du sie auch hierher ausgeführt hast.«
» Zufälligerweise nein.« Er lehnte sich zurück und spielte mit dem Kaffeelöffel. » Warum? Spielt das eine Rolle?«
Ich lachte. » Es wäre sinnlos, dir vorzumachen, dass ich nicht an sie denken muss. Immerhin würden wir ohne sie nicht zusammen hier sitzen.«
» Menschen lernen sich auf ganz verschiedene Weise kennen. Ich würde ihre Rolle in unserem Fall nicht überbewerten.« Er wandte seinen Blick ab und sah sich neugierig im Raum um, als hätte er das Interesse an unserer Unterhaltung verloren.
» Jetzt machst du es dir aber ein bisschen zu einfach. Sie hat uns ja nicht auf einer Party miteinander bekannt gemacht oder so. Außerdem möchte ich über sie reden.«
» Was gibt es denn über sie zu sagen?«
» Du könntest mir zum Beispiel erklären, was du damit gemeint hast, dass ich dich schon immer fasziniert hätte und du angeblich deshalb immer so ekelhaft zu mir warst.« Ich spürte meinen Puls am Hals, trank einen Schluck Wasser und konzentrierte mich darauf, das Zittern meiner Hände zu unterdrücken.
» Ekelhaft ist nicht gerade der richtige Ausdruck«, widersprach er. » Ich habe einfach nicht sehr viel mit dir geredet. Aber das hatte keinen geheimnisvollen Hintergrund. Du warst ja auch nicht eben zugänglich. Und ich konnte schließlich nicht von Bex zu dir überwechseln. Das wäre für dich doch überhaupt nicht infrage gekommen.«
» Aber jetzt, da sie tot ist…«
» Dadurch hatte ich halt einen Vorwand, mit dir Kontakt aufzunehmen. Das ist alles.«
Ich schüttelte den Kopf. » Das nehme ich dir nicht ab. Tut mir leid.«
» Und wieso nicht?«
» Weil mich nie jemand wahrgenommen hat, wenn Rebecca dabei war«, sagte ich geradeheraus und ohne jedes Selbstmitleid.
» Wie dumm von den Leuten.« Wieder musterte er mich. » Dann haben sie offenbar nicht das gesehen, was ich sehe.«
» Und das wäre?«
» Vielversprechendes.« Er beugte sich vor. » Du bist wunderschön, Louise. Wirklich und wahrhaftig wunderschön. Vor allem seit du dich nicht mehr hinter deiner Freundin versteckst. Rebecca war hübsch und humorvoll, aber eigentlich ziemlich langweilig. Dir ist das wahrscheinlich nicht aufgefallen, weil du sie so sehr verehrt hast. Aber als wir uns getrennt haben, konnte ich sie einfach nicht mehr ertragen.«
» Du stellst ziemlich hohe Ansprüche, finde ich.«
» Ach, ich hatte einfach die Nase voll davon, dass sie mir ständig alles recht machen wollte. An dir mag ich besonders deine Unabhängigkeit. Du hast es nicht nötig, gemocht zu werden. Du gehst einfach deinen eigenen Weg.«
Ich lachte. » Die Katze, die für sich blieb.«
» Katzen mag ich besonders.« Er ergriff meine Hand, und ich überließ sie ihm.
Es war höchste Zeit, dass ich der Stimme der Vernunft in meinem Hinterkopf Gehör schenkte, die mich immer eindringlicher warnte, dass ich jetzt genug Spaß gehabt hatte und Gil Maddick tunlichst nicht wiedersehen sollte. Und das wäre mir vermutlich auch gelungen, wenn er nicht meine Hand gehalten hätte. Seine Haut so unmittelbar zu spüren ließ mich vor Verlangen nach ihm erschauern, und dagegen konnte alle Vernunft nichts ausrichten.
10
Maeve
Ich saß an meinem Schreibtisch wie die Katze vor dem Mauseloch und wartete, dass der Chief Superintendent von der täglichen Pressekonferenz zurückkam. Lieber wäre es mir gewesen, noch davor mit ihm sprechen zu können. Die laufende Pressekonferenz bestand wahrscheinlich zum großen Teil aus den provokanten Fragen von Journalisten, die ihre Weisheit über Mordermittlungen
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