Der Brandstifter
aus TV -Krimiserien wie Heißer Verdacht bezogen und partout nicht verstehen konnten, wieso wir den Mörder denn immer noch nicht erwischt hatten. Godley legte viel Wert auf eine gute Kommunikation und vor allem auch darauf, die Öffentlichkeit auf dem Laufenden zu halten. Deshalb machte er den ganzen Zirkus mit, was aber nicht hieß, dass er es gern tat.
Mit großen Schritten und Judd im Schlepptau kam er in die Einsatzzentrale zurück. Ihr identischer Gesichtsausdruck sagte mir, dass es nicht gut gelaufen war. Ich zögerte kurz, aber dann stürzte ich zu ihm hin. Jetzt oder nie.
» Sir, dürfte ich Sie kurz zu Rebecca Haworth sprechen?«
Sie hatten sich beide gerade in die große Pinnwand vertieft, die eine ganze Wand seines Büros einnahm. Darauf war die makabre Galerie der Opfer zu sehen und daneben ein riesiger Stadtplan, auf dem mit schwarzen Kreuzen die jeweiligen Fundstellen markiert waren. Datum, Name, Ort– alles sauber beschriftet, als ob man nur Ordnung in die Ereignisse bringen musste, um das uns allen bisher verborgen gebliebene Schema zu entdecken, mit dem sich vorhersagen ließ, wann und wo der Mörder in die Falle gehen würde. Godley drehte sich um und hob die Augenbrauen.
» Jetzt gleich, Maeve?«
» Wenn Sie nichts dagegen haben?«
» Dann schießen Sie mal los.«
Judd ließ sich auf einen Stuhl neben Godleys Schreibtisch fallen, als wollte er unmissverständlich klarmachen, dass er nicht die Absicht hatte, den Raum zu verlassen. Ich räusperte mich.
» Also, ich glaube einfach, dass wir bei diesem Opfer zu Recht skeptisch sind. Es sind in ihrem Leben einige merkwürdige Dinge vorgefallen. Und ich bin auf ein paar Gründe gestoßen, die manchem durchaus Anlass gegeben haben könnten, sich ihren Tod herbeizuwünschen. Wenn man noch dazu die Abweichungen im Tatmuster des Mörders berücksichtigt, bin ich tatsächlich geneigt anzunehmen, dass wir es hier mit einem Trittbrettfahrer zu tun haben.«
» Jetzt hören Sie aber auf«, fuhr Judd scharf dazwischen. » Sie wollen sich doch nur wichtigmachen, DC Kerrigan, aber bitte bedenken Sie dabei, dass Sie den ganzen Fall gefährden könnten, wenn es zum Prozess kommt.«
Ich fühlte, wie ich rot wurde. » Glauben Sie mir, dass mir nichts lieber wäre, als zu belegen, dass auch Rebecca auf das Konto des Serienmörders geht.«
» Wir dürfen keine Indizien außer Acht lassen«, gab Godley zu bedenken. » Auch wenn sie uns nicht in den Kram passen, müssen wir ihnen nachgehen und sehen, wohin sie uns führen.«
Judd wandte sich direkt an seinen Chef. » Falls sie tatsächlich Recht hat und das ein eigenständiger Fall ist, sollten Sie ihn zumindest einem anderen Ermittlungsteam übergeben, damit wir nicht von den laufenden Arbeiten abgelenkt werden.«
Godley schüttelte den Kopf. » Ich möchte ihn lieber bei uns behalten. Ich will keine unnötige Aufmerksamkeit darauf lenken, damit uns die Medien nicht gleich wieder zerfleischen. Davon abgesehen könnte es uns auch weiterbringen, wenn dieser Mord unserem Täter zugeschrieben wird. Vielleicht ist er darüber so frustriert, dass er dann unbedingt beweisen muss, wie einzigartig er ist. Ich möchte bitte, dass wir weitermachen wie gehabt.«
Der Inspektor stand abrupt auf. » Also, ich sehe das anders.« Er sah mich an. » Aber Sie können gern weiter ganz nach Belieben Ihre Zeit verschwenden.«
Ich verkniff mir eine Antwort und schaffte es, mit meiner bissigen Bemerkung zu warten, bis er aus dem Zimmer war. Seine Weigerung, mich anderweitig einzusetzen, verletzte mich. Obwohl Rebeccas Vergangenheit mich gerade sehr in Anspruch nahm, war ich nicht so vertieft, dass mir die Vorbereitungen für eine verdeckte Operation entgangen waren, die in den folgenden beiden Nächten stattfinden sollte und an der ich gern teilnehmen wollte. Mir war völlig klar, wie aussichtslos das war, wenn Tom Judd als Einziger über die Einsatzpläne zu entscheiden hatte.
» Versuchen Sie, sich wegen Tom keine Gedanken zu machen. Die Anspannung geht ihm manchmal ganz schön an die Nieren. Besonders, wenn wir nicht richtig vorankommen.«
Jetzt, da ich ihn aus der Nähe sah, fiel mir auf, wie erschöpft der Chief Superintendent aussah. Seine Augen waren rot gerändert, und die blaugrauen Schatten darunter wirkten schon fast wie Blutergüsse. Außerdem saß sein Hemdkragen sehr locker– er hatte abgenommen. Aber die Gelegenheiten, direkt mit ihm zu sprechen, waren selten genug, da das gesamte Team wusste, dass der Countdown
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