Der Brandstifter
zurück.
» Na komm schon, Frau Gutmensch, lass uns hier abhauen. Du brauchst dringend eine Pause und was zu essen. Du siehst nämlich verdammt fertig aus.«
» He, ich habe dich eigentlich als moralische Unterstützung engagiert, falls du das noch nicht wusstest.«
» Dienen ist mein Leben.« Er umfasste die Lehne meines Bürostuhls und drehte ihn in Richtung Tür. » Komm schon, aufstehen. Wir gehen jetzt was trinken und was Leckeres essen.«
Ich rührte mich nicht von der Stelle. » Ich gehe nirgendwohin. Ich habe mir fest vorgenommen, die Unterlagen zu den Fällen noch mal durchzusehen, sobald ich Zeit dazu habe.«
» O Mann.« Er fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. » Okay, ich geb’s auf. Von mir aus kannst du deinen Kram lesen. Aber auf gar keinen Fall hier. Das macht einen doch total depressiv. Ich nehme die Akten mit, und du fährst erst mal nach Hause. Ich bringe sie dann später bei dir vorbei, und wir gehen sie zusammen noch mal durch.«
» Spiel hier bloß nicht den Chef, ja? Ich fahre heim, wenn ich fertig bin mit Lesen und… Rob!«
Er hatte sich die vier Ordner schon auf den Arm geschaufelt und steuerte auf die Tür zu. » Schick mir deine Adresse per SMS . Und zu essen lieber indisch oder Thai?«
» Rob, lass gut sein. Das ist doch Unsinn.«
» Ja, du hast Recht, Pizza ist wahrscheinlich am besten. Pizza schmeckt eigentlich jedem.« Den letzten Satz rief er mir im Gehen zu und verschwand dann durch die Schwingtür der Einsatzzentrale. Ich blieb an meinem Platz zurück und war so sprachlos, dass ich den Mund nicht wieder zubekam. Ich war soeben komplett ausgebootet worden, geradezu gekapert. Und wie ich Rob kannte, blieb mir nichts anderes übrig als mitzuspielen, wenn ich meine Akten wiedersehen wollte. Und ehrlich gesagt war mir das auch gar nicht so unrecht. Die Idee klang sogar ziemlich gut.
Zumindest dachte ich das in diesem Moment.
Als ich zur Wohnungstür hereinkam, klingelte gerade das Telefon, aber ich konnte mich nicht überwinden hinzuspurten. Erschöpft schleppte ich mich die Treppe hoch, in der Hand Jacke und Schuhe, die ich am Eingang gleich ausgezogen hatte. Sämtliche Knochen taten mir weh, und ich fühlte mich wie eine Hundertjährige. Als ich oben ankam, sprang gerade der Anrufbeantworter an. Es ertönte die Stimme meiner Mutter, und ich versuchte, aus ihrem Tonfall herauszuhören, ob es ein echtes Problem gab oder sie nur wieder ihre übliche Schuldgefühlsmasche abspulte.
» Maeve. Ich hatte gehofft, dass ich dich erreiche. Ich wollte mal mit dir reden. Aber du bist ja nicht da.« Lange Pause. » Vielleicht rufst du mich mal zurück, wenn es dir passt.« Wieder Pause. » Es liegt nichts Wichtiges an. Wir haben nur schon länger nichts von dir gehört, da hat sich dein Vater Sorgen gemacht.«
Ich schnaufte genervt. Dad war nun wirklich der Letzte, der sich um mich sorgte.
» Ich habe neulich mit…« Piiiep.
Ich warf Jacke und Schuhe auf das Sofa im Wohnzimmer, nahm jedoch die Schuhe schnell wieder herunter und wischte schuldbewusst an den Schmutzflecken herum, die sie auf dem violetten Veloursleder hinterlassen hatten. Wer stellte sich denn auch ein Sofa mit einem lila Lederbezug in die Wohnung? Es war ungefähr zweieinhalb Meter lang und entsetzlich unbequem. Dafür war es sündhaft teuer gewesen, wie Ian mich wissen ließ, als ich einmal meinen Teebecher auf einer Armlehne abgestellt hatte und dieser einen ringförmigen Abdruck hinterließ. Mir wäre ein bequemes und durchgesessenes Exemplar erheblich lieber gewesen; eins, auf dem man vor dem Fernseher lümmeln und dabei Schokolade essen konnte. Eins, das man einfach benutzen konnte.
Das Telefon klingelte schon wieder.
» Maeve? Deine Mutter noch mal. Dein Anrufbeantworter hat mir das Wort abgeschnitten.« Beleidigt hoch zehn. Wenn du nicht zehn Minuten lang aufs Band sprechen würdest, könntest du auch ausreden, ehe mein AB die Geduld verliert. » Ich wollte gerade sagen, dass ich mit deiner Tante Maureen gesprochen habe. Denise ist schwanger, sie hat im Mai Termin. Natürlich war sie hocherfreut darüber– was soll sie auch anderes sagen? Keine Ahnung, ob Denise und Cormac heiraten. Ich wollte auf jeden Fall, dass du Bescheid weißt. Ach, es ist doch wirklich ein Segen. Maureen wird eine wunderbare Großmutter sein. Sie hat sich auch nach dir erkundigt, aber ich habe ihr gesagt, dass bei dir nichts dergleichen in Sicht ist. Bei deinem Job wüsste ich sowieso nicht, wie du da noch ein Baby unterbringen
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