Der Brennende Salamander
über die sich die anderen oft lustig gemacht hatten. Rocco ist unser Meister, sagte ich daher unbehaglich, ich sehe mich auf diesem Gebiet noch immer in den Anfängen und bin alles andere als ein Ucello oder Masaccio.
Er lachte. Das erwarten wir auch nicht.
Ich schaute ihn fragend an. Wir?
Es ist eigentlich meine Mutter, die den Auftrag erteilt, erklärte er. Es geht um eine Kapelle, die sie ausgemalt haben möchte.
Ich atmete auf, mit Kapellen kannte ich mich aus. Bevor ich nach vertraglichen Vereinbarungen fragen konnte, wehrte er ab. Nein, nein, kein Vertrag! Auch keine Vorgaben. Ihr malt, was Ihr wollt. Wir reden Euch gewiß nicht in Eure Arbeit hinein, Ihr seid der Künstler. Und es ist ohnehin alles Sache meiner Mutter.
Das ist mir so gut wie nie zu Ohren gekommen, sagte ich zögernd. Es gibt Auftraggeber, die sogar noch die Farben bis ins letzte Detail bestimmen wollen für ihr Bild, und selbst, wenn man es dann so macht, wie sie es wollten, gefällt es ihnen am Ende oft nicht.
Dann müßt Ihr es machen wie Michelangelo, sagte er schmunzelnd und erzählte die Geschichte von Michelangelo und dem unzufriedenen Auftraggeber, die bekannt war.
Ihr wollt also wirklich keinen Vertrag? fragte ich verunsichert.
Nein, wir wollen keinen Vertrag über ein Kunstwerk, das wir noch gar nicht kennen. Wir wollen uns überraschen lassen. Was Ihr an Honorar fordert, müßt Ihr meiner Mutter sagen. Ihr bekommt die Hälfte vorweg und die andere, wenn die Kapelle fertig ist. Und selbstverständlich müßt Ihr Euch auch alles zunächst einmal anschauen, ehe Ihr zusagen könnt.
Ich hatte inzwischen den Eindruck, einer von Bacchus' Kumpanen zu sein und zuviel von dem Wein getrunken zu haben. Das war eine Aufgabe, wie sie noch nie von mir verlangt worden war, und ich konnte mir vorstellen, wie sie im Atelier darauf reagieren würden.
Ich frage mich nur, was er eigentlich will – dich oder deine Malerei, hätte Lazzaro vermutlich gesagt, wenn er noch bei uns gewesen wäre.
Und genau das sagte dann auch Vincenzo. Und noch manches andere Überflüssige dazu.
D IE A LCHIMISTIN
Wir erreichten Venedig in der Dämmerung.
Nardo hatte mich gefragt, ob ich das letzte Stück lieber zu Pferde zurücklegen wolle oder mit dem Boot. Ich hatte mich für das Boot entschieden, weil ich es nicht erwarten konnte, in einer Gondel zu fahren.
Also ließen wir unsere Pferde in der Obhut eines Dieners, der sie am nächsten Tage in den Palazzo bringen sollte, und ich nahm zunächst einmal Abschied von meinem braven Hengst, den Nardo für mich in Florenz besorgt und der mich die ganzen Tage über zu meiner vollen Zufriedenheit getragen hatte.
Dann bestiegen wir die Gondel, ein Vorgang, der nicht ganz einfach zu bewerkstelligen war, da gerade Niedrigwasser herrschte und wir eine glitschige schräge Lände zu passieren hatten, um vom Kai zum Boot zu kommen.
Meine Lieblingsstunde, sagte Nardo und deutete zum Himmel, der nun in einem blaßrosa schimmernden Licht leuchtete, das mich an Rosenquarz erinnerte.
Ich lehnte mich in meinem Sitz zurück und ließ die Hand in das Wasser gleiten. Ich spürte es durch meine Finger rinnen und hatte das Gefühl, Welten von Florenz entfernt zu sein: Das Wasser roch anders als der Arno. Es roch nach Algen, nach Meer und nach etwas, was eine Sehnsucht in mir auslöste, die ich im Augenblick nicht benennen konnte. Ein leichter Fäulnisgeruch stieg in meine Nase, als wir in einen Seitenkanal abbogen und dann abermals in einen, der noch enger war. Der Geruch veränderte sich, als wir auf den Canal Grande stießen und schließlich an einen schmalen Palazzo heranfuhren, der einige Meter vom Kai zurücklag.
Der Gondoliere warf das Tau mit einem Schwung über den Poller, stemmte sich dann mit einem gewaltigen Sprung an das Ufer und reichte uns die Hand, da wegen des Niedrigwassers der Höhenunterschied vom Boot zum Landesteg ziemlich groß war. Eine Stadt der Extreme, sagte Nardo und half mir beim Aussteigen. Mal acqua alta , das Hochwasser, mal das Gegenteil, was kaum besser ist zum Ein- und Aussteigen. Vor einigen Jahren war die Lagune zugefroren, und man konnte Eisschuh laufen.
Er entlohnte den Mann, dann gingen wir ein paar Schritte zu dem großen, verschnörkelten Eisentor, das Nardo mit einem Schlüssel, der an der Seite in einer Mauernische versteckt war, öffnete.
Der Garten, den wir betraten, schien für mich von der ersten Sekunde an ein verwunschener Zaubergarten mit Tausenden von Geheimnissen zu sein,
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