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Der Brennende Salamander

Der Brennende Salamander

Titel: Der Brennende Salamander Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingeborg Bayer
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schon im Haus des Messer Orelli erzählt.
    Ich schwieg mich darüber aus, was sie mir in der Casa Orelli von ihm erzählt hatten, und daß er ein Verrückter sei mit den Launen eines reichen Mannes, dem es nie in seinem Leben an irgend etwas gefehlt habe, ein Mann, der noch nie in seinem Leben habe arbeiten müssen, erzählte ich wohl besser auch nicht.
    Wir stiegen die breite Treppe hinunter, verließen das Haus und fanden Ghita unter einem großen Hut und mit einer Gartenschere in der Hand, wie sie soeben Hagebutten von verblühten Rosenstöcken abschnitt. Sie öffnete die Früchte mit einem Messer und ließ die Samen behutsam in eine Reihe von Töpfchen fallen, in denen Schildchen steckten.
    Sie brauchen ihre Winterruhe, sagte sie und deutete zu einem kleinen Gewächshaus, das hinter dem Palazzo stand. Im Januar kann ich sie aussäen.
    Ich schaute ihr zu, wie sie mit angestrengter Stirn die Töpfchen auf dem Tablett ordnete und in das Gewächshaus trug.
    Sie keimen nicht alle, erklärte sie, bei manchen ist es mir noch nie gelungen, aber wenn sie austreiben, ist die Freude groß.
    Wir verließen das Gewächshaus, Ghita ergriff einen Korb und schlenderte von Rosenstrauch zu Rosenstrauch, verglich die Blüten und schaute mich an. Ich frage mich, ob der Rotocker zu dem Pompejanischrot paßt, sagte sie dann grübelnd, und ob das Neapelgelb in dieser Farbsinfonie stört – ich möchte sie alle zusammen in einer Silberschale auf den Tisch stellen. Was meint Ihr dazu? Ihr seid der Künstler.
    Ich hatte mir noch nie zuvor über die Farbzusammenstellung von Rosen in silbernen Schalen Gedanken gemacht und schüttelte ratlos den Kopf. Das Neapelgelb paßt nicht unbedingt zum Rotocker, sagte ich schließlich, mehr mutig als von Sachkenntnis geführt. Es ist gut deckend, wir verwenden es bei der Freskomalerei, aber genaugenommen paßt es  – zumindest bei den Rosen – nur zu sich selbst. Ihr könnt es allenfalls zu Weißschattierungen verwenden.
    Weißschattierungen? Sie runzelte die Stirn. Ihr seid nicht abergläubisch?
    Manche Menschen haben nur weiße Blumen im Garten, sagte ich. Weshalb also keine Weißschattierungen bei Rosen.
    Natürlich, gab sie zu, ich werde dafür sorgen, daß ich bei meinem nächsten Besuch aus Wien verschiedene Rosen in Weißschattierungen mitbringe. Ihr denkt doch sicher an das Chinesischweiß, sagte sie dann sinnend, nicht an das Bianco di San Giovanni?
    Ja, das meine ich, erwiderte ich verlegen, da ich mich bereits hätte ohrfeigen können wegen meines Rats, den ich aus dem Nichts geholt hatte, und von diesem Bianco di San Giovanni hatte ich ohnehin nie zuvor gehört.
    Gut. Sie legte die Rosenschere entschieden auf einen Tisch und nahm meinen Arm, was mich noch verlegenermachte, da ich Berührungen mit Frauen nicht gewohnt war.
    Wir gingen zu dem Springbrunnen und setzten uns auf den Steinrand. Ghita ließ ihre Hand in das Wasser gleiten und spritzte sich Wasser ins Gesicht.
    Also, keine Kreuzigung, keine Grablegung, keine Kreuzabnahme, keine Verkündigung, keine Himmelfahrt. Und ganz gewiß keine Hölle, sagte sie dann energisch und schaute mich prüfend an. Versteht Ihr, was ich meine?
    Ich schüttelte verwirrt den Kopf, der sich noch immer mit Weißschattierungen beschäftigte.
    Ich möchte Bacchus, nichts weiter als Bacchus, erklärte sie. Habt Ihr schon einmal einen gemalt?
    Bacchus, sagte ich und wußte im gleichen Augenblick, daß ich mein Hirn umsonst zermarterte, nie zuvor hatte jemand von mir einen Bacchus gefordert. Ihr meint Dionysos?
    Bacchus oder Dionysos, es bleibt das gleiche, sagte sie freundlich und spritzte mit einer spielerischen Geste das Wasser nun in meine Richtung. Ihr könnt Euch in der Bibliothek nach alten Vorlagen umsehen, die ich aus Griechenland, vor allem aus Rhodos mitgebracht habe. Es gibt eine ganze Reihe von Büchern und alten Handschriften, in denen Abbildungen auftauchen. Denkt Euch Szenen aus!
    Und wo, bitte, soll ich diesen Bacchus hinmalen? fragte ich mehr als irritiert.
    Sie schaute mich verblüfft an. Hat Nardo Euch nichts davon erzählt?
    Ich denke, die Kapelle existiert nicht mehr.
    Nun, so wie sie ehemals war, ist sie weitgehend verschwunden, sagte sie. Ich habe sie umbauen lassen. In der früheren Rundung der Apsis steht jetzt ein Katheder. Hier soll gelehrt werden. Gelehrt im kleinen Stil, schränkte sie ein, als sie mein ratloses Gesicht sah. Mir schwebt mitnichten eine Platonische Akademie vor wie bei il Magnifico. Aber es gibt auch bei uns

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