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Der Brennende Salamander

Der Brennende Salamander

Titel: Der Brennende Salamander Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingeborg Bayer
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den Geruch eines aufdringlichen Puders in meiner Nase und wandte angewidert den Kopf, was die übrigen zu Lachsalven animierte. Eine Jungfrau! dachten sie, und ich sah es ihren Gesichtern an. Ein Mann, der Mühe hat, seine Virginität zu verlieren! Sie gebärdeten sich so, als wäre mir dieser Zustand in roten Buchstaben auf die Stirn geschrieben.
    Da ich keinerlei Ahnung hatte, wie die Sache ablaufen sollte, blieb ich dicht an der Seite von Lazzaro, und ich hätte mich am liebsten an ihm festgehalten wie ein Kind an den Rockschößen der Mutter.
    Irgendwann fand ich mich allein wieder – Lazzaro war bereits mit einem blonden hübschen Mädchen, von dem ich glaubte, esbereits einmal als Modell bei uns gesehen zu haben, eine breite Treppe hinaufgestiegen. Ich hatte das Gefühl, auf einem Schiff ohne Kompaß zu sein. Ich trank Wein, dessen Süße mir bereits nach einem Glas in den Kopf stieg, aber der war ohnehin nicht mehr klar. Ich fühlte den abschätzenden Blick einer Matrone auf mir, die mir freundlich zulächelte, mich aber mir selbst überließ, was bedeutete, daß mich die Mädchen mit Koseworten zu fesseln und mir mit allerlei Gebärden die in Aussicht stehenden Lüste vorzugaukeln versuchten.
    Als sich die Haustür wieder öffnete und neue Kunden eintraten, hatte die Matrone offenbar den Eindruck, daß ich genug getrödelt hatte. Sie rief eines der Mädchen herbei und führte es mir vor. Ich könne alles von ihr verlangen, sagte siedann freundlich und streckte mir die offene Hand entgegen. Ich hielt das für eine freundliche Geste und drückte ihr die Hand. Das Gelächter der Umstehenden machte mir klar, daß diese Geste den Obolus einforderte, und ich zerrte mein Geld so hastig aus meinem Beutel, daß die Hälfte der Münzen auf den Boden rollte.
    Inzwischen spürte ich, wie mir der Schweiß den Rücken hinablief und dunkle Spuren auf meinem Wams hinterließ. Ich blickte zu Boden wie einst bei den innocenti, wenn ich eine Messe geschwänzt hatte, und traute mich in keines der Gesichter, die mir vorgestellt wurden, länger als eine Sekunde zu blicken, Gesichter, leer, ausgelaugt und fremd, daß mich keines reizte, es auch nur mit den Händen zu berühren, geschweige denn zu streicheln.
    Gesichter streichelt man nicht, hatte Lazzaro gesagt, das gehört nicht dazu. Du brauchst überhaupt nichts zu tun. Laß die Frauen nur alles machen, die kennen sich da aus!
    Die Matrone führte mir inzwischen bereits das dritte Mädchen vor, ließ sie vor mir tänzeln wie ein Sklavenhändler seine Sklavinnen, für die er einen guten Preis haben wollte. Doch keines der Mädchen hatte kurze Haare und trug Männerkleidung, und ich griff bei dem fünften nahezu in Panik zu, als sei es die letzte Kandidatin, die ich haben könne. Es war die bei weitem Häßlichste, obendrein hustete sie, und ihr Gesicht war voller Narben. Es ist nichts, beruhigte mich die Bordellwirtin, sie hatte nur als Kind die Pocken. Ich nahm sie, nicht zuletzt, weil ich annahm, sie habe vielleicht besonderes Verständnis für mich und meine Blessuren, da sie selber entstellt war.
    Aber genau das hatte sie nicht. Sie war weder bereit, die Kerze zu löschen, noch nahm sie sich die Mühe, mir zu zeigen, wie die Sache ablaufen sollte, so daß ich schließlich unsicher und hastig meinen Umhang und mein Wams ablegte und beides ordentlich zusammengelegt auf einem Stuhl anordnete, wie wir das als Kinder im Ospedale gelernt hatten, eine Handlung, die sie zu einem kaum unterdrückten Kichern veranlaßte. Sie schaute belustigt an mir hinunter und meinte dann, das Kamisol und die Beinkleider müßten ebenfalls fallen – eine Aufforderung, die mich beinahe in Todesangst stürzte. Sie beobachtete mich, wie ich mich in aller Unbeholfenheit zunächst des Kamisols entledigte und dann die zweifarbigen Beinkleider abstreifte, die mir Lazzaro geliehen hatte, weil ich nach seiner Meinung nur äußerst langweilige einfarbige besaß. Als ich schließlich frierend vor ihr stand, obwohl es im Raum warm war, schüttelte sie unwillig den Kopf und murmelte etwas in einem Dialekt, den ich nicht einordnen konnte. Dann, nachdem sie kopfschüttelnd meine entstellte Brust begutachtet hatte, zwirbelte sie heftig an meiner Brustwarze und schaute dabei gelangweilt zum Fenster hinaus. Ich hielt den Atem an. Und spürte den Ekel aus allen ihren Poren. Ich weiß nicht mehr, wie lange ich starr vor ihr stand, ohne daß sich bei mir – weder oben noch unten – etwas regte. Dann gab sie mir

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