Der Brennende Salamander
fast von meiner Wolke. Glaubt ihr im Ernst, daß man durch dieses Ospedale geht, ohne zu wissen, wie so etwas funktioniert?
Daniele runzelte die Stirn. Davon hast du nie erzählt.
Weshalb sollte ich, murmelte ich. Damals kannte ich dich nicht.
Aber später, hier im Haus des Messer Orelli, als wir alle unsere Abenteuer offenlegten, hast du auch nie davon erzählt, sagte Rocco vorwurfsvoll.
Abenteuer offenlegen? Ich lachte auf. Wer hat hier Abenteuer erzählt? Lazzaro hat mit seinen Frauen geprahlt, und du hast meist geschwiegen, weil du nicht darüber sprichst, obwohl du die Erfahrung hattest, während Daniele ein Milchgesicht war.
Heute bin ich keines mehr, sagte Daniele mit zusammengepreßten Lippen. Aber ich halte es wie Rocco.
Ach ja, sagte Lazzaro, also, wie viele?
Was wie viele?
Nun, was wohl? Frauen.
Das geht dich nichts an, wehrte Daniele ab, das ist meine Sache.
Gut, gut, es ist deine Sache, spottete Lazzaro. Trotzdem würde mich interessieren, wie herum du es treibst, von hinten oder von vorne?
Auf hintenherum steht die Todesstrafe, sagte Rocco.
Aber nur in Venedig, widersprach Lazzaro. Und trotzdem machen sie es dort massenweise, weil sie die Frauen dann nicht schwängern.
Ich ließ meine Palette fallen, so daß die Farbe bis zu Lazzaros Platz hinüberspritzte.
Natürlich Grün, das es ohnehin nicht mehr gibt, sagte Rocco kopfschüttelnd. Auf meinen Wald kann ich verzichten.
Also, heute abend! sagte Lazzaro abschließend. Wir gehen in die Via nuova degli Spardai, da gibt es die hübschesten Frauen in ganz Florenz. Du kannst dir aussuchen, welche du willst, vielleicht eine Tscherkessin, weil die besonders beliebt sind. Ich weiß nicht, ob heute welche mit kurzen Haaren und in Männerkleidern anwesend sind, sie sind immer am schnellsten weg, und man muß ständig warten, bis sie wieder frei sind. Angst brauchst du übrigens nicht zu haben, sie werden jeden Samstag vom Wundarzt untersucht.
Wir verließen das Haus miteinander. Ich hatte den Eindruck, von einem vierköpfigen Erschießungskommando zum Richtplatz geführt zu werden.
Das Haus stand in einem Viertel, das von der Stadt diesem Gewerbe exakt zugewiesen war. Bereits im vergangenen Jahrhundert hatte man die Dirnen aus der Innenstadt verdrängt. Auf eine Entfernung von tausend braccia vom ältesten Teil des römischen Florenz waren sie verbannt, und in der Nähe von Nonnenklöstern war ihre Anwesenheit, besonders die der Tribaden, generell verboten.
Das von Lazzaro bevorzugte Haus kannte ich. Zu meiner Zeit als innocenti war ich jeden Morgen an ihm vorbeigekommen, da es genau auf dem Weg zu der Werkstatt lag, in der ich damals Färberlehrling war. Das Haus hatte ein überhängendes Obergeschoß, und an manchen Fenstern hingen Käfige mit Kanarienvögeln, das untrügliche Zeichen für das Gewerbe, das in solchen Häusern ausgeübt wurde. Ab und zu hatte ich Frauen in Männerkleidern und mit kurzen Haaren vor dem Eingang gesehen, Mädchen, die mir gefielen, aber damals hatten mich tausend Gründe davon abgehalten, auch nur einen einzigen Schritt ins Innere zu tun.
Als ich jetzt mit Lazzaro vor der Tür stand, bereute ich bereits zutiefst, mitgegangen zu sein. Schließlich hätte ich genausogut allein hergehen oder Rocco fragen können, in welches dieser Häuser er ging. Ob er überhaupt in die Häuser ging, oder ob er sich seine Frauen in einer der zahlreichen Tavernen suchte, die für diese Art von Gewerbe bekannt waren? Seltsamerweise war dieses Thema zwischen uns bisher mit keinem Wort erwähnt worden, und er hatte mich nie gefragt, weshalb ich mich scheute, auf diese Art und Weise Liebe zu machen. Vielleicht weil er die Narbe auf meiner Brust kannte. Er war ja seinerzeit dabei, als im Haus unserer Amme der Kübel mit kochender Waschbrühe auf mich hinunterkippte, und er hatte mich gepflegt, als ich wochenlang krank im Bett lag.
Es kommt auf deinen Bolzen an, würde Lazzaro vermutlich sagen und dazu belustigt grinsen, den wollen sie sehen, nicht deine Narben auf der Brust. Er ließ den Türklopfer gegen das Holz fallen, lachte mich aufmunternd an, und ich konnte mir vorstellen, daß er sich vorkam wie ein Vater, der seinen Sohn zum erstenmal in ein solches Etablissement führt – der Ritterschlag der Liebe gewissermaßen, den er ihm unter seiner Obhut verleihen ließ.
Der Raum, den wir betraten, war voll mit Lachen und mit Musik. Die Mädchen liefen kaum bekleidet hin und her, tranken Wein, begrüßten und umarmten uns. Ich spürte
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