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Der Brennende Salamander

Der Brennende Salamander

Titel: Der Brennende Salamander Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingeborg Bayer
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mit verärgertem Gesicht ihre Brüste in die Hand, deren Warzen ich nun ebenfalls zu befingern hatte, zumindest nahm ich das an.
    Aber es geschah auch hier nichts, auch sie blieben schlaff. Und wenn ich auch bis dahin keinerlei praktische Erfahrung hatte und all mein Wissen über diese Dinge aus zweiter Hand stammte, so hatte ich doch immerhin gehört, daß die Brustwarzen einer Frau sich nach der ersten Berührung steil aufrichteten.
    Ich weiß nicht mehr, wie lange dieser Zustand der beiderseits unwilligen Brustwarzen dauerte, für mich schienen es Äonen zu sein. Schließlich drückte sie mit einer mehr als groben Bewegung meinen Kopf zwischen diese Brüste, die mir vertrocknet schienen wie die Sahara, und trieb mich mit einem harten Schlag auf den Hintern wie ein Hirte ein störrisches Schaf zu einem ungemachten Bett, das nach Schweiß und Samen stank, um mich dort niederzuwerfen.
    Ich floh in wildem Entsetzen, mein Kleiderbündel unter dem einen Arm, Schuhe und Beinkleider unter dem anderen, zwischen den Zähnen meine Brille, für die es keinen anderen Platz mehr gab. Auf der untersten Treppenstufe hielt ich an, umringt von sprachlosen Frauen, denen das Lachen vergangen war, und zwängte mich mehr schlecht als recht in meine Kleider.
    Dann rannte ich zur Haustür, riß sie mit einem gewaltigen Schwung auf und stieß dort mit einem Mann zusammen, der mich verblüfft anstarrte. Er schaute an mir hinunter und hinauf und brach dann in wildes Lachen aus.
    Das vierte Mal, daß man mich auslachte, seit ich dieses Haus betreten hatte.
    Nein, nein, das glaube ich einfach nicht, rief der Mann dann laut und hatte Mühe, sich zu beruhigen. Die graue Maus aus der Villa mit zweifarbigen Beinkleidern an diesem Ort!
    Ich rannte die Eingangsstufen hinunter und wußte, daß ich bis zu diesem Augenblick nie jemanden so sehr gehaßt hatte wie Brigidas Bräutigam.
    I L C ASSONE
    Ich glaube, ich habe ziemlich früh gelernt, mit Niederlagen fertig zu werden. Ich habe nie gehofft, daß Hilfe von außen kommt, wenn ich in irgendeinem der zahlreichen Sümpfe steckte, in die ich im Laufe meines Lebens gerutscht war. Ich habe mich stets selbst herausgezogen, Stück um Stück. Ich habe mir Brücken gebaut, die begehbar waren, Brücken, die um Untiefen herumführten, Brücken, die mich an festes Ufer brachten.
    In der Nacht nach der Niederlage in der Via nuova degli Spardai versuchte ich es auf dem gleichen Weg: Ich rettete mich in die Wärme meiner Kindheit. Ich weiß, dieser Satz mag seltsam erscheinen nach alldem, was ich bisher erzählt habe. Aber ich sehe es trotz aller damaligen Widernisse so und nie anders. Ich suche die Wärmepartikel heraus, reihe sie aneinander und lande immer wieder, wenn auch mühsam, bei irgendwelchen Banalitäten des Lebens, die mir aber für den Augenblick etwas bedeuten: Sie geben mir Kraft, wenn ich über sie schreibe, wobei ich mich stets bemühe, das Pathos zu meiden. Ich versuche dann, dieses Atelier zu vergessen, in dem zu arbeiten ich mir immer gewünscht habe, so als sei der Umgang mit der Palette bereits das Paradies dieser Welt. Wobei ich bisweilen vergesse, dieses Paradies hier im Irdischen anzusiedeln, bei mir schwebt es stets irgendwo hoch oben in den Wolken, unerreichbar für die Niedrigkeiten des Lebens. Ich versuche also, das Atelier zu vergessen. Ich versuche, meine Zweifel zu vergessen, ob diese Entscheidung, den Beruf zweimal zu wechseln, richtig gewesen war. Ich führe mir diese Entscheidung nochmals vor Augen: Die Chance, Seidenspinner zu werden, wie es alle erwartet hatten, verschenkte ich, weil ich es nicht über mich brachte, die Fäden aufzuzwirbeln, die die Raupen im guten Glauben – wobei ich weiß, daß dies im höchsten Maße lächerlich ist – für ihr zukünftiges Wohlergehen gesponnen hatten: Es war ihr Bett, das ich ihnen wegzwirbeln sollte. Dann machte ich in einer Begeisterung sondergleichen die erste Begegnung mit Farbe. Mir war, als sei mein Leben bis zu diesem Zeitpunkt nur in einer schwarz-weißen Welt verlaufen. Nun das Wühlen in Farben, das Versinken in ihnen. Also begann ich den Beruf des Färbers, verspürte aber ziemlich bald meine Unzufriedenheit. Es genügte mir nicht, diese Farben in großen Bottichen anzurühren, es war mir bald zu wenig, und dann kam die Malerei. Die Begegnung mit ihr verdanke ich Rocco, mehr oder weniger. Alles Zufall, auch mehr oder weniger. Ich kenne niemanden mit einem exakten Lebensplan, den er von Anfang an verfolgt hätte, selbst

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