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Der Brenner und der liebe Gott

Der Brenner und der liebe Gott

Titel: Der Brenner und der liebe Gott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Haas
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gar nicht.
     
    »So eine ruhige Kugel, wie ihr sie schiebt, würde ich halt suchen«, hat der Brenner geantwortet. »Den ganzen Tag auf Kosten vom Kressdorf im Cafe sitzen, das wäre etwas für mich.«
     
    »Bei uns würdest du nicht glücklich werden. Für einen Kinderverlierer gibt's bei der KREBA nichts mehr zu tun.« Der Brenner hat sich geärgert über die vielen Sommersprossen, die der Bauleiter rund um sein blödes Grinsen gehabt hat, weil so etwas Nettes wie ein Gesicht voller Sommersprossen macht ein gemeines Lächeln noch gemeiner, da kann ich den Brenner verstehen, das ist im Grunde genommen ein Verrat an der Sommersprosse.
    »Weil der Kressdorf ja keine Kinder mehr zum Verlieren hat«, hat der mit dem Röhrchen nachgeschoben.
    »Die Witze von einem anderen erklären«, hat der Brenner gesagt, »kriegt man das als Nebenwirkung, wenn man sich das Rauchen abgewöhnt?«
    Der Nikotinsüchtige hat an seinem Röhrchen gesogen wie ein Erstickender am Asthma-Inhalator. Und es dürfte ihm gut getan haben, weil wie er wieder aufgefüllt war, hat er sich auf einmal ganz normal mit dem Brenner unterhalten. Er hat recht sachlich getan und sich als Kollege hingestellt, weil Baustellensicherung, sprich Objektschutz, quasi Polizei.
    Der Brenner hat sich zwar gefragt, woher der auch schon wieder weiß, dass er einmal bei der Polizei war, aber bitte, für ihn war es ein günstiges Thema, jetzt hat er den Röhrchenmann gelten lassen und so getan, als wäre es die höchste Stufe der Polizeiarbeit, wenn man den ganzen Tag aufpasst, dass dir keiner was von der Baustelle stiehlt oder die Bauzäune beschädigt oder auf der Baustelle herumspioniert oder ein Transparent gegen die Prater- Verbauung aufhängt. Und ich muss ganz ehrlich sagen, bei einem Projekt wie dem
Riesenland,
wo du die halbe Stadt gegen dich hast, weil dein Chef nur Geld hat, um die andere Hälfte zu schmieren, ist es nicht einmal komplett übertrieben, wenn der Sicherheitschef sich ein bisschen aufpudelt.
    Der Brenner hat sich von den beiden eine Zeitlang die Welt erklären lassen, was der Kressdorf alles falsch macht, was der Obersenatsrat Stachl alles falsch macht, was überhaupt die da oben alles falsch machen und dass man der Bevölkerung einfach besser erklären müsste, dass sie ja auch was dafür kriegt, wenn Teile des Praters in Zukunft eintrittspflichtig sind, weil Golf, Tennis, Wellness, Kino, Shopping, Entertainment zum Quadrat statt nur Bäume und Pampa, dafür zahlt auch der kleine Mann gern ein bisschen Eintritt. Der Brenner hat sich von ihnen nach der Entführung ausfragen lassen, sprich wo genau, wann genau, wie genau. Und er hat sogar brav gelacht über die blöden Witze, die die beiden über den Knoll gerissen haben. Bei so etwas darfst du als Detektiv nicht zimperlich sein, du erfährst nichts von den Leuten, wenn du sie nicht reden lässt.
     
    Jetzt was hat er erfahren? Hör zu, die Alarmanlagen-Firma vom Knoll hat nicht nur im Hauseingang und im Lift und im Stiegenhaus Kameras installiert und damit jeden gefilmt, der das Haus betreten hat. Die Polizei hat auch in der Klinik zwei Kameras gefunden, die der Knoll beim ersten Wasserrohrbruch eingebaut hat.
     
    Der Brenner hat erklärt, dass es nichts Perverseres gibt, als eine Abtreibungsklinik mit Kameras zu überwachen, und die beiden haben ihm hundertprozentig zugestimmt. Aber während der Wachhund zum dritten Mal wiederholt hat, dass es nichts Perverseres gibt, ist ihm im Reden doch noch was Perverseres eingefallen. Er hat seine Idee für das Perversere aber so vorgebracht, als wäre sie ein Beweis dafür, dass es nichts Perverseres gibt. Mein Gott, der hat eben andere Qualitäten gehabt als das übertrieben Geistige. Er und der Bauleiter sind jetzt so richtig ins Reden hineingekommen, wie es nur zwischen alten Freunden funktioniert.
    Und das war das Beste, was dem Brenner passieren konnte. Weil sie haben nicht bemerkt, dass der Brenner die ganze Zeit auf den richtigen Moment gewartet hat.
     
    Du musst wissen, für alles gibt es einen richtigen Zeitpunkt. Für die Pflanzen, wann du sie säst, wann du sie gießt, wann du sie erntest, für die Tiere, wann du sie fütterst, wann du sie melkst, wann du sie schlachtest, für die Kinder, wann du sie machst, wann du sie stillst, wann du sie hinausschmeißt, für die Fingernägel, wann du sie schneidest, wann du sie feilst, wann du sie lackierst, und Haare sowieso ganz wichtig. Aber die wenigsten wissen, wie wichtig der richtige Zeitpunkt für

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