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Der Brenner und der liebe Gott

Der Brenner und der liebe Gott

Titel: Der Brenner und der liebe Gott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Haas
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viel mehr als Bauzäune und Bagger und Gruben hat man noch nicht gesehen. Oder er hat dem Kressdorf die Helena vorbeigebracht, damit der zwischen zwei Terminen ein paar Minuten mit seiner Tochter auf der Liliput-Eisenbahn durch den grünen Prater rund um das geplante
Riesen land
fahren kann, und da hat der Brenner eben manchmal im Cafe Liliputbahn auf die beiden gewartet.
     
    Die Helena war ganz fanatisch nach der Liliputbahn, und der Brenner direkt ein bisschen neidig auf ihren Vater, weil wenn der einmal zu seiner Tochter gesagt hätte, weißt du was, heute fährt der Herr Simon noch eine Runde mit dir, er hätte es sofort gemacht, gar keine Diskussion. Aber nichts da, die Helena hat am Ende der Runde immer zum Steinerweichen geplärrt, aber glaubst du, der Kressdorf hätte auch nur ein einziges Mal nachgegeben? Der hat sich von seiner Tochter nicht einkochen lassen. Sondern eben ganz strenger Herr Papa und: »Jetzt ist es genug.«
     
    Nur damit du verstehst, warum der Brenner das Cafe Liliputbahn so gut gekannt hat. Weil er ist nie wegen den Sachen hingegangen, die es dort sonst noch gegeben hat, also geschmuggelte Zigaretten oder eine gefälschte Uhr, und das Hauptgeschäft hat das Cafe Liliputbahn natürlich mit den Eltern gemacht, die vom Geschrei ihrer liliputbahnsüchtigen Kinder zur Verzweiflung gebracht worden sind, und die haben im Cafe Liliputbahn ihre Beruhigungsmittel bekommen, günstiger als in der Apotheke und qualitativ besser, also wirksamer und alles, wo man sagt, es ist nicht ganz legal, aber dafür schaffe ich es wieder drei Tage, mein Kind anzulächeln, statt dass ich es mit dem Kopf voran durch die Wand zu den Nachbarn hinüberschiebe, damit die es anlächeln.
     
    Aufgesperrt haben sie ihm das Handy in ein paar Sekunden, da ist noch nicht einmal sein alkoholfreies Bier vor ihm gestanden, hat er schon das Telefon mit dem neuen Wunsch-Pin in der Hand gehabt. Du wirst sagen, beim Wunsch-Pin hat der Brenner bestimmt lange überlegt, weil was für eine Zahlenkombination nimmt man da am besten. Aber im Gegenteil, der Brenner wie aus der Pistole geschossen: 1706, weil das war der Helena ihr Geburtstag. Er hat es sich dann aber doch noch einmal anders überlegt, weil auf einmal hat er einen Grabstein vor Augen gehabt, wo das Geburtsdatum immer über dem Todesdatum steht, quasi schlechtes Omen. Vorsichtshalber hat er dann gleich ein Todesdatum genommen. Du musst wissen, am zwölften November 2008 ist das letzte Mitglied aus der Band vom Jimi Hendrix gestorben, der Mitch Mitchell, weil keinem von denen war ein langes Leben vergönnt. Der Jimi Hendrix war im November geboren, der Mitch Mitchell ist im November gestorben, und ob du es glaubst oder nicht:
    Der Noel Redding hat auch einen Elfer auf dem Grabstein gehabt, weil der ist an einem elften Mai gestorben. Aber den Noel Redding hat der Brenner ja schon als Pin-Code auf seinem eigenen Handy gehabt, jetzt hat er den Pin-Code vom Knoll- Handy dem Mitch Michell gewidmet, sprich: 1211. Ja ganz falsch ist es nicht, er ist über dem Pin-Code schon ein bisschen ins Grübeln geraten.
    Und zum Abhören der Nachrichten ist er dann nicht mehr gekommen, weil: »Da schau her, der Herr Simon!« Das hat er gerade noch gebraucht. Aber so ist es eben, wenn du vertraute Orte aufsuchst. Dann musst du damit rechnen, dass du auch Bekannte triffst. Wenigstens war es nicht der Kressdorf selber, sondern nur sein BaustellenWachhund. Der Brenner hat ihn nicht gleich erkannt, weil kahlgeschorene, bis ins Mittelohr hinein tätowierte Muskelprotze sieht man heute ja so viele auf der Straße, die kann man sich nicht alle auswendig merken. Erkannt hat er ihn an dem weißen Röhrchen, an dem er gesogen hat, sprich Nikotinentzug. Und dann auch noch an dem sommersprossenübersäten Bauleiter, der mit ihm hereingekommen ist. Du musst wissen, die paar Mal, wo der Brenner den nikotinsüchtigen Wachhund gesehen hat, war er immer mit dem Bauleiter vom
Riesenland
unterwegs, als müsste er immer an wem hängen, Zigarette oder Bauleiter, ganz egal.
     
    »Wartest leicht auf neue Jobangebote?«, hat der Bauleiter gefragt und dem Brenner hunderttausend Sommersprossen vors Gesicht gehalten.
     
    »Bei deinen Qualifikationen wundert es mich nicht, dass das Handy so Sturm läutet!«, hat der Wachhund nachgeschoben und mit seinem Plastikröhrchen auf das KnollHandy gedeutet. Weil da sind jetzt, seit es wieder aufgedreht war, die Meldungen in einem Blitzgewitter hereingezwitschert, das glaubst du

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