Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld
wie bisher immer. Wohin man schaut, man hat es nur mit Unfähigkeit zu tun und die Schlamperei ist das Fundament, auf welchem diese Unfähigkeit auch noch hoch bezahlt wird.
Lieber Siegfried Unseld, bitte nehmen Sie diese Zeilen, wie sie sind, als eine Herausforderung und schreiben oder telegrafieren Sie mir, wo und wann wir uns innerhalb der kürzesten Zeit treffen können hier bei mir oder in nächster Nähe, ich kann nicht weiter weg. Wir müssen reden miteinander.
Herzlich Ihr
Thomas B.
Was die »Korrektur« betrifft, so ist das eine Vierjahresarbeit und man müsste darauf tatsächlich mit dem Kopf eingehen, aber ich fürchte, dass Sie dieses Buch so vorübergehen lassen wie jedes andere, und alle diese anderen Bücher, die jetzt gemacht werden, sind doch nichts anderes als ein Müllhaufen von Geistlosigkeit! Alles ist Dummheit, Schamlosigkeit, Scharlatanerie! Dagegen wehre ich mich und ich habe mit dieser jetzt offensichtlichen Entwicklung zur totalen Verblödung nichts zu tun!
[321; Anschrift: Ohlsdorf; handschriftliche Telegrammnotiz]
Frankfurt am Main
11. Juli 1975
Vorschlag für Treffen Donnerstagabend 31. Juli München oder 3. August von 15-18 Uhr in Ohlsdorf. Brief folgt.
Herzlich SU
[322; Anschrift: Ohlsdorf; Telegrammnotiz]
Frankfurt am Main
15. Juli 1975
Zur Fahne 143: bei der Rücksendung der »Korrektur« bitte das fehlende Stück einsetzen. Gruß Siegfried Unseld
[323; Anschrift: Ohlsdorf]
Frankfurt am Main
15. Juli 1975
Lieber Thomas Bernhard,
auch ein Verleger ist ein Mensch. Auch er braucht seine Streicheleinheiten. Wenn er nur geprügelt, wie ein Hund geprügelt wird, dann kann er ja nur noch hündisch werden . . .
Ich schickte Ihnen ein Telegramm mit zwei Daten für ein Treffen. Ich hoffe, eines paßt Ihnen. Zu diesem Treffen brächte ich dann das dritte Darlehens-Viertel mit.
Was die Verträge betrifft, so hatte ich von vorneherein die Idee, das nicht vor den Ferien aufzunehmen. Sowohl Kaut als auch Klingenberg hätten die Sache in die Ferien hinein verzögert, die Verträge wären dann wochenlang liegengeblieben, und das ist nicht gut. Ein Vertrag sollte, wenn er vorliegt, dann auch unterzeichnet werden. An Kaut schicke ich den Vertrag Ende Juli, an Klingenberg Mitte August.
Ihr Brief vom 10. Juni nebst der polnischen Anlage war ein Irrläufer; er kam praktisch erst mit Ihrem zweiten Brief vom 6. Juli hier an.
Ich kann nicht beurteilen, ob man mit dem Text »Minetti« einen Band in der Bibliothek Suhrkamp machen kann, dazu müßte ich wirklich den Text kennen oder von Ihnen ausführlich informiert werden. Es ist dabei auch zu bedenken, daß wir doch wahrscheinlich »Die Berühmten« und dann auch das nachfolgende Stück wieder in der BS machen wollen, und eine allzu große Häufung von Titeln von Ihnen in der Bibliothek Suhrkamp ist für beide Teile nicht gut.
Ich verstehe nicht, daß Sie sich so aufregen, wenn Fehler vorkommen; diese Dinge kann man bei einer zweiten Bindequote bereinigen, und dann ist die Sache ausgestanden. Man kann in einem großen Betrieb nicht alles selber machen, und Fehler kommen halt leider vor. Vollkommen ist niemand – nur Thomas Bernhard, wenn er schimpft.
Frau Borchers hat die Fahnen zur »Korrektur« in zwei Schüben unserer Expedition gegeben. Diese hat dann diese zwei Schübe in vier aufgeteilt, und zwar, wie mir versichert wurde, aus zolltechnischen Gründen. Sie wollen ja auch nicht für die Abholung der Pakete auf den Zoll rennen.
Das ist der Grund auch, warum wir Ihnen bisher keine Bücher geschickt haben. Schicken wir Bücher, so müssen Sie zum Zoll und schimpfen; schicken wir Ihnen keine, schimpfen Sie auch.
Im übrigen habe ich das Buch »Korrektur« sehr gerne, um nicht zu sagen geradezu lieb. Ich werde mich dafür einsetzen, und wir werden das Buch gehörig ins Zentrum stellen. So bei einer Veranstaltung während der Suhrkamp-Buchwoche in Frankfurt am Freitag, dem 19. September, vor etwa 150 geladenen Gästen, von A (Abs) bis Z (Professor Zeller, Marbach) werden die wichtigsten Leute aus dem intellektuellen und ökonomischen Bereich anwesend sein. Im Mittelpunkt dieser Veranstaltung steht eine 20minütige Lesung von Ihnen aus »Korrektur«.
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