Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld
muß jedoch geändert werden; ich werde das selbst machen (der Umschlag des Residenz Verlages zur ›Ursache‹ schien mir schlechterdings unmöglich und für Bernhard total unangemessen).
Lange Diskussion über ›Amras‹ in den suhrkamp taschenbüchern. Er will das nicht. ›Amras‹ sei einer seiner wichtigsten Titel und ihm immer noch der liebste Text, und er müsse in die BS. Ich gab nach. Wir werden diesen Titel also nicht in den st bringen, sondern im Rahmen des nächsten Programms der BS.
Bei der SLZ [siehe Anm. 1 zu Brief 291] haben wir freie Hand ›Verstörung‹ oder ›Amras‹.
Er gab sein Wort für die Lesung in Frankfurt am Freitag, dem 19. September (Dauer 20 Minuten), und für eine Lesung in Wien (Dauer 30-40 Minuten). Dagegen möchte er nicht nach Linz fahren.
Das Wiener Stück wollen wir mit Herrn Klingenberg am 29. September in Wien verhandeln.
Am 19. September möchte Bernhard dann die 4. Rate seines Darlehens in Empfang nehmen.«
Th. B. hat am 20. Februar 1975 brieflich Wolfgang Schaffler die Zusage gegeben, einen autobiographischen Band im Residenz Verlag zu veröffentlichen, im Juni sendet er das Manuskript, das ursprünglich den Arbeitstitel Erinnern trägt (siehe Briefe 244, 256, 271, 283), dann Das Internat heißen sollte, unter dem definitiven Titel Die Ursache an Schaffler. Siehe zur Entstehung der Ursache auch Th. B.: Werke 10 , S. 516ff.
2 Johann Wolfgang Goethe, Das Tagebuch von 1810.
3 Im veröffentlichten Roman ist zwar von keinem »gemeingefährlichen Zuhälterstaat« mehr die Rede, allerdings – wohl nicht weniger scharf – von einem »völlig heruntergekommenen Staat« und von » dieser permanenten Perversität und Prostitution als Staat « (Th. B.: Werke 4 , S. 26). Korrektur wird am 10. September 1975 zu einem Ladenpreis von 28.— DM ausgeliefert.
[327; Anschrift: Ohlsdorf]
Frankfurt am Main
4. September 1975
Lieber Herr Bernhard,
mit gleicher Post schicken wir Ihnen heute zwei großformatige Drucksachen, das eine ist ein Plakat, das andere ein Prospekt, der in einer Auflage von fast 2 Millionen gedruckt wird. 1 Sie sind da in der ersten Reihe in der Mitte abgebildet, und irgendwie bezeichnet das ja durchaus Ihre Stellung hier im Hause.
Herzliche Grüße
Ihr
Siegfried Unseld
1 Weder Plakat noch Prospekt haben sich im Nachlaß von Th. B. erhalten. Das Plakat im DIN-A4-Format mit dem Slogan »Der Mensch lebt durch den Kopf.« zeigt 25 Fotos von Autoren des Verlags, angeordnet in fünf Reihen mit jeweils fünf Porträts. Th. B. ist in der ersten Reihe der dritte von links.
[328; Anschrift: 〈Ohlsdorf〉; Telegrammnotiz]
Frankfurt am Main
4. September 1975
Möchten Sie am 21./22. in Schaffhausen in einer Kirche lesen?
Herzlich Unseld
[329; Telegramm]
Gmunden
17. 9. 75
ankomme freitag 8.05 h frueh flughafen erbitte gutes hotelzimmer 1
herzlich bernhard
1 Th. B. kommt zur Eröffnungsveranstaltung der Suhrkamp Buchwoche (18.-28. September in Deutschland mit über 100 Veranstaltungen) anläßlich des 25jährigen Bestehens des Suhrkamp Verlags am 1. Juli 1975 nach Frankfurt. S. U. schreibt dazu in seinem Bericht unter dem Datum des 19. September 1975:
»Aus Bonn eintreffend [Die Eröffnung der Suhrkamp Buchwoche findet am 18. September in der Aula der Universität Bonn statt; Max Frisch liest aus dem am 10. September 1975 ausgelieferten Montauk .], fand ich in der Klettenbergstraße einen sehr gut gelaunten Thomas Bernhard vor. Wir hatten noch eine Stunde Zeit für ein Gespräch, dann begann der Suhrkamp-Empfang in der Siesmayerstraße.
Schätzungsweise 250 geladene Gäste, es waren wirklich die Frankfurter Freunde des Verlages. Ich hielt meine für Frankfurt gewendete Rede zur Eröffnung der Buchwoche. Danach las Thomas Bernhard die letzten Seiten des ersten Teils der ›Korrektur‹; er las großartig: musikalisch, beschwingt, heiter, die musikalische Struktur des Buches zeigend. Anschließend Gespräche bis Mitternacht. Es war ein schöner Boden an Sympathie, und wir wurden von vielen guten Wünschen begleitet.«
Unter der Überschrift Neue Narrenburg heißt es in der Frankfurter Neuen Presse (22. September 1975) über die Veranstaltung: »Unseld feierte das 25jährige Bestehen des Verlags mit strahlendem Optimismus und wünschte den Geladenen zu Sekt und Rotwein bester Laune eine ›lange Nacht‹. Es war ihm, dem dynamischen Willensmenschen, gelungen, den bis zur Verzweiflung schwermütigen Dichter aus
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