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Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld

Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld

Titel: Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raimund Fellinger
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›Korrektur‹, Leinen, graphische Lösung des Umschlages. Größere Typographie, damit aus den 78 Seiten 200 werden. Er erbittet den Umbruch (also nicht Fahnen) bis Mitte März nach Ohlsdorf. Das Manuskript übergab er mir.
Zum 2. 4. 1983 (nicht zum 1.!) könnte dann der Sammelband aller Residenzarbeiten kommen, dies mit dem Titel ›Ein Kind‹. Ich soll in etwa 14 Tagen an Herrn Schaffler schreiben; Herr Schaffler behält die Einzelrechte und Übersetzungsrechte.
Im Dezember 1982 oder Januar 1983 in der BS seine neue Prosa-Arbeit ›Wittgensteins Neffe‹.
Für Herbst 1983 ist sein Opus magnum, ein Roman, ›Eine Familie‹ [So lautet einer der Arbeitstitel von Auslöschung .] vorgesehen.
Sein nächstes Stück, ›Der Schein trügt‹, wird im Februar 1983 bei Peymann in Bochum herauskommen. ›Über allen Gipfeln ist Ruh‹ dann durch Kirchner im Juni 1982.
Welch ein Plan!
Dann sollten wir an folgendes denken: ›Ereignisse‹ – die Rechte seien an ihn zurückgefallen, weil das Literarische Colloquium den Band schon seit Jahren nicht mehr aufgelegt hat. Ich soll an Höllerer schreiben; er sähe das am liebsten in den Insel Büchern.
Eine weitere Möglichkeit seien die beiden Texte ›rosen der einöde‹, 1957 bei S. Fischer erschienen, und das Manuskript ›Der Berg‹, für Fischer vorgesehen, aber dort nie erschienen.
Und schließlich sollten wir an ›Ungenach‹ und ›Watten‹ denken. Das seien gearbeitete Erzählungen, seine Biographien bei Residenz seien ›nur so hingeschrieben‹. Er hätte keinen Kunstgenuß empfunden bei der Niederschrift, sondern eben nur den Zwang, das zu schreiben. ›Watten‹ und ›Ungenach‹ seien aber wirkliche Autobiographien.
Nach dem vierstündigen Gespräch gingen wir dann zum Abendessen in ein Restaurant am Hafen. Er war in gelockertster Stimmung, ich erzählte ihm von den Goethe-Unternehmungen und dem Goethe-Wettbewerb, den er fabelhaft fand [siehe Anm. 1 zu Brief 446]. Seinerseits berichtete er von einem 10seitigen Beitrag, den er für die ›Zeit‹ geschrieben habe: Goethe besucht Wittgenstein, aber als er nach England kam, war Goethe in Not, denn Wittgenstein war tot [ Goethe schtirbt , in: Die Zeit , 19. März 1982]. Spontan erklärte er sich bereit, zur Matinee am 21. März nach Frankfurt zu kommen und, ebenso spontan, am 19. März zum 75. Geburtstag von Hans Mayer. Für den Samstag abend wünscht er sich Abendessen mit Elisabeth Borchers und Burgel Zeeh. […]
Dann war er nicht zu schlagen mit Geschichten aus seinem Leben. Einmal hätte er den Preis des Mozarteums bekommen, der Hofrat Paumgartner hätte ihn und 14 andere Stipendiaten zum Empfang des Preises eingeladen, alle anderen 14 hätten Preis und Preisgeld bekommen, doch für ihn sei nichts ausgestellt gewesen, und kurzerhand hätte ihn Hofrat Paumgartner stehenlassen mit der Bemerkung, seine Benennung sei ein Fehler der Quästur gewesen. Und dabei sei sein Name 14 Tage lang bei den Ausgezeichneten veröffentlicht gewesen, er habe das kaum fassen können und sei völlig verstört nach Hause gegangen und heute noch überlege er sich, wie dieser sensible Mozart-Kenner ihn so habe im Eis stehenlassen. 
Dann die andere Geschichte mit dem berühmten Mozart-Dirigenten Josef Krips: bei Dittmar, Seite 15, ist ein Zitat aus Zuckmayers Biographie ›Aufruf zum Leben‹ gebracht: ›Meine Frau verschaffte ihm (dem jungen Thomas Bernhard) ein Vorsingen bei einem der großen Salzburger Dirigenten, an dessen sicher sehr berühmten Namen sie sich nicht erinnert, aber er muß ein sackgrober Kerl gewesen sein. Sobald er bemerkte, daß Bernhards Stimme völlig «unausgebildet» war, schmiß er ihn kurzerhand hinaus, und meine Frau dazu!‹ Auch hier bemerkte Bernhard, wie unmöglich es sei, daß ein so sensibler Mensch so grob handeln konnte. Wieder sei er in eine Eislandschaft gerückt worden.
Dreißig Jahre später, auf der Autofahrt von Salzburg nach Wien, überholte ihn ein ›amerikanischer Leichenwagen‹ mit einer Genfer Nummer. Josef Krips war in Genf gestorben und wurde nach Wien überführt. Da hatte er es nun.
Sich mit Bernhard anlegen ist irgendwie tödlich.«

[442; Anschrift: Ohlsdorf; gesandt p. A. Hotel MeliÄ Mallorca, Palma de Mallorca]
     
    Frankfurt am Main
    15. Februar 1982
    Lieber Herr Bernhard,
    der Lebenshaltungskosten-Index ist 1981 wieder gestiegen, wir möchten Ihnen deshalb vorschlagen, daß wir vom 1. März 1982 an die monatlichen Zahlen auf DM 2.560.— erhöhen. Ich nehme an,

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