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Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld

Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld

Titel: Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raimund Fellinger
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er Ihnen konveniert oder ob Sie andere Wünsche und Vorstellungen haben. Ich freue mich auf unsre Reise!
    Herzliche Grüße
    Ihr
    [Siegfried Unseld]
    Anlage 2
    1    Über die Uraufführung von Am Ziel am 19. August 1981 bei den Salzburger Festspielen in der Regie von Claus Peymann berichtet S. U. im Reisebericht München—Salzburg, 18.-19. August 1981 : »Die Aufführung war einerseits ein Erfolg beim Publikum und wird es vielleicht auch bleiben, andererseits doch ein deutliches Ungenügen an der Länge des Stückes: dreieinhalb Stunden ist einfach für diesen Text zu lang, er hängt durch, manches wirkt dann in der Tat banal. Die Inszenierung war nicht letztlich konzeptionell straff, Marianne Hoppe [Mutter], als sie sah, daß sie es schaffte, wurde immer besser. Kirsten Dene [Tochter], eine hervorragende Schauspielerin, jedoch ihre großartig-melodiöse und intelligente Stimme war ein Widerspruch zu dem Naivling und zu der Unterdrückten, die sie spielen mußte. Die Rolle des dramatischen Dichters war mit Branko Samarovski falsch besetzt. Doch großer Beifall. Ich bin gespannt, wie die im Stück als ›unberechenbar‹ bezeichnete Kritik reagieren wird.« S. U. ordnet in die Chronik zwei Besprechungen ein; die von Urs Jenny im Spiegel (24. August 1981) endet mit den Sätzen: »›Am Ziel‹, wenn denn das das Ziel sein sollte, präsentiert Thomas Bernhard sich als ein Autor, der mit allem, wirklich allem, was ihm einst Wunde und Schmerz war, nur noch auf das glänzendste kokettiert.« Paul Kruntorad schließt seine Besprechung ( Frankfurter Rundschau , 22. August 1981) wie folgt: »Man hat es also wieder, das Geschenk eines neuen Bühnenwerks aus Thomas Bernhards exklusiver Werkstatt, maßgeschneidert für das ausführende Team, beunruhigend ob seines Wahrheitsgehalts und irritierend wegen der hermetischen Form, in die diese Wahrheit gefaßt ist.«
    2 Der von Burgel Zeeh erstellte »Reiseplan für Thomas Bernhard WIEN-BOSTON-Niagarafälle / BUFFALO-MINNEAPOLIS-WIEN« sieht den Abflug nach Boston für den 19. September 1981 vor, am 20. den Flug von Boston nach Buffalo mit Ausflug zu den Niagarafällen, am 21. die Weiterreise nach Minneapolis. Die Reise kommt nicht zustande. Burgel Zeeh notiert für S. U. den Inhalt eines Telefonats mit Th. B. am 27. August 1981: »Aus der Reise nach Amerika wird nichts werden: Er sitzt an einer neuen Arbeit, und das ist ihm wichtiger. Sollen die doch in Minneapolis machen, was sie wollen. Um die Reise mit Ihnen zu den Niagarafällen tät’s ihm leid, aber er kann wegen der Arbeit nicht fort.«

[436; Anschrift: Ohlsdorf]
     
    Frankfurt am Main
    30. September 1981
    Lieber Thomas,
    nicht nur die USA, sondern auch Frankreich schmücken sich mit Titelseiten Thomas Bernhard. 1
    Ich war in Boston. Traurig, daß wir unseren Ausflug zu den Niagarafällen nicht machten. Jetzt versuche ich ein neues Feriendomizil für Sie auszuprobieren: in Madeira. Dann die Buchmesse, und danach hoffe ich, daß wir uns bald sehen.
    Die Hochzinspolitik geht auch an uns nicht spurlos vorüber. Es ist ökonomisch unsinnig, gegenwärtig sich bei einem Zinssatz von 15% Gelder leihen zu müssen. Sie haben dafür sicherlich Verständnis. Im übrigen haben wir ja einiges an Vor-Zahlungen geleistet. Demnächst wird es hoffentlich besser aussehen.
    Ich schreibe Ihnen dies am Tag meines Geburtstags.
    Herzliche Grüße wie immer
    Ihr
    [Siegfried Unseld]
    1   Ein Bild von Th. B. sowie der Verweis auf ein Dossier im Innern finden sich auf der Titelseite von La Quinzaine littéraire , Nr. 354, 1.-15. September 1981.

[437]
     
    Ohlsdorf
    17. Dezember 81
    Lieber Siegfried Unseld,
    dass ich mich für die Einsamkeit entschieden und Ihren Frankfurter Verführungen nicht nachgegeben habe, kommt meiner Arbeit zugute, die ich, unterstützt von den Schneemassen und den finsteren Dezembergesichtern um mein Haus, so gut vorantreiben kann, wie schon lange nicht. Das Meer hat meinen Kopf geklärt und meine Nerven beruhigt und mein Genie wieder in Gang gebracht. Wenn ich nachzähle, existiere ich zeitlebens vor allem in dem, das ich abgelehnt habe. 1
    Nur ein paar Punkte berechtigen zu diesem Brief.
    »Ave Vergil« hat mir grosse Freude gemacht. 2
    Die sogenannte »Werkgeschichte« des Herrn Tismar ist eine vollkommen überflüssige Scheusslichkeit, strotzt von Fehlern und verdiente, sofort aus dem Verkehr gezogen zu werden. Willkürlich, konzeptlos, dumm – so mein Eindruck. Im Grunde eine Gemeinheit, die mir schadet

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