Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld
am 25. März 1981 statt.
1983
[453; Anschrift: Ohlsdorf]
Frankfurt am Main
3. Januar 1983
Lieber Thomas Bernhard,
schönen Dank für Ihren Brief vom 27. Dezember, der mich heute, am ersten Arbeitstag des Verlages, erreichte. Ich freue mich, daß wir uns am 17. Januar treffen; Sie werden sicherlich genauer angeben, wann Sie eintreffen, und ich werde aufs beste vorbereitet sein. Ich freue mich auf unsere Wiederbegegnung.
Herzliche Grüße
Ihr
[Siegfried Unseld]
P. S.: Nach unserem Telefonat: ich hole Sie um 11.55 h am Gate ab, oder wir treffen uns am sogenannten »Meeting-Point« (Ankunftsebene, also eine Etage tiefer), Halle B.
Frau Zeeh wird den Flug nach Wien für 16.40 h buchen (LH 254). 1
1 Th. B. landet am 17. Januar auf dem Frankfurter Flughafen. In der Chronik vermerkt S. U.: »Fahrt in den Verlag. Er ist wütend über die Schlamperei, über das ›Dreck‹-Produzieren des Theaters, über den Kitsch, den Koeppen mit ›Die Mauer schwankt‹ geschrieben habe, er gießt seinen Hohn über alles aus. […] Als wir im Verlag ankamen, war er schon beruhigter, er begrüßte Joachim, widmete ihm seine Bücher ›Im Vorübergehen und zum Anfang‹. In knapp 30 Sekunden überblickte er seine Honorarabrechnung, war glücklich, hunderttausend Mark entgegennehmen zu können, unterschrieb die Quittung, aber dann wollte er diese hunderttausend Mark in Schillingen haben. […] Dann hat er seine neue Erzählung, ›Chur‹, 200 Seiten beendet. [Der definitive Titel lautet Der Untergeher .] Wir sollen das im März erhalten. Für die Ausgabe in der BS ›Der Schein trügt‹ übergibt er mir eine genaue Farbkombination: dunkel-oliv und schwarz.
Dann noch eine weitere Anregung. Er ist sehr froh über die ›Gesammelten Stücke‹ im Weißen Programm, aber er hätte ebenfalls sehr gerne im Herbst ›Frost‹ herausgehoben. Zwanzig Jahre ›Frost‹ – und eine Generation von Schriftstellern habe davon profitiert. Wir sollten einen Band im Hauptprogramm machen und vielleicht rasch einen Materialienband realisieren.«
[454; Rundbrief an Autoren und Freunde des Verlags]
Frankfurt am Main
7. Januar 1983
Zum Neuen Jahr eine neue Nachricht: mein Sohn Joachim tritt am 3. Januar 1983 aktiv in die Verlagsarbeit ein. Nach dem Abitur machte er bei uns seine Ausbildung als Verlagsbuchhändler, hospitierte bei der Frankfurter Bücherstube und bei Osiander, 1 studierte in München und promovierte in Berlin mit einer Arbeit über Franz Kafkas Verhältnis zu seinem Schreiben und zu seinen Publikationen, die im vergangenen Jahr bei Hanser erschien: »Franz Kafka. Ein Schriftstellerleben«. In den beiden letzten Jahren arbeitete er bei Verlagen und Buchhandlungen in Frankreich, USA und Spanien. Seit 1978 gehört Joachim Unseld den Verlagen Suhrkamp / Insel / Nomos als Gesellschafter und mit Dr. Heribert Marré und Dr. Gottfried Honnefelder sowie im Nomos Verlag Baden-Baden mit Volker Schwarz auch der Geschäftsführung an.
Jetzt also ist Joachim Unseld in voller Tätigkeit in die Verlagsarbeit getreten. Er leitet den Bereich Verkauf / Vertrieb bei Suhrkamp und Insel, so, wie auch ich im Jahre 1952 bei Peter Suhrkamp begann. Für einen Verleger ist das »Machen« schöner Bücher ja die eine Sache, sie zu verkaufen die ebenso wichtige andere, und dies will durch Erfahrung gelernt sein. Joachim Unseld wird das persönliche Gespräch mit Ihnen suchen, bitte nehmen Sie ihn freundlich auf.
Gottfried Honnefelder bleibt als Leiter des Suhrkamp Taschenbuch Verlages in der bisherigen engen Beziehung mit Ihnen, und im Hinblick auf den Deutschen Klassiker Verlag wird er bald neue Beziehungen mit Ihnen aufnehmen.
Also dreifach genäht – mit mir nicht nur als Hintergrundfigur – sollte unsere Verbindung noch besser halten.
Mit freundlichen Grüßen
[Siegfried Unseld]
1 Die Osiandersche Buchhandlung besteht seit 1596 in Tübingen.
[455; Anschrift: Ohlsdorf]
Frankfurt am Main
11. Januar 1983
Lieber Thomas,
damit Sie sehen, wie wir Deutschen Sie schätzen, schicke ich Ihnen einen Bericht aus »Le Monde«.
Herzlichst,
Ihr
Siegfried Unseld
Anlage 1
1 Im Thomas-Bernhard-Archiv hat sich die Kopie eines Artikels aus Le Monde erhalten ( Aveux et paradoxes de Thomas Bernhard , 7. Januar 1983, S. 1), der auf das im Innenteil abgedruckte Interview von Th. B. mit Jean-Louis de Rambures unter demselben Titel hinweist. In der deutschen Fassung ( Alle Menschen sind Monster, sobald sie ihren Panzer
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