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Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld

Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld

Titel: Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raimund Fellinger
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lüften , in: Von einer Katastrophe in die andere , S. 104-113) sagt Th. B.: »Meine Schreibweise wäre bei einem deutschen Schriftsteller undenkbar, und ich habe im übrigen eine echte Abneigung gegen die Deutschen.« (S. 112)

[456; Anschrift: Ohlsdorf]
     
    Frankfurt am Main
    8. Februar 1983
    Lieber Thomas,
    die Rezension von Herrn Reich-Ranicki in der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung« wird Ihnen sicherlich nicht entgangen sein. Kennen Sie auch die Rezension in der »Neuen Zürcher Zeitung« vom 4. Februar? 1 Ich schicke diese Ihnen zu und auch die letzte Seite der »Zeit«, in der wir unsererseits werben. Es werden jetzt noch zwei weitere Anzeigen kommen, in denen wir die Stimme von Herrn Reich-Ranicki aufnehmen.
    Sie sehen, wir tun etwas.
    Mit freundlichen Grüßen
    Ihr
    [Siegfried Unseld]
    1    Wittgensteins Neffe erscheint am 30. November 1982 als Band 788 der Bibliothek Suhrkamp. In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung , 5. Februar 1983, bespricht Marcel Reich-Ranicki das Buch unter der Überschrift Der Sieg vor dem Abgrund : »Doch was schon in der Erzählung ›Beton‹ auffiel, bestätigt sich hier: Er schreibt jetzt leichter, lockerer und durchsichtiger. Sein Stil ist gelassener und souveräner geworden. Vielleicht darf man auch sagen: reifer.« In der Rezension der Neuen Zürcher Zeitung ( »Aeusserster Schwierigkeitsgrad einer Freundschaft« , 4. Februar) heißt es: Bernhard »zeichnet ein so nuanciertes Bild seines Freundes, dass man glaubt, ihm in den Straßen Wiens begegnet zu sein, und die Charakterisierung seiner geistigen Eigenschaften ist so intensiv, dass man wähnt, sich mit Paul Wittgenstein im Gespräch befunden zu haben«. Die Anzeige in der Zeit vom 4. Februar wirbt mit dem Auszug aus einer Besprechung des Norddeutschen Rundfunks.

[457; Telegrammnotiz]
     
    Frankfurt am Main
    3. März 1983
    Lieber Thomas – ich gratuliere zum 15. Tsd. des »Wittgenstein« – wir werden noch mal so viele Exemplare drucken. Alle Korrekturen sind ausgeführt. Exemplar unterwegs. Herzliche Grüße Ihr Siegfried Unseld

[458; handschriftlich; Ansichtskarte: »Sevilla, Patio Banderas«]
     
    [Sevilla]
    [25. März 1983]
    Lieber S. U.
    der Autor reise u . arbeite! 1 – Ich habe die größte Lust, Sie bald zu sehen,*
    Ihr Thomas B.
    *kerngesund! 2
    3 Zwischen dem 18. und 28. März bereist Th. B. Spanien.
    2    Als S. U. am 9. Februar Th. B. telefonisch zum 52. Geburtstag gratuliert, hat der Verleger gerade eine Grippe überwunden. Die beiden treffen sich am 21. April in Wien. Im Reisebericht Paris—Wien, 19.-21. April 1983 ist festgehalten:
»Bernhard-Materialien. Ich lande pünktlich, mit dem Taxi zum Hotel Hilton. Als ich die Halle betrete, war Thomas Bernhard eine Minute vorher angekommen. Er liebt ja die Pünktlichkeit. Spaziergang durch einen Park, dann Mittagessen im Intercontinental. Er ist aufgeräumt, locker, heiter. Er übergibt mir die Korrekturen seines Stückes ›Der Schein trügt‹. Die Seiten 58 und 59 fehlen. Wir sollen sie bitte mit dem Manuskript vergleichen. Er muß das nicht mehr sehen. […]
Es wurde vereinbart, daß Peymann das Stück ›Der Schein trügt‹ Anfang der nächsten Spielzeit in Bochum herausbringt, also wahrscheinlich Oktober.
Peymann ist jetzt beschäftigt mit der Premiere ›Wintermärchen‹, die Ende April / Anfang Mai stattfinden wird. Peymann wird also nach den ›Wintermärchen‹ die Uraufführung ›Der Schein trügt‹ im Oktober machen. Bernhard müsse sich dann Mitte Mai mit Peymann treffen, in Barcelona, Madrid oder an einem anderen Ort. Ihm läge freilich daran, daß er bis dahin die Fahnen seines neuen Romans gelesen habe, damit er sich dann voll auf das Stück einstellen könnte. Wir sollten also wirklich den Versuch machen, bis 12. / 13. Mai Fahnen an Bernhard abgeliefert zu haben.
Dann übergibt er mir das Manuskript, das früher ›Chur‹ hieß, dann ›Der Asphaltgeher‹ und jetzt ›Der Untergeher‹. Ihm schwebe vor, Format wie ›Beton‹, aber einen Umschlag zu machen in der Typographie wie die ›Verstörung‹, und das Wichtigste: die Farben müssen schwarz-gelb sein. Das Manuskript umfasse über 90 Seiten, also drucktechnisch 240 Seiten, so stelle er sich das vor.
Und dann das Merkwürdige: Er erzählt ganz von sich aus ungefragt die Geschichte dieses Manuskripts. Wenn großartige Leistungen von einem Genie berührt würden, versänken die großartigen Leistungen, und das Genie bliebe übrig. Es gäbe hier drei Leute, die in

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