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Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld

Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld

Titel: Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raimund Fellinger
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Fahnenkorrektur von Der Untergeher gelangt, wie der handschriftliche Vermerk von Burgel Zeeh auf dem Brief nahelegt, »an Fr. Borchers«.

[461; Telegramm; wolfseggamhausruck]
     
    [Wolfsegg]
    27. 6. 1983
    erbitte anderen umschlag sehr herzlich bernhard 1
    2 Das Telegramm trägt den maschinenschriftlichen Vermerk von Burgel Zeeh: »Herr Staudt wird Thomas Bernhard anrufen, um zu erfragen, was er moniert. Das ist so mit Bernhard und Rach verabredet.« Der in der Programmvorschau 1983/2 auf S. 6 abgebildete Umschlag (reproduziert in Th. B.: Werke 6 , S. 177) wird verändert. S. U. ist zwischen dem 5. und 26. Juni nicht im Verlag, er hält sich zur jährlichen Fastenkur in Überlingen auf. Zu einer persönlichen Begegnung mit Th. B. reist er am 25. Juli nach Salzburg. Im Reisebericht Salzburg, 26.-29. Juli 1983 hält er fest:
»Ich hatte auf dem Flug und während des Aufenthaltes in Fuschl noch einmal sein neues Stück ›Der Theatermacher‹ gelesen. Das Stück gibt doch mehr, als ich es bei der ersten Lektüre gedacht habe. ›Das Rad der Geschichte mehr oder weniger vor die Säue geworfen‹ – dies Bernhardsche Motto zum Stück trifft die Sache sehr genau. Der Prozeß der Geschichte wird hier immer wieder angedeutet. Wie unaufhaltsam er sei, und wie genau wir ihn zu studieren hätten, mehr oder weniger, und zu dieser ›Geschichte‹ gehört auch die Geschichte des Autors, der in diesem Stück nicht nur seine Ansichten über das Theater und die Welt darstellt, sondern immer wieder auch aus seiner persönlichen Biographie und seinen persönlichen Erlebnissen heraus argumentiert. Und dies ›vor die Säue geworfen‹ trifft ja auch mehr oder weniger zu. Die Öffentlichkeit ist nicht die Kennerschaft.
Er war aufgeräumt und heiter. Glücklich bestätigte er seinen Kontostand [100 000 DM auf der Haben-Seite] und bat um Überweisung. Sehr froh war er über die neue Umschlagvariante: er hätte das, wie er meinte, Fleckhaus nicht verzeihen können. Dieser schrägstehende ›Untergeher‹ sei doch zuviel gewesen. Ich verschwieg ihm, daß dieser Umschlag nicht von Fleckhaus stammte. Der neue gefiel ihm gut, denn für ihn seien diese Linien des Umschlages auch Notenlinien, und mit Musik habe der ›Untergeher‹ ja ungeheuer viel zu tun. Er ist für die neue gelb / schwarze Lösung.
Dann unsere Ankündigung der ›vom Autor signierten limitierten Auflage des «Frost»‹. Er wußte, daß er mir das am Telefon zugesagt hatte, aber er könne das nicht. Nach zehnmaliger Unterschrift würde seine Hand erstarren. So gaben wir die Idee dieser Ausgabe einfach auf. Irgendwann würden wir die tausend gedruckten Bogen in einer Edition bringen können.
Die Rezensionen nahm er belustigt hin, er beschäftigte sich zehn Minuten damit, und dann meinte er, das genüge nun doch wohl. Das Positive sei langweilig und biete nichts Neues, das Negative träfe ihn nicht, weil es falsch sei. Aber ein Punkt muß ihn doch getroffen haben, denn er kam immer wieder darauf zurück: er schriebe jetzt eine Weile nichts mehr, weil ihm vorgeworfen würde, er schriebe zuviel. So zöge er sich jetzt einmal in sich selbst zurück. Ja, er nähme am Literaturbetrieb teil, am nächsten Tag würde er keinen anderen als Peter Handke treffen. Peter Handke hat mir das nicht mitgeteilt. Bernhard wollte mich bedrängen, noch dazubleiben und an dieser Begegnung teilzunehmen. Sie sei ja nicht unwichtig, meinte er, oder nicht? Zur Sicherheit hätte jeder der beiden eine weibliche Begleiterin, die die Pausen ausfüllen sollten, denn beide seien ja berühmt durch ihr beredtes Schweigen.
Wir sprachen dann über einen möglichen Protagonisten als ›Theatermacher‹.
Minetti sollte ausgelassen werden, Oskar Werner sei irrenhausreif, Hans Christian Blech ›zu abgeblecht‹,
Horst Bollmann ein großer Schauspieler, aber für die Rolle physisch zu klein,
Will Quadflieg ausgetrickst,
Heinz Reincke käme in Frage, aber lustlos, er sei dagegen,
Ernst Schröder, das müsse doch wohl auch nicht sein,
Peter Lühr nein, der sei zu wenig theatralisch,
Klaus Maria Brandauer, der in der neuen Haeusserman-Inszenierung des ›Jedermann‹ mit der Buhlschaft Marthe Keller den Jedermann spielt, käme nicht in Frage […] .
Beim Nachdenken kam er dann doch immer wieder auf Heinz Reincke zurück, der vielleicht doch ganz gut sei.
Die Honorarforderung gegenüber dem Präsidenten Moser wollte er mir überlassen.
Er steigerte sich in eine Heiterkeit hinein und fragte sich

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