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Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld

Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld

Titel: Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raimund Fellinger
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habe ich, wie Sie wissen, das Abkommen getroffen, dass meinem Wunsch entsprechend und meinem eigenen Verhältnis dem österreichischen Staat gegenüber gehorchend mit der gebührenden Selbstverständlichkeit mit dem Besitzwechsel des Residenzverlags von Herrn Schaffler in die Hände des österreichischen Staates alle meine Rechte an meinen Arbeiten im Residenzverlag an mich zurückfallen, da mir der österreichische Staat in allem widerstrebt und in allem und jedem höchst zuwider ist; einzige Bedingung: es erscheint, als persönliche Geste Herrn Schaffler gegenüber, auf dessen Wunsch, nocheinmal ein Buch von mir im Residenzverlag. Die Rede war von »Der Zweifel«.
    Die Gründe, mich vom Residenzverlag im Augenblick des Verkaufs an den österreichischen Staat und also mich von den neuen Besitz- und Geistesverhältnissen zu trennen, sind Ihnen bekannt. Inzwischen haben sich diese Gründe in erschreckender Weise und unerträglicher Hinsicht erhärtet und es ist nicht die Zeit und der Platz hier, sie alle nocheinmal aufzuzählen. Für mich selbst habe ich die Trennung vom Residenzverlag im Augenblick des Verkaufs von Schaffler an den Staat tatsächlich und selbstverständlich vollzogen und Ihnen und dem Verlag das auch umgehend mitgeteilt. Auf diese Mitteilung erschien Herr Schaffler in Ohlsdorf und wir kamen schliesslich zu der oben angeführten Abmachung. Lange Zeit nachher kamen Sie nach Ohlsdorf und sagten, Sie hielten sich nicht an diese ABMACHUNG. Ich beharrte darauf, wenn auch unter den freundschaftlichsten und liebenswürdigsten Umständen.
    Dieser Brief soll nun in dem ja schon unwürdigen Hin und Her noch einmal meinen absoluten Wunsch nach einer vollkommenen Trennung meiner Arbeiten vom Residenzverlag deutlich machen und ich bitte Sie in aller Freundlichkeit, mir alle meine Rechte aus dem Residenzverlag zurückzugeben. Einen juristischen Weg sollten wir tatsächlich, wie ich glaube, selbstverständlich, vermeiden. Wenn Sie das Angebot Unselds, das ich selbst ja unterschrieben habe, annehmen, soll es mir recht sein. Der Residenzverlag hat immer wieder, mündlich und schriftlich beteuert, was er mir verdankt und wie ungeheuer wichtig ich für ihn immer gewesen bin. Er hätte jetzt Gelegenheit, sich dankbar zu erweisen. Meine Publikationen im Residenzverlag waren immer persönliche Attribute.
    Es geht mir auch im Hinblick auf die schwindende Zeit, die mir noch zur Verfügung steht, und wie Sie wissen, ist es immer die kürzeste, darum, meine Arbeiten in einem Haupthaus zusammenzuführen, unter einem Dach und dieses Dach kann nur der Suhrkampverlag sein.
    Es ist für mich völlig ausgeschlossen, dass in Zukunft und also ab heute, noch irgendeine Publikation von mir im Residenzverlag erscheint.
    Mein persönliches Verhältnis zu Ihnen ist ein ungetrübtes, bedenken Sie das und geben Sie das selbstverständliche Grüne Licht, das ich von Ihnen erwarte.
    Diesen Brief schicke ich auch an Siegfried Unseld!
    Mit sehr herzlichen Grüßen Ihr
    Th. B.

[518; Anschrift: 〈Ohlsdorf〉; handschriftlich auf Privatpapier]
     
    Überlingen
    am 5. Dezember 1987
    Lieber Thomas Bernhard
    Heute habe ich die Kopie Ihres Briefes vom 29. Nov. an Dr. Jung erhalten. Ich bin sehr bewegt und bedanke mich für Ihr Vertrauen, es wird mich weiter verpflichten, und ich bin sehr glücklich über diese unsere Gemeinsamkeit.
    Nun warten wir ab, wie Jung sich entscheiden wird, jedenfalls ist das unwürdige Hin und Her von Ihnen klar entschieden. 1
    Ich faste, denke, bewege mich, also fühle ich mich wohl. 2
    Ich hoffe, wir sehen und sprechen uns bald.
    Ihr dankbarer
    Siegfried Unseld
    1   In seinem Antwortbrief vom 3. Dezember 1987 an Th. B. betont Jung zunächst, daß es bisher weder eine juristische Begründung noch eine verbindliche Abmachung über die Trennung des Werks von Th. B. vom Residenz Verlag gegeben habe, sondern nur Vorschläge. Nun verlange Th. B. zum ersten Mal diese Trennung; unter diesem Diktat stimme er dem Vorschlag vom 16. Oktober 1987 zu, freilich mit der Änderung, daß dem Residenz Verlag der Wert der Weltrechte vom Suhrkamp Verlag abgegolten werden müsse. Eine Kopie des Briefes gehe an S. U.
In der Folge scheitert die Übertragung der Rechte am Nichtzustandekommen einer finanziellen Einigung.
    2   S. U. hält sich zwischen dem 27. November und 10. Dezember zur Fastenkur in der Buchinger-Klinik in Überlingen auf.

1988
     

[519; Anschrift: 〈Ohlsdorf〉; Rundbrief]
     
    Frankfurt am Main
    im Januar

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