Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld
einziges Wort verloren haben und ich Ihnen ja auch nichts von dem Preis geschrieben habe. Ob Sie darüber irgendwo gelesen haben, weiss ich nicht, nehme ich aber an. Also, haben Sie etwas zu Hilde Spiel gesagt? und was?
Zum Beispiel ist mein ›Boris‹ mit einer Menge neuer Druckfehler, in ›Spectaculum‹ abgedruckt, ich wusste nichts davon. Ich glaube, so geht das alles nicht, jedenfalls will ich alles das nicht so. Und es gäbe noch viel über die ganze Kopflosigkeit des Verlagsapparates zu sagen.
Ich möchte sagen, auf dieser Basis der Schlamperei und der Kopflosigkeit und der Gleichgültigkeit will ich nicht mit dem Verlag weitermachen. Meine Sache ist die Sache der Flüchtigkeit und der absoluten Ungenauigkeit und der Kopflosigkeit nicht.
Über alle diese, nicht gerade mit grösster Lust vorgebrachte Feststellungen wäre aber natürlich auch einmal zu reden, doch will ich selbst keinen Termin nennen und es liegt ganz an Ihnen, sich einmal zu treffen.«
[211; Anschrift: Ohlsdorf; Telegrammnotiz]
Frankfurt am Main
20. Oktober 1972
Lieber Herr Bernhard – Sie wollten doch Anfang November nach Frankfurt kommen. Ich habe mich darauf eingerichtet. Könnten Sie mich Montagvormittag zwischen 10-12 Uhr im Verlag anrufen?
Herzlich
Ihr Siegfried Unseld
[212; Anschrift: Ohlsdorf; Telegramm]
Frankfurt am Main
25. Oktober 1972
erbitte telegraphische nachricht ob besuch am sonnabend in ohlsdorf möglich ist
gruß rach und unseld suhrkamp verlag
[213; Telegramm]
Steyrermühl
25. 10. 72
samstag ja
bernhard
[214; Anschrift: Ohlsdorf]
Frankfurt am Main
27. Oktober 1972
Lieber Thomas Bernhard,
ich konnte zu diesem Termin nicht nach Ohlsdorf kommen, da ich ein dringliches Gespräch in Zürich habe. Ich stehe dort jedoch telefonisch zur Verfügung (Hotel »Atlantis«, Zürich: 35.00.00).
Ich bemühe mich, die in Ihrem Brief vom 18. 10. 1972 erwähnten Vorgänge sachlich zu beschreiben.
Von einer »unübersehbaren Nichtbeachtung« kann ernsthaft nicht die Rede sein. Wir haben Ihre Manuskripte ins Buch verwandelt und sind für Ihre Bücher eingetreten. Ich persönlich von allem Anfang an, das wissen Sie, und ebenso die Mitarbeiter des Verlages, die Sie als bedeutenden Autor schätzen. Wir haben uns insbesondere für Ihre jüngsten Arbeiten eingesetzt, für Ihr letztes Stück, für das wir, wie Sie wissen, ein Plakat hergestellt haben.
Daß die 2. Auflage mit Fehlern gedruckt wurde, ist bedauerlich, ich habe Sie jedoch schon beim ersten Mal gebeten, mir ein korrigiertes Exemplar der Buch-Ausgabe zu schicken; Sie haben das bis heute nicht getan. Bitte, tun Sie es jetzt, damit wir bei einer 3. Auflage die Fehler bereinigen können.
Meine erste dienstliche Reise nach meinem Krankenhaus-Aufenthalt führte mich zu Ihnen und nach Salzburg. Wir haben dort klare Termine für Ihre weiteren Arbeiten besprochen. Wir haben insbesondere davon gesprochen, daß Sie einen Teil des Monats Oktober in Brüssel verbringen und Anfang November nach Frankfurt zur Übergabe des Manuskripts kommen wollten. Es waren ebenfalls klare Termine für die Ablieferung der Manuskripte für »Erinnern 1« und, zum Ende des Jahres, für das neue Stück. Auf diese Arbeiten hin habe ich Ihnen, wie in meinem Brief vom 2. August 1972 erklärt, eine Optionsvorauszahlung 1 in Höhe von DM 20.000.— geleistet. Meinen Brief haben Sie bestätigt und auch die Tatsache, wie angenehm unser Gespräch und unser Zusammensein in Salzburg war.
Auf mich warteten nach dem längeren Kranksein Berge akuter Verpflichtungen. Dann kam die Buchmesse. Ich wußte, daß Sie nicht erreichbar waren, eine Brüsseler Adresse hatte ich nicht, ich wartete nur auf Ihr Kommen und schrieb Ihnen deshalb am 9. Oktober noch einmal nach Ohlsdorf.
Aber nicht Sie kamen, sondern Ihr Brief vom 18., der nicht-haltbare Vorwürfe enthält.
Wir haben damals in Salzburg bzw. Ohlsdorf aus sehr genauen und real bedachten Argumenten heraus den Entschluß gefaßt, die »Korrektur« im Frühjahr, »Erinnern 1« im September herauszugeben. Für 1973 waren das neue Stück und, abermals im September, »Erinnern 2« vorgesehen. Im 1. oder 2. Halbjahr 1974 sollte dann der von Ihnen so sehr geschätzte Plan einer Auswahl aus Ihrem Werk von mir als Herausgeber realisiert werden. Wenn Sie meine Planungslisten einsehen könnten, so fänden Sie diesen Reader als feste Planung dort vor.
Ich halte diese Pläne für vernünftig, für richtig und vor allem für die Effizienz
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