Der Briefwechsel
bösartig.
Sonst geht es mir gut. Die Übersetzung der Gedichte des österreichischen slowenischen Dichters ist seit ein paar Tagen fertig; ich muß sie nur noch einmal mit dem Mann durchsprechen, in Kärnten, wo er lebt. Das Manuskript wird Ende Mai in Frankfurt sein. Es ist eine Freude, wie es weiter geht und weiter wird, auch in mir. Ich bin mit meiner Arbeit (und meinem Nichtstun) allmählich doch in etwa identisch.
Ich grüße Dich heute herzlich, als
Dein Peter
P. S.: Den Vertragsbrief habe ich gerade gefunden; er liegt bei.
[351; Anschrift: Salzburg]
Frankfurt am Main
15. Juli 1983
Lieber Peter,
jetzt schicke ich Dir das erste Exemplar des fertig gebundenen Buches »Der Chinese des Schmerzes«. 1
456 Ich hoffe, es gefällt Dir auch in dieser Form.
Ich werde am 27. Juli Ingmar Bergmans Molière-Inszenierung in Salzburg sehen. Könnten wir uns am 27. oder 28. Juli treffen? Ich rufe Dich an, um zu hören, ob und wann es Dir recht ist. 2
Herzliche Grüße
Dein
[Siegfried Unseld]
1
P. H., Der Chinese des Schmerzes , erschien am 1. September 1983. Bereits am 23. Mai 1983 trafen sich P. H. und S. U. 1983 in Salzburg zur Übergabe eines Vorausexemplares. S. U. notierte im Reisebericht Salzburg, 23. Mai 1983 : »Gegen 10.30 Uhr war ich in Salzburg und spazierte über den Mönchsberg zur Festung, alle die Wege, die Andreas Loser in Handkes Buch ›Der Chinese des Schmerzes‹ auch gegangen ist. Pünktlich um 13.00 Uhr kam Handke. Er war müde. Der Besuch bei seinem Kollegen, der in slowenisch schreibt, Gustav Januš, hatte ihn sichtlich ermüdet. Wir gingen gleich zum Essen, und als der Wein, Kremser Kögl, aufgetragen war, übergab ich ihm das erste Exemplar seines Buches. Er war sehr beglückt, sprach 10-15 Minuten nichts, und las, las und las, und das sollte sich immer wiederholen. Er sprach ganz gelöst über zwei Motive, die ihn zu dieser Geschichte bewegt hätten. Einmal, er habe gehört, wie jemand über den Felsen gestürzt worden sei, und das zweite, nicht der Sohn ähnelt dem Vater, sondern der Vater ähnelt dem Sohn. Das habe ihn interessiert. Er habe die Geschichte etwa ein Jahr in sich gehabt und dann in relativ kurzer Zeit, in kaum drei Monaten geschrieben [siehe Brief 344, Anm. 1]. Dann immer wieder die sachlichen Abschweifungen, Auslandslizenzen; ja, USA , die Sache mit der Roloffschen Übersetzung [von] ›Über die Dörfer‹. Jetzt ist er doch auch plötzlich schwankend geworden, ob es richtig sei, Manheim nicht mit der Übersetzung zu betrauen. Er bat mich um einen Brief an Roloff, freilich muß ich vorher erst mit Roger Straus gesprochen haben. Roger Straus soll nun Herrn Manheim beauftragen. Er, Straus, wird nur die Manheimsche Übersetzung drucken, während dann den Theatern beide Übersetzungen angeboten werden sollen. Hoffentlich ist dies ein gangbarer Weg. Er möchte keine Lesungen machen.
457 Aber wenn seine Übertragung der Gedichte von Gustav Januš vorliegt, dann schlägt er vor, in Wien eine Veranstaltung zu machen, bei der er dann auftreten würde. […] Er hatte ein schön gedrucktes Buch von Bove für mich mitgebracht: ›Portrait de la France: Bécon-les-Bruyères‹, erschienen [bei] Edition Emile Paule, Paris 1927, mit einem Frontispiz von Utrillo. Diesen Titel möchte er übersetzen, und das sei dann der letzte von Bove. Alles andere sollten wir freigeben. […] Dann ausführlich diskutiert über das Thema und den Bezugspunkt ›Schwelle‹. ›Ich bezeichne mich selber manchmal im Spiel als «Schwellenkundler»‹, heißt es auf S. 24. Sicher habe er das bei Benjamin wiedergelesen, aber schon in der ›Langsamen Heimkehr‹, als er das ›Passagenwerk‹ noch nicht gelesen habe, käme der Ausdruck der ›Schönheit der Schwelle‹ vor. […] Beim Abschied sagte er mir, er sei glücklich, daß ich eigens gekommen sei, um ihm das Buch zu bringen. ›Ich vergesse dir das nicht‹. Ja, Autoren haben großartige Erinnerungsmöglichkeiten, jedoch nicht in puncto der Dankbarkeit gegenüber dem Verleger.«
2
S. U. hielt sich zwischen dem 26. und 29. Juli 1983 auf Einladung von Gunilla Palmstierna-Weiss, die das Bühnenbild gestaltet hatte, zur Inszenierung von Molières Don Juan durch Ingmar Bergman in Salzburg auf. Dabei trafen sich P. H. und S. U. dreimal. Im Reisebericht Salzburg, 26.-29. Juli 1983 , notierte S. U.: »Handke ist zur Zeit und noch bis Juni nächsten Jahres mit Übersetzungen beschäftigt; er will nun auch Walker Percys Roman ›The
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