Der Briefwechsel
Peter
1
Die Ansichtskarte trägt den handschriftlichen Vermerk von S. U.: »daher Kobal«.
551 [450; handschriftlich]
[Salzburg]
4. Oktober 1988
Lieber Siegfried,
wohl ist es nicht der rechte Moment (Buchmesse), Dir das Stück zu schicken, aber ich will die Sache fürs erste endlich aus dem Haus haben. Du brauchst es erst zu lesen, wenn der Wirbel vorbei ist und der Kopf frei. Ich bitte nur, mir etwa durch Burgel Zeeh sagen zu lassen, ob die Blätter auch angekommen sind. 1 Ab dem 17. oder 18. Oktober möchte ich wieder ein wenig wandern gehen. Ich könnte Dich von unterwegs anrufen. – Es tut gut, wieder frei zu sein nach all diesen Monaten – vorderhand. Ich bin neugierig, wie das Schreibleben weitergeht. Heute will ich einmal nur gedankenlos nach Anif, in Luft und Licht.
Einen herzlichen Gruß
von
Deinem Peter
1
Die erste Textfassung von Das Spiel vom Fragen oder Die Reise zum Sonoren Land entstand zwischen dem 7. Juni und 4. August 1988. Das Typoskript umfaßt 72 (anderthalbzeilig getippte) Blatt. P. H. und S. U. trafen sich am 16. Oktober 1988 in Salzburg. In der Chronik ist unter diesem Datum vermerkt: »Ich hatte sein neues Stück schon in der Fassung gelesen, als es noch ›Die Kunst des Fragens‹ hieß, ein Manuskript mit vielen Korrekturen. Auf meinen Wunsch hin nannte er es ›Das Spiel vom Fragen oder Die Reise zum Sonoren Land‹. Es ist in der Art schon mit dem Stück ›Über die Dörfer‹ zu vergleichen, auch hier eine in sich nicht kohärente Gesellschaft von sechs Personen, ein Mauerschauer und ein Spielverderber, ein junger und eine junge Schauspielerin, ein altes Paar und eben Parzival, dazu dann ein Einheimischer in verschiedenen Spielarten. Es geht um eine ›neue Menschenkunde‹, und dieser neue Mensch ist durch Fragen definiert, d. h., er ist offen, neugierig, bereit zu Neuem. Die Reise führt zwar zum Sonoren Land,
552 aber die Gesellschaft kann sich dort doch nicht aufhalten, das Fest des Fragens findet nicht statt. Am Schluß tritt der Einheimische auf, verdammt alles Fragen, aber er ist jetzt doch schon so neuer Mensch, daß er nicht anders als fragen kann. […] Das Gespräch war zunächst – wie immer – kompliziert. Er will, wie jeder Autor, Zustimmung, Lob, Engagement erfahren, aber auch Kritik. So kritisierte ich den Untertitel ›Reise zum Sonoren Land‹, aber er bestand darauf. Raimund (er meinte den österreichischen Dramatiker Ferdinand Raimund, der Zauberpossen, Märchenstücke und romantische Dramen geschrieben hat) habe immer Doppeltitel eingesetzt und er wies mich auf die Widmung hin: ›für Seami Motokiyo, Ferdinand Raimund, Anton Tschechow, John Ford und all die anderen‹. Als ich ihm sagte, plötzlich tauche aus heiterem Himmel ein ›Autor‹ auf, gegen den sich die sechs Personen wehren: ja, sagte Handke, hier suchen sechs Personen eben keinen Autor! Auf diese Pirandello-Anspielung muß man kommen.«
[451; Anschrift: Salzburg]
Frankfurt am Main
18. Oktober 1988
Lieber Peter,
nur eine kurze Bestätigung eines Punktes: Fellinger hat veranlaßt, daß Dir die Bücher von Goetz, Rothmann und Angela Krauß zugehen. Sie müßten also in diesen Tagen bei Dir eintreffen. Ich schicke Dir noch die Bücher von Durs Grünbein und Friederike Mayröcker. 1 Über alles andere sprechen wir später bzw. werden wir noch telefonieren.
Herzlich
Dein
[Siegfried Unseld]
1
Rainald Goetz, Kontrolliert ; Ralf Rothmann, Der Windfisch . Erzählung ; Angela Krauß, Das Vergnügen ; Durs Grünbein, Grauzone morgens. Gedichte ; Friederike Mayröcker, mein Herz mein
553 Zimmer mein Name – zählten zu den Neuerscheinungen im Herbstprogramm des Suhrkamp Verlags.
[452; Anschrift: Salzburg]
Frankfurt am Main
18. Oktober 1988
Lieber Peter,
ich bestätige noch einmal unsere Reiseabsprachen. Du kommst am Mittwoch, dem 23., abends oder Donnerstag, 24., nach Frankfurt; am Freitag, dem 25., fliegen wir um 12.55 Uhr nach Madrid. Ich habe für Freitagabend dann in Madrid ein Hotelzimmer für Dich gebucht. Dies zu Deiner Orientierung. Du kennst ja die Flüge Salzburg–Frankfurt, nachmittags 15 Uhr die Lufthansa-Maschine und um 19.10 Uhr die AUA .
Herzliche Grüße
Dein
[Siegfried Unseld]
[453; handschriftlich; Ansichtskarte: »Sion, la rue de Lausanne et l'église de Valère«]
Brig
31. Oktober 1988
Lieber Siegfried,
wenn es immer noch recht ist, komme ich also am 23. oder 24. nach Frankfurt und dann geht es weiter zum Spanischlernen. Ich freue mich
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