Der Briefwechsel
datierte es im Rückblick auf den August 1965 und notierte: »Nach der Annahme der Hornissen Fahrt zum Verlag. Vorstellung beim Verleger, in seinem Büro im Grüneburgweg in Frankfurt. Ich übernächtig, an keiner der Autobahnraststätten zwischen München und F. ein Zimmer frei. ›Verleger‹? Unwissenheit des Zweiundzwanzigjährigen. Siegfried Unseld nicht nur im Dastehen im Raum gar übermächtig. (Übernächtig/übermächtig.) Riesengesicht. Und was für dunkle Augen – ich für deren Schönheit erst mit den Jahrzehnten offen. Und was für ein riesiger blauer Pickel auf der Riesenwange: bei meiner Erwähnung dessen fast vier Jahrzehnte später ein entschiedenes Kopfschütteln. Er seinerzeit: »Sie, Schriftsteller? Keine Chance, höchstens mit Theaterstücken.« (P. H., Zeit mit Siegfried Unseld (ohne Zeitwörter) , in: P. H., Meine Ortstafeln, Meine Zeittafeln , S. 422)
2
Chris Bezzel lektorierte Die Hornissen mit dem Autor brieflich und telefonisch: Es ging dabei vor allem um die Austriazismen, die Kapitelüberschriften in der Marginalspalte oder die Erstveröffentlichung einzelner Kapitel. Weder das ursprüngliche Typoskript noch spätere Arbeitsstufen noch die Druckfahnen haben sich erhalten.
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Paul Nizon, Canto , der Debutroman des Autors, erschien 1963 im Hauptprogramm des Suhrkamp Verlags.
[4; Anschrift: [Graz]]
Frankfurt am Main
23. September 1965
Lieber Herr Handke,
ich schicke Ihnen anliegend den angekündigten Vertrag zu. Bitte erschrecken Sie nicht über den Umfang des Vertrages, aber es scheint mir doch besser, präzise alle Rechtsbeziehungen zwischen uns zu regulieren. In zukünftigen Fällen
15 können wir dann jeweils auf diesen Vertrag aufbauen. Ich schicke Ihnen zwei Ausfertigungen zu und bitte Sie, mir eine mit Ihrer Unterschrift versehen wieder zurückzuschicken.
Es mag sein, daß der Suhrkamp Verlag Anfang November in Wien eine Buchpremiere für Tumlers neues Buch veranstaltet. Ich werde Ihnen noch Bescheid geben, es wäre schön, wenn wir uns dann wieder träfen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
[Siegfried Unseld]
[5]
Graz
30. September 1965
Sehr geehrter Doktor Unseld,
vielen Dank für Ihren Brief. Ich hoffe auch, daß ich vielleicht im November mit Ihnen zusammentreffen könnte. Beiliegend schicke ich Ihnen den unterschriebenen Vertrag; ich danke Ihnen nochmals. Wegen verschiedener Kleinigkeiten werde ich noch mit Dr. Bezzel in Verbindung treten. Die Vita und das Foto kann ich Ihnen erst in den nächsten Tagen schicken. 1
Sehr herzliche Grüße
Peter Handke
1
Am 22. Oktober 1965 erinnerte Chris Bezzel P. H. brieflich erneut an Foto und Vita, woraufhin dieser ihm am 26. Oktober 1965 seine »Lebensdaten« schickte, die bis auf kleine Änderungen für den Buchumschlag der Erstausgabe von Die Hornissen übernommen wurden: »geboren am 6. Dezember 1942 in Griffen, Kärnten. 1944-48 in Berlin. Volksschule in Griffen. 1954-59 humanistisches Gymnasium in einem Internat für Priesterzöglinge. Die letzten
16 zwei Jahre der Gymnasialstudien in Klagenfurt. 1961 Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Graz. Erste Veröffentlichungen in der Zeitschrift ›manuskripte‹ des forum stadtpark Graz. Außer dem Roman: Kürzere Prosa, ein Stück: ›Publikumsbeschimpfung‹.« Das Forum Stadtpark, Graz, wurde 1959 gegründet; siehe Brief 10, Anm. 2.
Dagegen benötigte P. H. einige Zeit, um zu publizierbaren Fotos zu gelangen. Jene Aufnahmen, die sein erstes öffentliches Erscheinungsbild prägten – also in Zeitungsrezensionen der Hornissen oder anläßlich der Veröffentlichung des Romankapitels Das Kartenspiel in Dichten und Trachten (Heft 27, 1966, S. 32-37) gedruckten –, entstammten einer Fotoserie von Otto Breicha. Darauf ist P. H. mit noch relativ kurzen Haaren, dicker schwarzer Brille und einer Winterjacke mit Fell zu sehen. P. H. schickte sie am 8. Februar 1966 an den Verlag.
[6; Anschrift: ]
Frankfurt am Main
8. Oktober 1965
Lieber Herr Handke,
wäre es Ihnen möglich, am 3. November nach Wien zu kommen? Um 11 Uhr vormittags wird in der Gesellschaft für Literatur von Tumler eine Lesung und ein Gespräch mit mir sein. Am Abend möchte ich Sortimenter zu einem Abendessen einladen. Ich wäre sehr froh, wenn Sie dabei sein könnten.
Mit herzlichen Grüßen
Ihr
[Siegfried Unseld]
17 [7]
Graz
21. Oktober 1965
Lieber Dr. Unseld,
vielen Dank für Ihre Einladung. Ich werde gern am 3. November nach Wien kommen und freue mich, Sie
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