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Der Bronzehändler

Der Bronzehändler

Titel: Der Bronzehändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanns Kneifel
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zuckte mit den Schultern und machte eine unschlüssige Geste. »Wir müssen uns damit abfinden. Jeder Händler sagt, dass es sich nicht lohnt.«
    »Man kann eben nicht überall mit allem handeln.« Jehoumilq hob die Brauen und lächelte grimmig. »Wahrscheinlich lohnt es wirklich nicht!«
    Etwa die Hälfte des erfolgreichen Dutzends schlief an Bord. Nachdem der größte Teil der Ladung durch Kupferbarren ersetzt worden war, hatten die Männer genügend Platz. In manchen Häusern vermietete man Schlafstellen; auch Jehoumilq zog es vor, auf einem weichen Lager zu schlafen. Nach Mitternacht gingen Karidon und Ptah an Bord, falteten Decken und streckten sich im Heck aus. Sie unterhielten sich murmelnd, mit schweren Zungen.
    Die Veränderung der Herrschaft war schleichend über Bergwerke, Schmelzen und Hafen gekommen. Die Verwalter, Steuerschätzer und Schreiber des alten Herrschers in Itch-Taui starben; Schiffe, die Henket brachten und Kupfer abholten, blieben aus; nicht abgeschickt oder gesunken. Auch Sklaven und bezahlte Arbeiter kamen nicht mehr zu den Bergwerken, deren Erträge schnell schrumpften. Kurz bevor alles verfiel und verödete, legte ein Schiff an, voller fremder Männer mit schwarzen, schnellen Augen und der Fähigkeit, in kurzer Zeit zu verstehen, dass derjenige, der eine ergiebige Kupfergrube betrieb, dem Reichtum und der Macht nicht ausweichen konnte. Binnen eines halben Jahres kamen Sklaven, Werkzeuge, Holz und Schreibkundige, Händler brachten die Kupfervorräte weg, mit Schiffen holte Fürst Anatnetish arme Siedler, Sklaven, Bewaffnete und kundige Handwerker. Der Ertrag stieg, Händlerkarawanen erreichten den Ort. Der ausgestoßene Fürstensohn mit seinen Vertrauten, der die Minen und Schmelzen gefunden hatte, ließ mehr Kupfer fördern, lud mehr Händler ein, ließ bauen und verwalten. Nach drei Jahren hatte er sich zum Herrscher der Bergwerke und des Hafens gemacht. Jeder vergaß, dass ein Jahrhundert oder länger die Rômet über das Land geherrscht hatten.
    Ptah-Netjerimaat knurrte schläfrig: »Und noch niemand ahnt, dass Chakaura wohl bald wieder hier herrschen will.«
    »Und herrschen wird.« Karidon sah gähnend den Lichtflecken auf dem Sonnensegel zu. Das Öllämpchen flackerte. »Wenn er klug ist, macht er Anatnetish zum Obersten Verwalter des Kupfers. Ich werde es ihm sagen.« Er gähnte, dass die Kiefer knackten. »Wenn er noch Zeit hat, mit mir zu reden.«
    »Ich hingegen, Freund, kann nicht mehr reden. Die schönen Träume warten. Von Khenso, hoff ich.« Er drehte das Gesicht zur Bordwand und zog den Mantel über die Schulter.

    Karidon hatte der Mannschaft eingeschärft, ihm unauffällig zu melden, wenn Späher Chaemrehu wieder an Bord war. Während er mit Ptah und Jehoumilq bei Tharbek rechnete, verglich und Listen führte, sah er sieben oder acht Wächter auf dem Kai, die mit ernsten Gesichtern umhergingen und die Dinge ihrer Umgebung prüften. Er grinste in sich hinein und strich eine Zeile durch. Er hob das Blatt und schwenkte es vor Tharbek.
    »Unser Schiff wird sinken vom Kupfer. Nun haben wir, ich schwör's, nur noch einen Sack mit zwölf Dutzend verpackten Schreibblättern. So groß. Wollt ihr? Nimm's, bei euren unbekannten Göttern, Tharbek, dann sind wir's los! Zum guten Preis!«
    »Wir haben einen Gott. Anatnetish hat ihn mitgebracht. Ich führ euch nachher zum Tempel. Beim Unnennbaren« – er legte die drei längsten Finger der Rechten auf die Lippen und verneigte sich – »ich nehm's. Fünfundsiebzig Deben Kupfer?«
    »Hundert«, sagte Jehoumilq rasch. Er schmunzelte. »Für dich: fünfundneunzig.«
    »So sei es.«
    Er schrieb etwas auf einen Fetzen gegerbter Haut und schickte den Schreiber hinaus.
    »Man wird ein Char gute Bronze und neun Char feines Kupfer zu eurem Schiff bringen. Ehrlich und besiegelt?«
    »Wie unter ehrbaren Kaufleuten!« Jehoumilqs Faust krachte auf den Tisch. »Wein! Den zahl ich!«
    Tharbek sah sich um; sie waren allein. Er wartete, bis Karidon Schreibzeug und Shafadurollen in der Kupferröhre verstaut und den Deckel geschlossen hatte, stand auf und sagte: »Kommt. Zuerst in den Tempel, dann in die Schenke.«
    Am höchsten Punkt der Siedlung, hinter den Häusern, stand ein würfelförmiges Gebäude auf felsigem Untergrund, einige Mannslängen höher als die übrigen Gebäude, von Gras und Tamarisken umgeben. Ein schmaler, türloser Durchgang trug einen polierten Kupferrahmen, handbreite Schlitze unter dem Dach ließen Licht herein, und an der

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