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Der Bronzehändler

Der Bronzehändler

Titel: Der Bronzehändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanns Kneifel
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weißen Rückwand war ein erstaunliches Götterbild aufgehängt oder stand auf einem eingemauerten Basaltsockel.
    Ein pfeilerartiger Körper, mit einem aufgerichteten steinernen Zeugungsglied, trug einen Kopf aus kantigem, geädertem Fels, mit dem schwarzen Gehörn eines Stiers aus Wawat, leuchtenden Augen aus Karneol und Alabaster, Ohren aus glimmerdurchzogenem Stein, einem schmalen Zedernholzmund und zylindrischen Zähnen aus Goldmetall. Unverhüllte Drohung schlug den Männern entgegen. Bis auf den Götzen war der Raum leer. Vor dem Götzenbild spannte sich von Mauer zu Mauer eine doppelt handbreite Steinplatte.
    »Der Unnennbare!« Tharbek vollführte wieder die Geste der drei Finger. Er flüsterte. »Manche fürchten ihn. Er verkörpert, wovon wir leben, was wir sind und tun. Manchmal fürchte auch ich ihn.«
    Karidon riss sich von dem düsteren Anblick los. Seltsamerweise fiel ihm Pije-Ipi, der Zahlennarr Chakauras, ein. Er murmelte: »So geht es uns auch, Tharbek. Aber den Wein in der Schenke fürchten wir nicht; auch nicht größere Mengen.«
    Am Kai, im Gespräch mit Kapitän Yach von der Riffkönigin , trafen sie Mlaisso und Ti-Senbi. Mlaisso lächelte schwach. »Ja!«, sagte er mit seltsamer Betonung. Karidon nickte und deutete auf das Ende einer Gasse. Dort ging Fürst Anatnetish mit zwei Bewaffneten; als sie den Schatten eines Torbogens erreichten, drehte sich Anatnetish um und sah zur Horus hinunter, so, als müsse er sich den Anblick des Schiffs und der Mannschaft einprägen. Tharbek verbeugte sich tief, richtete sich auf und legte die Hand auf die Bordwand.
    »Nachher schick ich dir die Shafadurollen«, sagte Karidon und zog Tharbek zu einem Tisch im Schatten des Vordachs. »Zwei Tage, Kapitän, bleiben wir noch, ja? Oder nur einen?«
    »Die Fahrt ist lang, die Tage sind voll Durst.« Jehoumilq wackelte mit den Zehen. Der Wirt stellte Becher auf den Tisch und schob das Bartende von der Öffnung des Kruges zur Seite. Jehoumilq kaute auf der Unterlippe. »Gönnen wir uns und den Ruderern etwas Ruhe. Ah! Drei Tage. Wir können's uns leisten.«
    Karidon dachte an das Tauschverhältnis von Silber zu Gold und hob schweigend den Becher.
    Die Mannschaft besserte an drei Dutzend Stellen das Schiff aus, schnitzte, erhitzte Erdpech, ließ sich im Badehaus verwöhnen und versammelte sich, je mehr sich die Männer langweilten, umso häufiger bei der Horus . Karidon und Jehoumilq prüften die Planken von innen und bis dicht unter die Wasserlinie auch von außen; schließlich entschied der Kapitän:
    »Füllt jeden einzelnen Krug mit Frischwasser. Vor der Abfahrt geht jeder zum Brunnen und trinkt, bis ihm übel wird.« Sein Blick streifte Holx-Amr. »Wenn uns der Morgen graut, legen wir ab.« Er sah sich um. »Ist der Späher da?«
    Vom Bug meldete sich Chaemrehu. »Ja!«
    »Hast du die Bergwerke und die Anlagen gesehen? Dir alles gemerkt?«
    »Ja, Neb.«
    Eine Eule flatterte über die Dächer, als Saigoos die Tauschlingen von den Pollern hob und die ausgestreckte Hand Ptahs packte, um sich an Bord zu schwingen. Lautlos wie die Eule glitt mit taufeuchtem Segel die Horus im Landwind aus dem leeren Hafen, durchs unbewegte Wasser nach Süden.
    Am siebenten Tag des Phamenat erreichten sie Men-nefer. Seit sie die Meeresschleuse des Kanals durchfahren hatten, waren schnelle Boten unterwegs; kushitische Rennläufer mit dürren Waden. Sie wurden erwartet; Sklaven wuchteten die Barren von Bord und trugen sie in die Lagerhäuser. Die Ruderer schlossen sich einer Eselskarawane nach Itch-Taui an. Eine Reihe Tragsessel, von je vier Männern geschleppt, warteten auf Ti-Senbi und die Wichtigen Männer. Als Chaemrehu auf die Planke trat, wandte er sich an Jehoumilq und Karidon. Sein Gesicht und die Hände waren völlig unbewegt, seine bewegte Stimmung zeigte sich erst, als er sprach.
    »Ihr Herren Kapitäne ich danke für eine lange Fahrt ohne Verletzungen und dass ihr mir geholfen habt meine Redekargheit soll euch nicht beleidigt haben denn wenn ich viel spreche vergesse ich was ich mir merken soll und ich muss Tatji Ikhernofret berichten und ich weiß dass so viel davon abhängt habt keinen Groll gegen mich aber dass der Goldhorus die Bergwerke wieder erobert ist wichtig fürs ganze Land.« Er holte keuchend Luft. »Alle Götter seien mit euch Kapitänen und dem liebenswerten Dutzend.«
    Karidon starrte ihn mit wachsender Verwunderung an und krächzte: »Ja.«
    Chaemrehu eilte die Planke hinunter und war nach sieben Schritten

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