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Der Bronzehändler

Der Bronzehändler

Titel: Der Bronzehändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanns Kneifel
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Süden. Eine Stadt nach der anderen wird mein mächtiges Heer zurückerobern, und vielen Fürsten wird die Macht genommen. Mächtige Festungen werde ich errichten an der Pforte des Südens zu meinem Land, jenseits der Stromschnellen. Die elenden Nehesi werden zu Staub unter meinen Sohlen. Weihrauch, Myrrhe und Gold kommen wieder aus dem Süden. Kein Nehesi wird es wagen, Händler zu töten oder, ohne dass ich es erlaube, mein Land zu betreten. So spricht der Goldhorus im Großen Haus, und so steht es geschrieben.

16. Auf Bronzekurs

    Kalter Regen schlug fast waagrecht gegen die Mauern von Mnis. Schwere Brecher zerstoben donnernd an den Felsen. Hunderte Schiffe hatten sich in wintersicheren Häfen verkrochen, auf Stranden und in Flussmündungen. Neben der Morgenröte lagen sieben Handelssegler in der Mündungsschleife des Qart. Karidon und die Mannschaft verbrachten den zweiten Winter in Mnis; die Tage im Hapiland und die Nächte mit Tamahat waren zu glimmenden, dunkelfarbigen Erinnerungen geworden und versteckten sich tief in seinem Herzen neben anderen Erinnerungen an Tamahats Bruder. In Gubla hatte Karidon mit Chakauras Gold Tamahats Schmuckstück ausgelöst.
    Er hielt den Mantel am Hals zusammengerafft und kämpfte sich zur triefenden Tür der Schenke. Regen und Wind schoben ihn in den beißenden Qualm des Raums und rissen den Türgriff aus seinen Fingern. Die Tür donnerte gegen die Wand, aus der Glut wirbelten Funken im Rauch durch den Kamin. Karidon stemmte die Tür zu, nahm den Mantel ab und sagte:
    »Lieber ersticken als nass werden, wie? Ein Wetter zum Verzweifeln. Guten Abend, Kapitäne. Hast du einen Becher Würzwein für mich, Kalon?«
    »Ganz frisch, ganz heiß, Kapitän.«
    Karidon setzte sich neben das Feuer und legte die nassen Beine auf einen Schemel. Neun Männer von den Schiffen saßen hier; vier Kapitäne und Steuermänner kannte er ein wenig besser. Er wärmte die Finger am Tonbecher, aus dem es nach Gewürz und Honig roch. Jehoumilqs Haus, dessen Fundamente aus den Kalklinien im Waldboden wuchsen, wurde sorgfältig und massiv gebaut; Karidon hatte heute die Handwerker besucht.
    »Karidon von der Morgenröte ?«, sagte ein kahlköpfiger Kapitän mit schwarzglänzendem, geflochtenem Bart. »Habt ihr nicht jahrelang euer Leben mit einem dieser geknoteten Rômetschiffe aufs Spiel gesetzt? Irgendein Vogelname?«
    Karidon nickte lächelnd. »Die stolze Horus der Brandung . Im Hafen von Gubla in tausend Stücke zerbrochen. Abgesehen von diesem Missgeschick: ein gutes, schnelles Schiff.«
    »Missgeschick!« Ein Steuermann, dessen Stirn von Ohr zu Ohr kahlgeschoren war und der den mächtigen Haarschopf weit in den Nacken fallen ließ, lachte dröhnend. »Ihr bringt dem jungen Herrn im Hapiland Bronze, nicht wahr? Und seid für ihn ins Land Sekhem, Sichem oder Sekmem gefahren, zu den Kupferbergwerken? Sagt man.«
    »Sagt man zu Recht.« Karidon sah in einer mächtigen glasierten Tonschale kleine Stücke Schafskäse schwimmen, in einer Mischung aus saurem Wein, Öl und Rosmarin, Wacholder und Minzeblättern. »Kein Geheimnis: Mein Ziehvater und ich sind die besten Bronze-Lieferer für den Herrscher im Hapiland, seit vielen Jahren. Wir sind nach Asmach gesegelt und haben nachgesehen: dann ist das Heer dorthin gezogen und hat die Macht Chakauras wieder gefestigt. Das ist alles.«
    Der Wirt setzte sich auf einen Schemel; Karidon deutete auf die Käseschnitze und sagte:
    »Gib mir eine Schale davon. Und Brot, bitte. Hat keine Eile.«
    »Also. Ich bin Dalic, Kapitän der Zwölf Inseln . Ich hab da in Uschu viele Geschichten über euch gehört.«
    »Keiner hört aufmerksamer zu als ich, Vater.« Karidon trank den heißen Würzwein in kleinen Schlucken. »Sprich. Was sagt man in den hundert Schenken unserer Küsten?«
    »Also. Ich hab's von Händlern, denen andere Händler erzählt haben, was sie von anderen Händlern gehört haben.« Der Kapitän, ein Jahrfünft älter als Karidon, wurde plötzlich ernst. »Eure Namen sind bekannt. Man kennt das große Rômetschiff; nun, jetzt gibt es den Kahn nicht mehr. Man weiß, dass ihr Späher seid, des Herrn in ... Itschi-Taumwi ...?«
    »Itch-Taui«, sagte Karidon.
    »Kurzum, wie auch immer: ihr wart die angeblichen Händler, die er vorgeschickt hat, um zu erfahren, wo und wie seine Soldaten am besten kämpfen und leicht siegen können.«
    »Genauso war es, Kapitän. Dafür wurden wir gut bezahlt.«
    »Jene Männer, die Macht, Reichtum, Sklaven und alles Übrige

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