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Der Bronzehändler

Der Bronzehändler

Titel: Der Bronzehändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanns Kneifel
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verloren, haben sich eure Namen und euer Aussehen gemerkt. Einige konnten fliehen: Priester, Fürsten, Händler und Kaufleute.«
    Karidon stellte die Schale neben seinem rechten Knie ab und nickte. »Danke, dass du es mir erzählt hast. Wir haben geahnt, was uns erwartet. Jehoumilq und ich sind für Chakauras Vater nach Punt gefahren, auf einem Kurs des Wahnsinns. Niemand außer uns wagte die Fahrt – wir haben den Weg geöffnet, wie Gott Upuaut. Was, glaubst du, Kapitän, können uns jene Vertriebenen – die Namen haben auch wir uns gemerkt – antun?«
    »Ich würde nicht grinsen und fetten Käse mampfen, an deiner Stelle, Junge. Lachen und Fröhlichkeit sind vergänglich; Rachsucht dauert ewig, überlebt Familien und Geschlechter.« Der Kapitän setzte den Becher ab und heftete seinen Blick auf die Dolche in Karidons Gürtel. In der Schankstube war es still geworden. »Nehmt euch in acht. Gift, Dolche in engen Gassen, Ziele für Pfeile, die vielleicht nicht dich oder Jehoumilq treffen, sondern andere, an denen euer Herz hängt: Der Hass der Rachsüchtigen sitzt tief, ihr Gedächtnis ist lang. Richte dich danach, Kapitän!«
    Karidon blickte von einem Gesicht zum anderen. In jedem las er Freundlichkeit und undeutliche Betroffenheit; alle Kapitäne hatten die gleichen Sorgen und benutzten die gleichen Häfen. Er roch am gewürzten Wein und sagte dann:
    »Jeden, der den Kopf über den Wellenkamm hebt, erwartet Arger und Gefährdung. Ich weiß es; Jehou hat's mir beigebracht. Irgendwie – ist der Herrscher im Hapiland mein Freund. Ich denke, dass seine Kraft und Macht wachsen; das fegt seine Widersacher und ein paar unserer Feinde vom Boden der Welt.«
    Er starrte in die Glut und die züngelnden Flämmchen, hob wieder den Blick und fuhr fort:
    »Wir sehen die Gefahren. Zwölf Männer und eine Frau. Jeder hat die Hand am Dolch und schützt den Rücken des anderen. Der Goldhorus will, dass wir ihm viele Talente Zinn oder Nechoschet-Metall bringen. Je mehr, desto besser: es ist die bronzene Chakaura-Zeit.« Karidon hob die Schultern und lächelte kurz. »Ich will herausfinden, woher das Zinn kommt. Vielleicht erfahr ich's eines Tages, vielleicht nie. Jeder von uns, der segelt und handelt, führt ein Leben in Gefahr.«
    »So ist es. Aber keiner sollte der Gefahr nachlaufen!«
    Karidon spießte Käsestücke auf einen Holzspan und verrieb einige Tropfen gelbes Öl auf den Handrücken. Ptah und Jehoumilq waren sicher, wie auch er, dass ihre Fahrten für Chakaura den Neid anderer Händler und den Hass derer heraufbeschworen, denen sie geschadet hatten. Fürst Abdim und Anatnetish; jetzt war die Drohung ausgesprochen worden.
    »Wir suchen nicht die Gefahr«, sagte er heiser. »Wir werden uns doppelt vorsehen und bestimmte Häfen und Küsten meiden. Dank für den Rat.«
    »Recht so«, rief Dalic. »Dann lebt ihr länger und seid schneller reich und zufrieden.«

    In Kefti galt eine andere Einteilung des Jahres als am Hapi; das Jahr begann mitten in der stürmischen und regenreichsten Zeit, die nun endete, im Mond Elafeb. Karidon saß auf der Kante des Fundaments, kaute an einem zerfaserten Ästchen und versuchte sich das fertige Haus vorzustellen. Jehoumilq plante überaus großzügig. Karidon hörte ihn sagen:
    »Aus den Bäumen, die ihr umgeschlagen habt, macht schöne, dicke Balken. Führt Quellwasser dorthin, in Quadern mit halbrunden Rinnen. Dort will ich den kleinen Ausgang aus den Gewölben. Den Ölbaum lasst stehen; er wird der Terrasse Schatten geben. Im Herbst sprechen wir über die Mauern, Baumeister Kaimol.«
    Karidon drehte sich um. Die Aussicht vom zukünftigen Wohnraum und von der gedachten Terrasse war nach West eingeschränkt, nach Nord und Ost gewaltig, über die gesamte Bucht von Gnos, im Gegensatz zum Großen Haus des Fürsten, an dem schon Generationen des Fürstengeschlechts bauten. Kaimol und Jehoumilq verabschiedeten sich mit einer herzlichen Umarmung. Karidon sprang auf den Waldboden und packte das Handgelenk des Keftiu.
    »Du musst wissen, dass Jehou mit der ganzen Mannschaft und ihren Bräuten und Kindern hier wohnen will; es wäre preiswerter. Bau nicht zu klein. Viele Kammern!«
    Jehoumilq grinste. Nebeneinander gingen sie den Waldweg abwärts und entlang der bewachsenen Steinfläche.
    »Vielleicht willst du, wenn ich alt bin, mir im Winter die Zehen wärmen. Ich werd auch allein viel Platz brauchen.«
    »Für deine Erinnerungen und die Goldtruhen, wie?«
    Die Auge der Morgenröte lag im winzigen

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