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Der Bronzehändler

Der Bronzehändler

Titel: Der Bronzehändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanns Kneifel
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Verkauf es, wenn du hörst, dass ich nicht mehr lebe.«
    »Von Tamahats Geschenk wusste ich nichts«, sagte Jehoumilq leise; er legte die Hand auf Karidons Finger. »Ich schweige. Ich sage nichts mehr, Söhnchen.« Er schluckte und deutete auf Mlaisso, der eine Art Sklavenhalsring, fingerdick, auf ein Stück Holz legte. Mlaisso tippte mit dem Finger an die Goldperle seines Nasenflügels und schüttelte den Kopf. »Ptahs Reife und Ringe. Die silberne Gürtelschnalle von Holx. Jetzt reicht es wohl, Freund Sibbi?«
    »Es reicht.« Der Schiffbauer hielt den breiten Wesech-Brustschmuck lange in beiden Händen, bewunderte den Wert und die Schönheit der Künstlerarbeit und nickte Karidon zu.
    »Ich hinterlege es beim Rômetverwalter. Verrechnen wir sechzig Deben Gold? Du kannst es einlösen, wenn du genug hast. Ich geb's nicht weg, Kapitän Karidon.«
    »Und ich geb dir was dazu, Söhnchen.«
    »Danke, Jossel«, sagte Karidon weich. »Wir alle werden schuften und schneller segeln. Fünfzig Deben? Ich kenn den wahren Wert ebenso wenig wie du. Aber: so soll es sein.«
    Der Schiffbauer lehnte sich zurück und knickte das Kniegelenk an. Ein Fetttropfen sickerte aus dem bronzenen Verbindungsglied. Er sah in Karidons Augen und nickte.
    »Esst, trinkt und schlaft gut und ruhig, Freunde. Morgen früh, Jossel, befestigen wir den Mast, spannen die Taue und bringen die Morgenröte zu Wasser. In ein paar Tagen könnt ihr nach Alashia lossegeln. Es ist alles bezahlt und wohlgefügt. Es ist ein gutes, starkes Schiff geworden; ich werd's wohl oft hier wiedersehen.« Er lachte und zog sich an einer Lederschlaufe, die von der Decke baumelte, in die Höhe. »In anderen Häfen ist es weniger auffallend als euer zerbrochenes Winterschiff.«
    Er streckte die Hand aus. Jehoumilq und Karidon schüttelten Sibons Handgelenk. Mlaisso legte den Arm um Ti-Senbis Schultern, zog sie eng an sich und folgte dem Kapitän zwischen Holzstapeln, eingespannten, gekrümmten Planken und Arbeitern aus der Werft. Karidon folgte in einigen Schritten Abstand. Ptah wartete, bis Karidon aufgeschlossen hatte, und sagte leise:
    »Von diesem Kleinod hab ich nichts gewusst, Kari. Müssen wir jetzt ein schlechtes Gewissen haben?«
    »Wäre die Horus einen Tag früher auseinandergebrochen, würden uns die Fische fressen. Wir leben, uns geht's gut. Was wir heute verlieren, gewinnen wir übermorgen. Vielleicht.« Er hob die Schultern und sah zur Morgenröte hinüber. »Aber wenn wir tot wären – dann brauchten wir das Schielschiff auch nicht mehr, oder?«
    »Nein«, murmelte Ptah. »Dann gäbe es auch einige gute Bronzehändler nicht mehr. Und Jehou würde kein Haus bauen. Kein Parenneferhäuschen, keine Tamahat, Khenso oder wie sie alle heißen. Sei nicht traurig, Kari.«
    »Ich bin nicht traurig.« Karidon winkte Hesqemari, der die gestapelte, aufgereihte und trocknende Ladung bewachte, und deutete auf die Schenke. »Ich bin, auch wenn du es mir nicht ansiehst, nur nachdenklicher als sonst.«
    »Vielleicht vertreiben die nächtlichen Schönen von Gubla deine Nachdenklichkeit?«
    »Heute nicht, Ptah.« Karidon stieß mit den Zehen gegen einen Stein und verzog das Gesicht. »Und auch nicht morgen oder übermorgen.«

    Sie brauchten, zusammen mit Sklaven und Handwerkern, nur sieben Tage, um den Mast einzusetzen, Tauwerk zu spannen, die Morgenröte vor dem Hafen einzusegeln und zu beladen. Ptah und Holx-Amr verlangten kürzere Pinnen und größere Ruderblätter; ein Dutzend kleine Änderungen waren nötig und wurden schnell durchgeführt, der hölzerne Wasserbehälter füllte sich. Jehoumilq kaufte Vorräte und sagte, als sich die Behälter an Deck stapelten:
    »Mit etwas Glück schaffen wir den Weg von Alashia nach Men-nefer oder, was schneller ginge, nach Pa-Beseth, vor dem Winter noch zweimal. Der Winter in Gnos oder im Hapiland, Kari?«
    »Grins nicht so hinterhältig, Neb Kapitän.« Karidon sah dem Handwerker zu, der ins Ende des Bugstevens eine Sonne mit lachendem Gesicht schnitzte; er saß an der Kante des Kais und ließ die Späne ins Wasser fallen. »Du weißt genau, wo es für uns alle besser ist.«

    Wenn Karidon den Kopf hob, sah er über der Mauerkante das reglose Wasser des Hafens und des Kanals. Mondlicht verwandelte die Stadt in eine Wirrnis unzähliger Ecken und Kanten aus silbrigem Licht und rußigen Schatten; ebenso schwarz wie Tamahats Haar, das auf ihrem Rücken klebte. Sie stützte sich schwer auf die Unterarme, kauerte wie eine Gepardin auf den dicken

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