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Der Bronzehändler

Der Bronzehändler

Titel: Der Bronzehändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanns Kneifel
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und der abschilfernden Haut war seine Nase, die kaum mehr schmerzte, gelb wie Sand. Er setzte sich zu Mlaisso und Ti-Senbi unter das dachartige Schattensegel. Unbekannte Kräuter schmorten, ätzenden Rauch absondernd, in der Glut und vertrieben die Fiebermücken. Karidon gab Ti-Senbi ein knapp handgroßes, schlankes Krügelchen.
    »Zedernöl. Von Gubla«, sagte er. »Gut gegen Nehesiquälgeister. Mein vorletzter Vorrat, Tenbi. Aber ich hab noch einen Absud von Zedernnadeln. Der ist fast so wirksam.«
    »Sei bedankt.« Sie strahlte ihn an. »Hier, Freunde, können Mlaisso und ich nur wenig helfen. Die Sprache; ja, wahrscheinlich. Hier kennen wir nicht einmal mehr die Ufer.«
    Tenthape kam mit baumelnden Armen heran, schöpfte einen Becher Sud und setzte sich erschöpft.
    »Welch ein Land!« Er stöhnte und trank in kleinen Schlucken. »Kein Bier, kein Schatten, und morgen, sagen sie, werden wir von Staub und Sand im Sturm erstickt.«
    »Hinter den Festungsmauern werden sie uns mit Wohltaten überhäufen«, murmelte Mlaisso. »Willst du die Goldbergwerk-Truppe anführen, Karidon?«
    »Warum nicht?«
    Selkara und Ptah-Netjerimaat kamen mit schweren Krügen von den Booten und bohrten die Krugfüße in den Sand. Jeder hatte die eine oder andere Stunde die Ruderer abgelöst; Müdigkeit und Erschöpfung hockten in den Körpern wie dumpfes Fieber.
    »Bier! Henket!«, sagte Selkara. »Idris und Saigoos haben ausgerechnet, wie viel Gold ein Tag den Horus kostet; für das erschöpfte Dutzend.«
    »Reichlich viel«, sagte Karidon. »Vielleicht finden wir's selbst, dort drüben, am Ende der Gluthitze. Wir warten auf die Späher. Vielleicht haben sie Brunnen gefunden.«
    »Muss wohl so sein.« Selkara entfernte das wächserne Siegel eines Bierkruges. »Ein Bergwerk ohne viel gutes Wasser: undenkbar.«
    »Vielleicht sind die Brunnen trocken gefallen«, sagte Mlaisso und legte die Hände auf die ölglänzenden Knie. »Und deshalb arbeitet dort niemand mehr. Die einzige Möglichkeit der Nehesi, Kupferwerkzeug oder andere Waren aus dem Reich zu bekommen, ist der Tausch von Gold und Rinderhäuten.«
    »Wie es in Bergwerken aussieht, weißt du von uns am besten, Kari«, sagte Selkara. Er schnitzte an einer zweiten Rohrflöte und band sie an das andere Instrument; später würde er damit die Grillen erschrecken.
    Karidon sagte düster: »Eigentlich hab ich's längst vergessen wollen.«
    »Man wird sehen«, murmelte Tenthape. »In einem Zehntag.«
    Auf den Kupferrosten über der Glut brieten Fische, von den abgelösten Ruderern gefangen. Barsche und, seltener, mächtige Nar-Welse und kleinere, Karidon unbekannte Fische. Einige Wildenten waren mit Schwirrhölzern und den kräftigeren Nehesibogen und längeren Pfeilen erlegt worden; Öl aus Kefti tropfte und verbrannte zischend. Es roch nach Knoblauch und gebratenen Zwiebelhälften. Die Esel plünderten saftige Büsche, und überall lagen Mäntel und Decken in Vertiefungen der Sandfläche. Die Hälfte der Truppe stand im Hapi und schrubbte Öl und Schweiß von der Haut. In einem Feuer verbrannten Perücken, die schimmelig und schmierig geworden waren. Karidon streckte die Beine aus und lehnte sich gegen einen Stapel Holzkloben.
    »Nein«, sagte er, mehr zu sich als zu Ptah, der neben ihm im Sand saß. »Das ist nicht das Land, in dem ich begraben sein möchte.« Sein Blick wanderte zu Ti-Senbi und Mlaisso. Sie verteilte Zedernöl auf dem Rücken des Kushiten. »Trotz des Lichts, das grell genug für klare Gedanken sein sollte, aber jeden Gedanken zersticht und zermalmt, trotz der Sauberkeit des Sandes. Ich fühl es: aus der Wüste kommt nur dumpfer Dämonenglaube. Alles ist leblos, erstarrt. Ich fühle Unbehagen im Schattenschlingerland.«
    »Mir geht es ebenso«, murmelte Ptah. »Obwohl ich Rôme bin, bewundere ich jeden, der hier gezwungen oder freiwillig Schreiber, Ziegelmacher oder Kanalgräber ist.«
    »Bevor wir zu euch flussab gingen«, sagte Mlaisso, »haben wir nichts anderes gekannt, nur Tage aus tödlicher Hitze und eisigkalte Nächte.«
    »Dennoch, trotz allem, werden wir erst weit jenseits von Iken umkehren. Bevor der Sepedet aufsteigt!« Tenthape schüttete den schalen Rest Sud über die Schulter. »Wir tun's für den Goldhorus.«
    Das Sonnenlicht nahm eine erschreckende Farbe an. Nach und nach wurden die Männer aufmerksam und richteten ihre Blicke auf das Gestirn des Amûn, das zusammengedrückt und rot über der Wellenlinie ferner Dünen sank. Vom Nordwesten her schob sich

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