Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Bronzehändler

Der Bronzehändler

Titel: Der Bronzehändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanns Kneifel
Vom Netzwerk:
Fahrwasser noch gut zurecht. Auch auf dem gegenüberliegenden Ufer brannten Feuer, an denen Soldaten saßen. Karidon knotete das Leintuch vor der Brust zusammen, setzte sich zu Ptah und sagte:
    »Wir haben keinen Menschen getroffen. Wie ist es euch ergangen? Berichte!«
    Der reifende Mond warf gelbliches Licht über das stumme Land. Mlaisso und Ptah war es, nachdem sie zahlreiche Nomaden befragt hatten, zumindest gelungen, verschiedene Grenzen der sandigen Länder zu erkennen. Das »elende Kush« gliederte sich um Wawat von Ost nach West in, grob ausgedrückt, drei Streifen: Irtjet, Satju und Jam, das jenseits der dritten Stromschnelle lag. Mit den Nomaden waren gleichlautende Botschaften unterwegs zu unbekannten Fürsten oder Häuptlingen. Andere, friedliche Nomaden wollten mit den Rômet Handel treiben, wie vor der Zeit der Unruhe. Gegen kupferne Messer waren Säcke aus feinem Leder voll Weihrauchharz getauscht worden. Ein Boot brachte ein Dutzend junge Männer und Mädchen, die ihre Sippe verlassen hatten, mitsamt den Weihrauch-Harztropfen hinunter nach Ta-Seti.
    »Es gibt genug zu schreiben für dich«, sagte Ptah. »Wenn ich den Zustand deiner Zwei- und Vierbeiner richtig deute, brauchen sie Zeit zum Ausruhen.«
    »Mindestens drei Tage.« Karidon gähnte, ihm fielen die Augen zu. Er trank einen dritten Becher gesüßten Sud, aß salziges Fladenbrot und wickelte sich im Heck des Bootes in einen sauberen Mantel, der stark nach Myrrhe roch.

    Der Hapi floss nach einer mächtigen Krümmung aus Nordwesten und änderte nach vier Tagen abermals seine Richtung; nun strömte er aus Südwesten. Im Pachons, dem ersten Herbstmond Schemus, erreichten Karidon, Mlaisso und Ptah ohne Verluste das grüne Land um die Festung Iken, dem »Horusauge über dem Strom«. Die eigenen Späher hatten die Siedlung erreicht; ein Boot, vollgeladen mit Bier, Broten und Essen kam ihnen am rechten Ufer entgegen. Karidon schrieb im Heck des Bootes; ab und zu hob er den Kopf und betrachtete das Land. Zwischen den Flächen sandiger Einöde, durchzogen von halbvollen, zum Strom hin gesperrten Kanälen, zogen sich grüne und sanftbraune Felder. Die Blicke konnten wieder an Dattelpalmen ausruhen, an weißen Mauern und Rauchsäulen, an einer Melodie für die Augen, die Wohlgefühl und Sicherheit bedeutete.
    Karidon spürte die gleiche unruhige Freude wie auf See, wenn sich das Schiff einer Hafenstadt näherte. Die Menschen an den Ufern winkten, die Ruderer arbeiteten schneller. Eineinhalb Tage später legten sie im stillen Wasser hinter einem schrägen Damm im Hafen der Festung an.

    Sklavinnen und Sklaven, Diener und Angehörige des Haushalts schleppten die gesamte Ausrüstung aus den Booten; binnen weniger Tage würde alles gewaschen, ausgebessert, erneuert werden. Tausret-Ameni, der Befehlshaber der Festung, begrüßte jeden Soldaten, zeigte aufgeregt seine Freude über die Truppe aus Itch-Taui. Die Anführer brachte man in große Wohnräume halb am Fuß einer neu errichteten Mauer, halb in die gewaltige Masse der Lehmziegelfundamente eingebaut. Kühle Dämmerung umgab Karidon und ließ ihn die Erschöpfung doppelt spüren.
    Als die Befehle aus dem Großen Haus die Festungen erreichten, war nahe bei Iken an der zweiten Stromschnelle eine Gleitbahn für Boote und Ziehmannschaften gebaut worden: fünf Chen-Nub lang, sieben Ellen breit, aus längs halbierten, quergelegten Palmholzbalken, über die und deren Ziegelfüllung man Hapischlamm goss und so die Unterlage glitschig genug für Boots- oder Schiffsböden machte.
    »Eine Erfindung der Baumeister, die euch in die Lage bringt, zu den beiden ausgestorbenen Siedlungen vorzustoßen, ihr Fürsten der Kühnheit.«
    Karidon saß, spät nachts, neben dem Befehlshaber, zusammen mit den wichtigsten Männern des kleinen Heeres und der Festungssiedlung im Haus Tausret-Amenis. Ti-Senbis Blicke ruhten auf den dunkelhäutigen Bediensteten, deren Kleidung, Schmuck und Betragen sich in die saubere, einfache Umgebung einfügte. Tausret-Ameni breitete die Arme aus und zeigte lachend auf die Speisen.
    »Wir sind eigentlich ein Soldatenstädchen, und im Großen Haus geht's vornehmer und prunkvoller zu. Wenn der Goldhorus ein paar tausend Siedler und Handwerker schickt, wird man hier mehr haben als das Notwendige.«
    »Sind erst einmal alle Gaufürsten botmäßig«, sagte Ptah-Netjerimaat laut, »ändert sich auch hier vieles, Oberster der tüchtigen Siedler. Erzähl uns alles über die verlassenen Stadtfestungen

Weitere Kostenlose Bücher