Der Bronzehändler
Abend kamen die Späher und Soldaten erschöpft und halbverdurstet zurück, an ihrer Spitze der fluchende Tenthape mit zerschlissenen Sandalen. Die Männer stellten ihre Waffen zusammen, tranken becherweise Kräuteraufguss und schlichen mit gesenkten Köpfen zum Badeplatz. Triefend, im nassen Schurz, ein feuchtes Tuch um den Hals, stolperte der Anführer zum Feuer, an dem Karidon saß, Schreibbrett und Shafadurolle auf den Knien, Wassernapf und Tuschbrettchen im Sand. »Seht ihn an«, sagte Mlaisso lachend. »Er ist in glumer Laune.« »Ihr und eure Sprache«, schnappte Ptah. »Was ist glume Laune?«
»Meine Stimmung ist noch viel glumer.« Tenthape setzte sich. »Glume Laune bedeutet sehr trübe Stimmung, schlammig, düster«, rief Ti-Senbi. »Erzähl, Tenthape. Wie ist es euch ergangen?«
Während er Fisch, Fladenbrot und Zwiebeln aß und mit mächtigen Schlucken viel Henket herunterspülte, berichtete er.
»Sie haben deutliche Spuren zurückgelassen. Wir sind ihnen stundenlang hinterhergerannt. Dann haben wir den ersten gefunden: voll getrocknetem Blut, nackt, mit durchgeschnittener Kehle, ohne Waffen und Kleidung. Einer ihrer Verwundeten. Jetzt weiß ich, Ti-Senbi, warum du und deine Schwestern so gern im Hapiland leben. Dieses Schattenschlingerland ...« Bis zum späten Mittag hatten sie weitere sechs Leichen gefunden, im gleichen Zustand. Sie hatten sich nicht damit aufgehalten, sie zu begraben und waren weitergehastet. Als sie auf dem Grat einer Sanddüne anhielten und sich einer unendlichen leeren Fläche gegenübersahen, hatte Tenthape den Befehl zur Rückkehr gegeben. Das Wasser und das wenige Dünnbier waren nach einer Stunde getrunken; als die Soldaten die zuerst aufgefundene Leiche erreichten, war der Körper von krächzend auffliegenden Aasvögeln zerrissen. Tenthape verzog sein rundes Gesicht, stocherte eine Zwiebelschale zwischen den Zähnen hervor und sagte nach einem Schluck Bier:
»Nur eine saubere Arbeit ist eine gute Arbeit. Wir haben das Begräbnis den Vögeln überlassen und kamen kurz vor dem Verdursten und dem Hitzschlag ans Ufer. Schreibst du das auch auf, Kapitän?«
»Ja. Aber mit weniger Worten, Held des Sandes.« Karidon nickte ernst. »Man ist übereingekommen, dass wir morgen ausruhen und nichts tun werden. Neketre rudert mit den Gefangenen zum Gaufürsten, das andere Boot hinauf nach Iken, und wir machen so weiter wie bisher.«
An Backbord, hapiaufwärts, reichten seit Geb-Teju und dem Tal Rohani breite und flache Gebiete angeschwemmten Landes bis zu den Ufern, kleinere Abbilder der Hapimündung. Weiter entfernt gingen die fruchtbaren Böden in karstige Berghänge über, verschwanden in Schluchten und zwischen Felsen; es war, als habe es hier einst mächtige Nebenflüsse des Stroms gegeben. Die Späher, die am nächsten Tag zurückkamen, berichteten, dass sie links, drei oder vier Tage auf dem Fluss, jenes Tal gefunden hätten, in dem der erste Chakaura, Sohn des Ameni-Amenemhet, Goldbergwerke hatte errichten lassen; jetzt gäbe es keine Anzeichen dafür, dass dort gearbeitet würde. Aber am Hapiufer dehnten sich an zwei Stellen Äcker, Felder und Weiden aus, und in deren Mittelpunkt bauten viele hundert Menschen, auch schwarzhäutige Nehesi, an wuchtigen Festungsmauern. Ptah, Karidon und Mlaisso gaben dem Steuermann des zweiten Schnellruderers den Befehl, beide Ufer zu beobachten, ohne an Land zu gehen, und erst bei Iken umzukehren und ihnen mit Nachschub entgegenzurudern.
Am nächsten Morgen zogen die Ruderer das Schiff bis zum straffen Ende des Landtaues, setzten die Riemen ein und steuerten in die Strömung.
KARIDON, MIT ALLEN SPÄHERN, Ruderern und Soldaten zwischen der ersten und zweiten Nilschnelle, an Gaufürst Nefer-Herenptah, Wächter der Reichsgrenze – er muss auch diesen Brief mit drei Abschriften durch schnellste Boten zu Prinzessin Tama-Hathor-Merit senden: Lass es zweimal abschreiben.
Gruß und Preisung dir, Fürst der Gastfreundschaft. Mögest du dafür Sorge tragen, dass diese Nachricht – und die beigefügte lange Aufzeichnung unserer Märsche zu Brunnen und Nomaden – zuverlässig und schnell mit drei Boten vor die Augen des Goldhorus gelangt. Wir werden in zwei Siebentagen Iken und danach die neue Reichsgrenze an der zweiten Nilschnelle erreichen. Nach einem Überfall der Nehesi, die wir mit Schnitten, Beulen und zwei Toten bezahlten, nahmen wir die Gefangenen, die Neketre an Nefer-Herenptah übergibt. Das Amulett des Mannes, der von sich sagt, er
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